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Kunstwart und Kulturwart — 33,1.1919-1920

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1919)
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Einstein, Alfred: Heinrich Kaspar Schmid
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Fuchs, Emil: Der Kirchentag und unser Kulturleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.14436#0036

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Eichendorff und v. Loeben („Vor einein heiligen Hieronymus von Dürer"), endlich
sein „Türkisches Liedcrbuch", op. (9, anführen, dreizehn dem Neutürkischen
nachgedichtete, nichts weniger als „exotische", sondern menschlich schlichte und
doch eigen gefaßte Gesänge der Liebe, der Leidenschaft, der Wahrheit. Statt
aller Beschreibung bringen wir in der Beilage einen dieser Gesänge, „Mond-
licht", zum Abdruck. In diesem Gesang ist alles, Äußeres und Inneres, Szene
und Empfindung, und zwar in wundervollster Äusprägung: die südliche Nacht
mit der flimmerndcn Sternenkuppel und dem fließenüen Licht des Mondes,
das tief ruhende und doch schimmernd bewegte Meer; und eine mädchenhafte
Sehnsucht von einer Reinheit, Zartheit, Fülle, die nur ein ganz starker Künstler
empfinden und gestalten konnte.

Wir hoffen, in späteren Zeiten auch noch andere Proben der Kunst Schmids
vorlegen zu können. Alfred Einstein

Der KirchenLag und unser Kulturleben

^^m September tagte in Dresden der Kirchentag. Die erste affizielle,
^ ^zusammenfassende Vertretung der gesamten deutschen evaugelischen Lan--
E^Fdeskirchen. Die Öffentlichkeit hat ihn wenig beachtet. Viele werden sagen
mit Recht. Was ist denn da Neues geschaffen! Nichts von großen neuen
religiösen Kräften und Gestaltungen war zu spüren. Nichts von mitreißendem
Mut, Willen und Vertrauen. Schon gar nicht: von Vertrauen auf das deutsche
Volk. — Im Gegenteil: mit großer Vorsicht und Angstlichkett umging man
die Frage der Nrwahlen. Nur die Gemeindevertretungen sollen aus
Nrwahlen hervorgehen, die Vertretungen der Kirchen aus Wahlen der
Gemeindevertretungen. So empfiehlt es der Kirchentag den Landeskirchen.
Von starkem Zukunftswillen war der Vortrag von Professor Titius-Göttingen
durchglutet: Evangelisches Ehristentum als Kulturfaktor. Aber er sand bei
einem großen Teil der Anwesenden starken Widerspruch, besonders als
er zuletzt zu Gedanken nber Christentum, Vaterland, Völkerbund führte.
Wie kurz die Blicke und Gedanken und wie eng die religiöse Gefühlswelt
der führenden Männer hier ist, konnte man da beobachten. Der große, starke
Wille, dem protestantischen Teile des deutschen Volkes eine aufrüttelnde,
zukunftfrohe, glaubenstarke Führung zu sein, wo ist der in der Mehrzahl
der deutschen evangelischen Kirchen überhaupt? Wärez er da, so hätte man
die Tagung schon ganz anders vorbereitet. Nirgends war ein zielbewußtes,
anpackendes Arbeiten durch die Presse, um die Teilnahme wenigstens der
geistig lebendigen Schichten des deutschen Volkes zu wecken. Der Kunstwart
versuchte auf eigene Faust aus die Kulturbedeutung dieser kirchlichen Vor-
gänge aufmerksam zu machen, brachte einen Begrüßungsartikel zum Kirchen-
tag, und hörte, als der Aufsatz erschieu, daß der Kirchentag — verschoben
sei. Erzieht man denn aüs solche Weise nicht geradezu zur Gleichgültigkeit?

Aber trotz allem: dieser Kirchentag i st von Bedeutung, ja: von großer
Bedeutung für unser gemeinsames deutsches Kulturleben gewesen. Die
Kirchen des deutschen Protestantismus haben sich dahin entschieden, ein-
heitliche Zusammenfassungen dieses Protestantismus zu bleiben. Die
Gefahr, daß mit der Trennung vom Staate die verschiedenen theologischen
und religiösen Richtungen in Sonderkirchen auseinandergehn würden, ist
hoffentlich endgültig gebannt. Wer an die heißen Kämpfe nnd scharfen
Gegensätze dieser Richtungen denkt, wird es froh spüren: Gesiegt hat doch das
Bewußtsein in ihnen allen, daß die deutschen evangelischen Kirchen eine
gemeinsame Aufgabe am deutschen Volke haben. Es ist genug, daß
wir in einen katholischen und edangelischen Volksteil getrennt sind. Wenn

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