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Kunstwart und Kulturwart — 33,1.1919-1920

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1919)
DOI Artikel:
Fuchs, Emil: Friede auf Erden!
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Friedfertigkeit: über eine Hauptschwerigkeit unsrer nationalen Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14436#0289

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Ihr Führenden, ihr ArbeitenLen überall in Deutschland, in aller Men»
schengemeinschaft, in allen Völkern — ist es Weihnachten?

Eisenach LmilFuchs

Friedfertigkeit

Über eine Hauptschwierigkeit unsrer nationalen Erziehung

^^^le Voraussetzung unsrer deutschen Friedfertigkeit, sowohl derjenigen
H der Vorkriegszeit als auch der jetzigen, ist gewesen und ist noch heute
eine doppelte:

Erstens die Äberzeugung, datz in aller Menschen- und Völkergesinnung
Friedfertigkeit tief veranlagt ist und sich deshalb wecken läßt.

Was bedeutet eigentlich Friedfertigkeit? Einmal den Ermüdungs» und
Stumpfsinnszustand, in den die Völker nach starkem Aufsteigen zu ver-
sinken pflegen, und der unter Umständen bis zur Nichtwiederaufweckbarkeit
sich festsetzen kann — Eskimotugend.

Friedfertigkeit kann aber auch am entgegengesetzten Pol entstehen als
fester Wille, den Lebenskampf auf edlere Wege und höhere Ziele zu richten.

Diese beiden Arten von Friedfertigkeit sind immer gemischt vorhanden.
Es gilt immer wieder, die eine Art auszuschalten, die andre zu wecken und
zu fördern. Zu einer Friedensbewegung also, die beide Motive, die des
Aufstieges und die des dumpfen Rücksinkens, zusammen stützt, können wir
nur mit großer Vorsicht Stellung nehmen.

Zweitens: die zweite Voraussetzung ist die, das; die realen und ma--
teriellen Völkerverhältnisse die Friedfertigkeit, die allein wir wünschen kön--
nen, die des Aufstiegs, in ihrer Mitte zulassen.

Versuchen wir hierüber deutlicher zu werden. Vor allem, es handelt
sich für uns an dieser Stelle nicht um die Neuaufstellung und rücksichtslose
Einhämmerung eines Ideals in die Gewissen, sondern um eine kühle
Nntersuchung der Möglichkeiten für die Verwirklichung dieses Ideals. Ich
kann mir eine Stellungnahme denken, von der aus jemand seine Gedanken
etwa so ansetzt:

Die Friedfertigkeit als Voraussetzung eines Kampfs auf höheren Stufen
sei so nötig für die ganze Menschheitsentwicklung, daß er seinerseits sich
auf Fragen realistischer Möglichkeiten nicht einstellen könne. So wenig als
etwa die ersten Chriften sich auf Nntersuchung realistischer Möglichkeiten für
ein Reich Gottes einließen. Solches Nebenhinschielen anf Wirklich-- und
Möglichkeiten verwirre nur das Ideal, erschwere unnütz seine Besol-
gung. Auch denke er nicht daran, dies sein Ideal als verantwortlicher Ver-
treter des Volkes, als Staatsmann mit staatlichen Machtmitteln durchzu-
setzen; aber er wolle es mit aller Wucht ihm möglicher geistiger Beein-
flussung anfassen und seine Alleinberechtigung so ties er könne in die Ge-
wissen und wenn möglich ins Volksgewissen einkerben. Auch auf eine
Scheidung zwischen verschiedenen Arten Friedfertigkeit könne er sich nicht
einlassen; er meine Friedsertigkeit als Voraussetzung für tzöherentwicklung,
vertraue aber darauf, daß sie sich in diesem Sinne von selbst durchsetzen
werde und kenne für seine Person keine Bedingungen oder Begrenzungen.

Eine solche Stellungnahme ist möglich, und ich habe nicht vor, irgend
ein Wort gegen sie zu sagen. Aber sie ist nicht der Gesichtspunkt unsyer
jetzigen Nntersuchung. Die ist vielmehr geschichtlicher und geisteskundlichev
Art. Wir fragen gerade nach Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten. Was
hat ein Friedfertigkeitsideal der bezeichneten Art, also nicht einer Fried-

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