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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Sachs, Hans: Bucheinband und Buntpapiere, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0332

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B

UCHEINBAND UND BUNT PA- bringen. Und noch einen weiteren Schritt be-
PIERE. VON DR. HANS SACHS- deutete der seit einem Jahre zur Tatsache ge-
CHARLOTTENBURG wordene Versuch zweier deutscher Großbuch-

bindereien, neben ihren auf maschinenmäßigem
Wer die Geschichte des Bucheinbandes in den Wege hergestellten Massenbänden besondere Werk-
letzten 30 Jahren verfolgt und studiert hat, durfte Stätten für Handbindekunst einzurichten. So
Gesinnungs- und Anschauungsänderungen erleben, reichen sich nun wieder die beiden grimmigen
wie sie in so plötzlicher Wandelbarkeit und rascher Rivalen die Hand, vertragen sich, befruchten
Abwendung von einer eingewurzelten Überzeugung einander. Die Einsicht, daß ihre Arbeitsgebiete
sich selten zu manifestieren belieben. Das will getrennte sind, und daß nur die Forderung
sagen: Der Schlachtruf „Hie Fabrik- und Ver- künstlerischer Grundsätze und allgemeine
legerband, hie Handeinband", der noch vor 10 Prinzipien der Buchbindetechnik ihren diver-
oder 20 Jahren zwei Welten unter den Vertretern gierenden Aktionsradien gemeinsam sind, hat sie
der Buchbindekunst trennte, verstummt, fast fühl- zusammengeführt.

bar in seinen letzten Tönen, die alte Streitaxt Der künstlerische Einzeleinband hat natürlich
scheint entschlossen zu Grabe getragen zu werden. seine Berechtigung. Besonders hochgeschätzten
Wer hatte sie ausgegraben? Wir wissen, daß der Büchern wird der Bücherfreund gern auch eine
edlen Kunst des Buchbindens, die jahrhunderte- Umhüllung geben wollen, die gewählt und be-
lang in allen europäischen und manchen außer- sonders erlesen aus der Schar der übrigen heraus-
europäischen Ländern geblüht hatte, im
19. Jahrhundert ein arger Feind in der
sich immer mehr vervollkommnenden
Maschinenarbeit erwuchs. Diese er-
leichterte dem Publikum durch die in
tausenden von Exemplaren hergestell-
ten Fabrik- und Verlegereinbände die
Anschaffung bereits gebundener Bücher;
die x\ufträge für kunstvoll mit der
Hand hergestellte Bucheinbände wur-
den immer seltener und blieben schließ-
lich auf einen Kreis von Bibliophilen
und Liebhabern eines künstlerischen
Bucheinbandes beschränkt, deren Zahl
bei uns in Deutschland keine sehr er-
hebliche war. Die Verflachung und
Verödung aller maschinentechnischen
Produkte brachte die Reaktion: der
Luxusbucheinband kam wieder zu
Ehren, durch neue Ornamentik, neue
Techniken und Ausdrucksformen wurde
die Kunst des Buchbindens wieder frisch
belebt und warb neue Freunde. Aber
sie sahen verächtlich und gering-
schätzend auf den Verleger- und
Fabrikeinband herab, der freilich in
den 60 er und 70 er Jahren des vorigen
Jahrhunderts durch Geschmacklosig-
keit, falschen Prunk und beschämenden

Materialschund solche Verachtung recht- I HhBm

fertigte. Da kam der Umschwung. Auch ,lir:t wm'~x^*?—

in den Großbetrieben, die sich mit
unseren Verlegern zu gemeinsamer Ar-
beit zusammenschlössen, sind seit einem
oder zwei Dezennien fleißige und künst-
lerisch begabte Kräfte am Werk, auch
den Fabrikeinband in Technik und Aus-
sehen in harmonischen Einklang mit der

gediegenen Ausstattung des Innern zu Venezianer tiepolo-SCHULE

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