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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0325

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629

Sammlungen

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nitzer mit Recht als der »Höhepunkt Stoßischer Kunst in
der ersten Nürnberger Periode« erklärt. Unglücklicherweise
äußert der Verfasser dabei die Ansicht, daß in den Worten
Vasaris über den Urheber (»maestro Janni franzese«) das
Adjektiv »franzese« (modern-italienisch »francese«) als »aus
Franken stammend« zu übersetzen sei. Philologisch be-
trachtet ist dieser Vorschlag undiskutierbar, und in
historischer Beziehung bedeutet er eine Verdunkelung
des völlig klar liegenden Sachverhaltes. Offenkundig war
die Rochusstatue bereits zu Vasaris Zeit ohne Namens-
tradition und wurde so als herrenloses, fremdartiges
Out einem französischen, in Florenz tätig gewesenen Holz-
schnitzer zugewiesen, der Vasari dafür allein in Frage zu
kommen schien.

Mit großer Ausführlichkeit wird von Loßnitzer die
Stoßschule behandelt. Dabei erfährt die genaue Scheidung
der einzelnen Hände manche Förderung, ohne daß frei-
lich alle Resultate in" Bausch und Bogen zu akzeptieren
wären. Für die berühmte Rosenkranztafel des Germanischen
Museums wird ein eigener Meister aufgestellt, dem einzelne
andere Arbeiten, zum Teil in Überstimmung mit dem Ka-
talog von Josephi, zugewiesen werden. Im übrigen führt
die Verfolgung des sehr weit reichenden Stoßschen Ein-
flußes in die verschiedensten Gegenden; die Oberpfalz,
Schwaben, Bayern, das Salzkammergut (wo zuerst W. Vöge
die Spuren seines Stiles fand), endlich Polen und selbst
Siebenbürgen weisen zahlreiche unter seiner Einwirkung
stehende Werke auf.

Die Ausstattung des Buches verdient in ihrer sach-
lichen und geschmackvollen Art alle Anerkennung. Weniger
befriedigen die Abbildungen, Autotypien von oft ungenügen-
der Größe und Schärfe, die leider auf das für solche Zwecke
wenig geeignete nichtglänzende Kreidepapier gedruckt sind.
Immerhin ist das Material von 60 Tafeln sehr stattlich und
unterstützt aufs glücklichste die stilkritischen Ausführungen

Loßnitzers. Hermann Voss.

SAMMLUNGEN

Lady Carlisles Schenkung an die Londoner Na-
tional Gallery. Zurzeit sind eine Reihe von Gemälden
ersten Ranges, die herrliche Gabe Lady Carlisles, zur all-
gemeinen Besichtigung ausgestellt, bevor sie in die be-
treffenden Schulen eingereiht werden. Über die vorzuneh-
mende Auswahl von Bildern aus der Sammlung der Gräfin
Carlisle hatte zuvor eine Verständigung zwischen ihr und
dem Verwaltungsrat der National Gallery stattgefunden.

Ich nenne zuerst eine Pieta und die drei Marien von
Annibale Carracci. Es heißt, daß der König von Spanien
willens war, das Gemälde für soviel Louisdor zu erwerben,
als die Oberfläche der Leinwand zur Bedeckung benötigte,
d. h. für 160000 Frcs. Zuerst nachweislich war es in der
Seignelay-Sammlung, und vor der französischen Revolution,
schon seit 1727 in der Orleans Galerie, im Palais Royal.
Bei Auflösung der letzteren in den Jahren 1792—93 kaufte
Lord Carlisle das Meisterwerk für die damals als fabelhaft
geltende Summe von 84000 Mark. Die National Gallery
besaß bisher kein so charakteristisches Beispiel der eklek-
tischen Schule wie dieses. Als zweites Bild erwähne ich
eine Landschaft von P. P. Rubens. Zur Rechten der Dar-
stellung ein .Hirt, dessen Herde am Saume des Waldes
und am Ufer eines Flusses weidet. Besonders schön sind
die Bäume in diesem charakteristischen Werk durchgeführt.

Drittens ist ein sehr eigenartiges Gemälde von Lukas
Cranach dem Alteren zu nennen, betitelt Barmherzigkeit.
Sämtliche Figuren, von denen eine ein Kind nährt, sind
unbekleidet, zwei andere Personen wurden zur Seite der
letzteren abgebildet. Das mit einem fliegenden Drachen

bezeichnete Gemälde stammt etwa aus dem Jahre 1550.

Das vierte Werk »Mariana von Österreich«, die Mutter
Karls II. von Spanien, von Juan Bap. Martinez del Mazo,
nimmt nach den verschiedensten Seiten hin unser In-
teresse in außerordentlichstem Maße in Anspruch, vor
allem schon dadurch, daß es voll signiert ist »Juan
Bap. del Mazo, 1666«. Die Königin, die zweite Gemahlin
Philipps IV. von Spanien, sehen wir auf einem Sessel, in
einem mit Marmorboden bedeckten Saal sitzend. Sie hält
ein Papier in der Hand, auf dem der Name des Malers,
wenn auch undeutlich, eingeschrieben ist. Sie selbst wurde
in klösterlicher, gelegentlich durch Weiß unterbrochener,
schwarzer Tracht und zu ihren Füßen ein Hund dargestellt.
Im Hintergrunde befinden sich drei Zwerge, mit denen
sich zwei Nonnen beschäftigen. Da die Königin-Regentin
im Jahre 1635 geboren wurde, so muß sie hier also in
ihrem 31. Lebensjahre porträtiert worden sein. Zweifellos
haben wir ein prachtvolles Beispiel der spanischen Malerei
jener Epoche vor uns! Nach Curtis sind Wiederholungen
des Werkes vorhanden in der Cook-Sammlung (Doughty-
House) und in der Hermosa-Galerie in Madrid.

Die fünfte Gabe ist ein sehr schönes, in vier Abteilungen
gehaltenes, mit einer Predella versehenes Bild von Barnaba
de Modena. Die Sujets sind: die Krönung der Jungfrau,
die Dreifaltigkeit, Jungfrau und Kind, umgeben von den
Stiftern, und die Kreuzigung. In der Predella befinden
sich die ungemein charakteristischen Brustbilder der zwölf
Apostel. Das aus dem früheren Besitz von Lord Wens-
leydale stammende Gemälde trägt die Bezeichnung Barnabas
de Mutina pinxit 1374. Bei der äußersten Seltenheit von
guten Werken der primitiven Schule von Siena muß dieser
vorzüglichen Arbeit hier doppelt Wert beigelegt werden.
Reichliche Auftragungen von Goldfarbe und andere Merk-
male lassen keinen Zweifel darüber obwalten, daß Barnaba
de Modena durch byzantinische Vorbilder beeinflußt wurde.

Besonders bedeutungsvoll für die National Gallery war
ferner die Schenkung eines Werkes von Pierre Mignard
(1610—1695), da sie bisher kein Beispiel seiner Kunst
besaß. In diesem hier ist Descartes, der Philosoph und
Begründer der modernen analytischen Geometrie, halb
lebensgroß, in einem Rundbild, mit dem Ausdruck tiefsten
Nachdenkens, aber auch dem des Zweifels und der Me-
lancholie, hervorragend gut porträtiert. Die vom Künstler
vollzogene Signatur lautet: »Rene Descartes peint par
Mignard 1674«.

Zum Schluß erwähne ich ein Gemälde Gainsboroughs,
das die Galerie der Generosität von Lady Carlisle ver-
dankt. Dargestellt ist in entzückender Weise die schöne
Mrs. Graham, als Hausmädchen gekleidet. Das Porträt
vermag eigentlich nur als Skizze zu gelten, in der der
Kopf etwas mehr durchgeführt wurde, während das
Übrige auf blaß-rotem Untergrunde, und nach unten hin
in braun skizziert erscheint. Hinsichtlich der Methode und
Technik des großen englischen Meisters bietet dies Werk
gerade für Künstler außergewöhnliches Interesse.

O. von Schleinitz.

Paris. Die Sammlungen des Louvre sind durch einige
Geschenke bereichert worden, deren allerdings keines be-
sondere Bedeutung besitzt. Madame Arconati Visconti
hat dem Louvre das Porträt des Konventmitgliedes Milhaud
von David geschenkt, eine wenig interessante Arbeit
des im Louvre mit anderen Gemälden weit besser ver-
tretenen Künstlers. Der amerikanische Maler Walter Gay,
der seit vielen Jahren in Paris lebt, hat eine ganze Reihe
höchst interessanter Studienblätter von Millet, Corot, Theo-
dore Rousseau und Daumier gestiftet. — Dem städtischen
Museum im Petit Palais ist von dem bekannten Kunstfreunde
 
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