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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0323

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625

Ausstellungen

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der mondänen Atmosphäre malerisch fesselnd. — Von den
reinen Expressionisten ist Pechstein am besten vertreten
mit einem früheren, brutalen Bild und einigen neueren,
glanzvollen Porträts. Er bleibt neben Heckel und Schmidt-
Rottluf doch der stärkste der jungen Künstler. Kirchner,
Segal, Dornbach und die anderen fallen doch merklich
neben ihnen ab; ganz schlimm sind die Dinge von H.
Keller, der sich Bötticher anschließt und so Noldesche
Kraft aus zweiter Hand verdünnt und entweiht. Stark ist
noch Melzer und Heuser (besonders in einer Gruppe wild-
bewegter Tanzenden). Interessant in ihren Farbenklängen
sind einige Landschaften von Erbslöh und Feigerl. — So-
weit die Malerei. Recht geschlossen tritt die Plastik auf.
Akademisch steif wirkt Billings große Figur, wenig be-
deutend auch die Putte H. Hahns. Stärker schon Tuaillon
mit einem kleinen Figürchen, Kraus mit einem laufenden
Kater, Klinisch mit einer Büste Liebermanns. Dann sieht
man noch Werke der bekannten Art von Pöppelmann,
Friedrich, Peterich u. a. Sehr stark im Ausdruck sind die
Büsten von Hötger, die Terrakotten von Lörcher und die
weiblichen Figuren von Lehmbruck. Interessant in der
Bewegung ist das laufende Mädchen von Wynand, im-
pressionistisch bedeutend die Gruppe von F. Behn: Neger-
weib vom Panther überfallen. Albiker und Gerstel berühren
sich im formalen und seelischen Ausdruck, beide von über-
raschender Reife in der körperlichen Rhythmisierung und
seelischen Ausdrucksweise. Erich Stephani, der mit dem
Preis der Villa Romana ausgezeichnet wurde, fällt durch
seine bemalten Terrakotten auf, die von einer vollen körper-
lichen Rundung und einer etwas schwerblütigen Stimmung
sind. Seine Kunst ist verheißungsvoll. — Erwähnenswert
bei der Besprechung der Ausstellung ist schließlich ein
didaktischer Führer, der im Auftrage des »Freien Bundes«
zur Einbürgerung der bildenden Kunst (von K. Kiphan ver-
faßt) herausgegeben wurde. Er leitet den Besucher, be-
sonders den wiederholten, Einheimischen zur Vertiefung
an und fordert zum liebevollen und toleranten Erleben
all dieser durcheinander und nebeneinander wirkenden
Bilder an.

Frankfurt a. M. In den Ausstellungen machte sich
die stille Zeit bemerkbar. Die Salons Schneider und Gold-
schmied zeigten keine zusammenhängenden Kollektionen.
An deren Stelle treten Einzelstücke mehr oder weniger
klassierter Kunst. Bei Schneider sahen wir Bilder von
Monticellli, Courbet, Burnitz, Zuloaga, Daubigny, Thoma,
Gebhardt, Knaus, Uhde, Hodler usw. — bei Goldschmidt
Bilder von Uhde, Liebermann, Thoma, Trübner, Hage-
meister, Corinth, Israels, Röderstein und anderen, und von
modernen: Tarkhoff, Marquet, Utrillo, Herbin, Manguin,
van Dongen. — Der Kunstverein zeigte eine umfangreiche
Kollektion von Sascha Schneider; gemalte und skulpierte
Köpfe und Akte von der gleichen unfreien starren, im besten
Falle dekorativen Art. Daneben stellte er eine große Anzahl
von Skulpturen von H. Glicenstein (Rom) aus: geschickte,
aber wenig selbständige, manchmal kleinliche, manchmal
flache, mehrmals süßliche Dinge. Salonkunst, die natur-
gemäß in den kleineren Objekten am ehesten befriedigen
kann. — Bei weitem die interessanteste Ausstellung war
die Karl Hofer-Ausstellung bei Schames. Hinweise auf
Greco, auf Cezanne, auf eine gewisse Hinneigung zu
Rembrandt liegen an der Oberfläche. Die Verarbeitung
der Vorbilder ist aber eine so selbständige, die ganze
Problemausstellung dieser weitgespannten Vereinigung ma-
lerischer und formaler Dinge eine so eigenartige, daß ein
durchaus persönlicher und man ist wohl berechtigt zu sagen
deutscher Stil daraus entsteht. Zweifellos haben wir in
Hofer eine der eigenartigsten und stärksten Begabungen

der nachimpressionistischen Kunst zu sehen. Merkwürdig,
wie er sich bei aller selbstverständlichen Distanz manch-
mal in farbigen und technischen Details mit Vlaminck
berührt. Eine gewisse Lust an pikanten, nur zu sehr ge-
schmackvoll-preziösen Farbeffekten, die etwas wie ein Trick
wirken können, empfinde ich manchmal als etwas zu äußer-
lich geschicktes Moment in dieser ernsten, innerlichen Kunst.
— Daneben zeigt Schames Arbeiten von Arthur Grimm
(Karlsruhe), einem typischen, technisch sehr geschickten
Trübnerschüler. — Das Städelsche Institut stellt die in
seinem Verlag bisher erschienenen bekannten Nach-
bildungen seiner Handzeichnungen aus, die so in langen
Reihen aneinandergereiht einen pompösen Eindruck von
der Qualität und der Mannigfaltigkeit dieser prachtvollen
Sammlung vermitteln.

Von den Ausstellungen des letzten Monats interes-
sierte die bei Schames, der eine ausführliche Kollektion
des Kölner Malers Franz M. Jansen zeigte: Neben
kleinen weichen impressionistischen Landschaften in Pastell
und Kohle, kräftige figürliche Bilder und Landschaften,
bei denen in Anschauung und Technik van Gogh Pate
gestanden hat — dann Landschaften, die eine gewisse
Beruhigung gegen den Stil van Gogh zeigen, die in Farbe
und Art der Reduzierung den Bildern Erbslöhs verwandt
erscheinen. Außerdem eine Reihe sehr lebendiger, sicher-
lich treffend ähnlicher, ganz momentan aufgefaßter Porträts,
die für mein Gefühl nur etwas zu einseitig auf die schlagende,
momentane Ähnlichkeit gestellt erscheinen. — Alles in allem:
sicherlich eine kräftige, zupackende Begabung, die zu be-
urteilen leichter wäre, wenn man wüßte, wie die sehr ver-
schiedenen Stile zeitlich zueinander stehen. In der Reihen-
folge meiner Aufzählung würden sie eine verständliche
Entwicklung bedeuten. —

Der Kunstverein eröffnete am 20. Juli seine große
Sommerausstellung, in der er Kunst des 19. Jahrhunderts aus
Frankfurter Privatbesitz zeigt. (Dauer der Ausstellung bis
zum 30. September). Eine gewisse Begrenzung an Material
hat die Ausstellung dadurch erfahren, daß man Werke der
eigentlichen einheimischen Kunst, die man bald gesondert
zu zeigen verspricht, ausschloß. Andererseits verzichtete
man wohl darauf, Dinge auszustellen, die in früheren Aus-
stellungen schon gezeigt wurden. Dadurch wohl kommen
die Franzosen in der Ausstellung zu kurz, dadurch wohl
auch Hodler, Thoma. Das Material ist naturgemäß ein recht
buntes, vergleichbar dem Besitz eines guten, vorsichtig
modernen Kunsthändlers. Es ist auch kein Bild in der Aus-
stellung, das nicht zur »klassierten« Kunst gehörte, zu der
man ja allmählich auch wohl van Gogh rechnen darf. Das
Erfreuliche an der Ausstellung ist die Qualität des größten
Teils der ausgestellten Dinge. Um ein Beispiel zu nennen:
Man sieht, daß in Frankfurt nicht nur Trübner gekauft wird,
sondern vielfach guter Trübner (Bubenkopf, Frauenchiemsee,
Interieur). Ein paar Dinge möchte man besonders nennen:
Die guten Böcklins, Courbets Wiesental, Hodlers Thuner-
see, Klingers Überfall, die beiden Bilder von Marees, eine
prachtvoll gebaute Landschaft von Pidoll, Rethels Porträt
des Herrn Passavant, Schwinds Donaubrücke und Familien-
bild, mehrere der Spitzwegs, Philipp Veits Marien, die drei
Bilder von Waldmüller. Sehr zu begrüßen ist die Heraus-
gabe eines Katalogs, in dem alle ausgestellten Bilder in
guten Klischees abgebildet sind. a. w.

Karlsruhe. Nachdem die Bürgerschafts-Vertretung das
von Curjel & Moser ausgearbeitete Projekt des Aus-
stellungsgebäudes genehmigt hat, wird nunmehr zur Aus-
führung geschritten werden. Das Gebäude wird die statt-
liche Grundfläche eines Rechtecks von 31 m Hauptfront
und etwa 60 m Tiefe erhalten. Den neuesten Anforde-
 
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