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Kunstwart und Kulturwart — 33,1.1919-1920

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Heft 3 (1. Novemberheft 1919)
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Schwochau, Geert von: Deutsche Auslandsvertreter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14436#0136

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DeuLsche Auslandsvertreter

will das Auswärtige Amt und seinen Ersatz der neuen Zeit
anpassen; um dies durchzuführen, hat man verfügt, daß in Zu--
-^^^kunft die diplomatische und die konsularische Karriere die gleiche
Vorbildung haben sollen, vermutlich mit der Absicht, sie ineinander auf--
gehen zu lassen. Vom gesellschaftlichen Standpunkte aus mag das richtig
sein; damit werden all die Streitfragen über soziale Position und sozialen
Wert begraben. Dahingestellt bleiben mag aber, ob durch diese Ver-
fügung irgendwelchs praktischen Ersolge erzielt werden. Was da in neue
Schläuche gegossen wird, ist im Grunde genommen doch der alte Wein.
Man bleibt bei dem Fehler, der vor dem Kriege so oft gerügt wurds:
daß man die Auslandsvertreter des Reiches aus einer bestimmten be-
sonders vorgebildeten und in eine Beamtenrichtung gedrängtsn Klasse
nimmt.

Wenn man wie Bismarck von den Gesandten verlangt, daß sie zu ge-
gebener Zeit „einschwenken wie die Unteroffiziere", dann ist es natürlich
vorteilhaft, auch die Gesandtenposten mit Unteroffizieren zu besetzen. Es
gibt ja auch da ganz repräsentative Leute. Wenn man von den Konsuln
in der Hauptsache die Ausübung richterlicher Funktionen und indifferente
Monatsberichte verlangt, so wird diese Karriere für den jugendlichen
Assessor, der sich die Welt ansehen möchte, immer etwas Verlockendes
haben. Unter solchen Voraussetzungen mußte natürlich die Vorbildung
verschieden sein; darüber besteht kaum ein Zweifel.

Ietzt entsteht aber die Frage: Warum soll die Ausbildung einheitlich
sein? Und um diese klar zu beantworten, muß zunächst einmal die Frage
der für die Zukunft geplanten Betätigung unsrer Auslandsvertreter zur
Debatte gestellt werden. Vom Auslandsvertreter wird man in Zukunft
viel weniger verlangen müssen, daß er „einschwenkt", aus dem einfachen
Grunde, weil die Notwendigkeit des Einschwenkens mit der Abschaffung
der Geheimdiplomatie, besser noch der kaiserlichen Vertretung im Aus-
lande, wegfallen soll. Vielmehr wird vom Auslandsvertreter — Diplo-
maten und Konsularbeamten — verlangt werden müssen, daß er auf Grund
einer gefestigten deutschen Weltanschauung, auf Grund weitgehaltener Ge-
neralinstruktionen selbständig denkt und handelt, und daß zwischen seiner
TLtigkeit und der Leitung der Zentrale eine gesunde Wechselwirkung
besteht. Da Deutschland keine Machtdiplomatie mehr treiben kann und
will, so wird es auch in der Zentrale keine Einzelpersönlichkeit wie Bis-
marck mehr geben können, die die ganze Leitung in den tzänden hält und
auf eine Verschiedenheit der einzelnen „Instrumente" Wert legen muß.

Die Vorbildung der Auslandsvertreter wird daher in Zukunft ziemlich
gleichgültig sein können. Von selbst wirft sich aber die Frage auf: Müssen
die Auslandsvertreter denn überhaupt „vorgebildet" sein? Oder kann es
sich nur darum handeln, daß sie bestimmte persönliche Eigenschaften auf-
weisen, Eigenschaften, die für jeden Posten andere sein müssen, daß man
aber die richtigen Leute auf die richtigen Posten schickt? Das ist wohl
von Vornherein zu bejahen.

Die Zukunft unsrer Auslandsvertretung liegt also in den Händen der
Personalreferenten des Auswärtigen Amtes.

Mit dem Personalreferenten als Typ müssen wir uns also zunächst einmal
befassen. Eine Zeitlang hatte diesen Posten Lichnowsky inne. Der Griff

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