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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Futuristen und Genossen bei der Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0235

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NO-MASKE. Japan, IS. Jahrh. Bes.: KGL. MUSEEN-BERLIN

UTURISTEN UND GENOSSEN
BEI DER ARBEIT.

Im Pariser Herbstsalon, der kürzlich eröffnet
worden ist, gibt es wieder die schönsten Farben- und
Formenausbrüche jener erlesenen ,,Meister" zu
sehen, die an der „Kunst der Zukunft" zu ar-
beiten vorgeben. Die Presse wird Gott sei Dank
immer deutlicher in ihrer Absage und lacht die
Herren aus, wie sie es verdienen. So schrieb
der Korrespondent der „Voss. Ztg." aus Paris:
„Man kann den Herbstsalon nicht mehr recht
ernst nehmen, sondern muß ihn halb als eine
Veranstaltung zu Ulkzwecken behandeln. Er ist
in der Hauptsache ein Tummelplatz der Scherze
der Kubisten und Futuristen geworden, deren
Anwachsen zu beweisen scheint, daß jede Narr-
heit Käufer findet. Denn fänden sich keine
Liebhaber, so würden unmöglich so viele sich
auf die Nachäffung dieser Torheit werfen.
Ihren Erfindern mag man noch den guten
Glauben zugestehen, von den Nachahmern be-

steht sicherlich die Hälfte mindestens aus
Schwindlern."

Die Futuristen geben auch sonst noch
lange nicht Ruhe. Augenblicklich toben sich
ihre Führer, vor allem der Napoleon aller
Zukunftsmalerei: Marin etti, in neuen „Mani-
festen" aus, die den alten an Verworrenheit
und gequälter Mache nichts nachgeben. Zu-
nächst schlachtet sein Jünger Boccioni die
großen Bildhauer: die Griechen, Michelangelo
und Rodin ab und verkündet, daß die Plastik
fortan die Bewegung darzustellen habe. Dieser
köstliche Futurist manifestiert sich folgendermaßen:
„Gegenstände, die mit einer Figur assoziiert sind,
werden nicht, wie bisher, um die Statue gruppiert
werden, wie fremde Dekorationsdetails, sondern
sie werden, nach einer neuen Harmonielehre, in
die Muskellinien des Körpers eingefügt werden.
Man wird z. B. das Rad eines Motors aus dem
Arm eines Mechanikers hervortreten sehen, die
Linie eines Tisches aus dem Haupte eines lesen-
den Mannes, während ihm die fächergleich offenen
Blätter seines Buches den Bauch aufschlitzen
werden. Die futuristische Bildhauerei sieht

DHARMA. MALEREI AUF PAPIER. Bezeichnet: Soami

. Bes.: G. JACOBY-BERLIN

DIE KUNSTWELT II, 3

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