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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Bauer, Kurt: Die deutsche Kunst in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0201

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RÖMISCHE CAMPAGNA

OTHMAR BRIOSCHI f - ROM

DIE DEUTSCHE KUNST IN ROM.
VON KURT BAUER-ROM.

Im Frühling dieses Jahres versammelte
sich die deutsche Kolonie in den Räumen unseres
Künstlervereins zu Rom, um andächtig einen
Rückblick zu werfen auf die letzte Epoche
der großen deutsch - italienischen Kunstblüte.
Da prangten an den Wänden der Aus-
stellung die glänzenden Porträts Lenbachs,
reizvolle Jugendwerke von Feuerbach, Böcklin,
Marees. Und bis in unsere Zeit hinein wurde
jener starke Entwicklungsgang der deutschen
Kunst in Italien durch Namen wie Klinger,
Greiner und Geyger bezeichnet.

Als dann einen Monat später derselbe Verein
seine alljährlich übliche Ausstellung von den
in Rom lebenden deutschen Künstlern veran-
staltete, bemächtigte sich dieser ein gelinder
Schauer der Entmutigung. Manch Tüchtiger
unter ihnen blieb absichtlich mit seinen Arbeiten
fort, um nicht so unmittelbar den Schatten der
Großen ausgesetzt zu sein. Obwohl trotzdem
eine ganz respektable Versammlung von Kunst-
werken zustande kam, hatte das Publikum doch

das Gefühl: die deutsche Kunst in Rom ist
heute nicht mehr, was sie ihren großen Tradi-
tionen nach sein könnte und auch angesichts
des Aufschwunges in der Heimat sein müßte.
Diesen Eindruck verstärkte noch die geringe
Beteiligung und schwache Vertretung der deut-
schen Künstler auf der gleichzeitigen Inter-
nationalen Ausstellung in Rom. Infolgedessen
konnte die in diesem Jahre der deutschen Malerei
zufallende Müller - Prämie nicht verteilt und
mußte bis zum nächsten Jahre zurückgestellt
werden. All solche Anzeichen, wenn sie sich
zum Teil auch aus der stillen Zurückgezogen-
heit vieler tüchtiger Künstler erklären, tragen
doch wenig dazu bei, das internationale Ansehen
der deutschen Kunst in Rom aufrecht zu er-
halten oder zu stärken.

Und so wirft wohl jeder, der heute über
die deutsche Kunst in Rom schreibt, zunächst
einen wehmütigen Blick auf den Glanz früherer
Jahrzehnte zurück. Die Namen der großen
Toten verdunkeln die Gegenwart. Nur noch
vereinzelte Lichtstrahlen dringen aus einer blühen-
den Vergangenheit zu uns herüber. . . .

Wir stehen auf der breiten Terrasse des

DIE KUNSTWELT II, 3

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