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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Bauer, Kurt: Die deutsche Kunst in Rom
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Jakob Burckhardts Briefe an einen Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0215

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DIE DEUTSCHE KUNST IN ROM

wird; Ernst ohne Trockenheit und eingesetztes JAKOB BURCKHARDTS BRIEFE AN
Wesen mit Freude". Oder mit Anselm Feuer- EINEN ARCHITEKTEN

bachs Worten: „Bei dem Namen Rom hört alles

Träumen auf und die Selbsterkenntnis fängt an. / Einen der schönsten und charaktervollsten Brief-

Die alte Zauberei weist jeglichem Menschen Wechsel die in der letzten Zeit erschienen er-

„, . „ . vJf . , „ schließt der soeben von dem Verlag Georg Mulier

seinen Platz an." Semen Platz an der Sonne, in München herausgebrachte Band „Jacob Burck-

möchte ich in Bezug auf die Zukunft noch hardts Briefe an einen Architekten 1870— 89".

hinzufügen. Vermag doch das Licht nirgend Diese Briefe des genialen Kunst- und Kultur-

heller zu leuchten als in der ewieen Stadt. fors^TJ sind ™dm?a$el-!i?»'?^*^

gerichtet, der seinerseits mit Wallot befreundet

'ö '

Wenn nur erst wieder ein Genius hernieder- war ßurckhardts geistige Physiognomie wird

steigt, der die Fackel anzündet. in diesen köstlichen Briefen stark lebendig.

Rom, den 5. April i8j5,
Albergo - Centrale, Piazza - Rosa.

Nachdem Sie vermutlich meinen Brief an
Herrn G. gelesen, will ich einen neuen an Sie
wenigstens anfangen, da es ein schwüler Sonntag-
abend ist und begonnen hat zu regnen, ich auch
zum Laufen zu müde bin, sintemal ich heut fast
das ganze kapitolische Museum rasch durchnotiert
und nachmittags die ganzen Kaiserpaläste durch-
irrt habe.

Mein Respekt vor dem Barocco nimmt stünd-
lich zu und ich bin bald geneigt, ihn für das
eigentliche Ende und Hauptresultat der leben-
digen Architektur zu halten. Er hat nicht nur
Mittel für alles, was zum Zweck dient, sondern
auch für den schönen Schein. Worüber einst
mündlich mehreres.

Einstweilen befinde ich mich trotz aller Jagd
und Hätz vortrefflich und genieße u. a. das
Glück, nicht mehr ex officio wissen zu müssen,
von wem das Altarblatt in der xten Kapelle
rechts in San Dings herrührt. Nächstens werde
ich nun Pal. Altemps aufsuchen und den weißen
Pfau von Ihnen grüßen, wenn er noch lebt.
Ich habe die Schneigge *) überall und empfinde
namentlich, wie sehr doch Rom etwas anderes
ist als z. B. Genua, wo es aussieht, als hätten
Kinder Theaterdekorationen vierten Ranges schräg
und quer auf Felsen herumgestellt. Was ich
unterwegs von Frührenaissance gesehen, das sah
ich mit tiefer Rührung, namentlich in Siena
S. Caterina mit Fassade, Treppchen, Höfchen,
Hällchen und Zubehör. Dagegen hat mich der
Palazzo del Macrnifico daselbst zum Narren ge-
habt; ich hatte ihn früher nur von außen ge-
sehen und glaubte nun wegen der bronzenen
Fackelhalter, das Innere müßte doch noch etwas
aus der Tyrannenzeit enthalten, fand aber nichts
als in einem stinkenden Höfchen einen vorge-
wölbten Gang, auf welchem vermutlich einst der
selige Tyrann auf den Abtritt ging. In Genua
wird jetzt im Pal. Doria nur noch die untere
Halle, der obere Hauptsaal, ein Zimmer und die
Galerie gezeigt, letztere das Reichste, was von

WEIB UND SCHLANGE. BRONZE KARL WILFERT-PRAG ') Mundartlich für: die Nase in alles hineinstecken.

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