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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0089

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terminologischen Nahe zu 2,1-5 an eben diesem Kontext zu
orientieren. Abstrahieren wir von diesem Kontext, setzen also
noch einmal - zwei Absätze zurück - beim "Verkündigen mit
menschlicher Weisheit in der Rede" ein, so eröffnen sich auch
andere Möglichkeiten. Muller 1966, 271: Rede ev "σοφία λόγου
entleere das Kreuz, weil sie sich weigere, den Gekreuzigten -
"als Gottes einzig rettende Weisheit glaubend anzunehmen"; sie
entblösse das Kreuz seiner Heilswirksamkeit.3 0 Aber steht
dieser Punkt zur Debatte zwischen Paulus und den Korinthern?
Versuchen diese wirklich einen weiteren (oder alternativen)
Heilsfaktor neben dem Kreuz aufzurichten? Davis 1984
(Tora-zentrierte Weisheit der Korinther) und Horslev (1977,
224 ff: Weisheit als korinthisches Heilsmittel) würden emsig
mit dem Kopf nicken. Aber wo ist dergleichen (nicht in
hellenistisch-jüdischen Quellen, sondern) im Paulustext als
Haltung der Korinther zu greifen?31
Abwegig sind auch die Erklärungen von Baumann 1968, 78 f,
und Best 1980, 14. Best diskutiert die alte Frage, ob ev σοφία
λόγου sich auf die Form oder den Inhalt der Predigt beziehe.
Er entscheidet sich für die Form, und zwar hebe Paulus sich
hier von imponierender allegorischer AT-Exegese ab. Aber die
Alternative Form - Inhalt passt nicht recht, sie verengt:
Allegorische Exegese zeitigt natürlich auch Inhalte. Und wenn
Paulus - was von 2,1-5 viel näher liegt! - in 1,17 nicht
allegorische Exegese, sondern zeitgenössische Rhetorik ins
Visier nimmt, dann, so sahen wir, wird die Alternative Form -
Inhalt ebenfalls transzendiert, denn die Rhetorik vermittelte
Bildungsinhalte, sogar umfassend (s.o.).
Das Handicap, den Kontext 2,1-5 nicht genügend bei der
Interpretation von 1,17 berücksichtigt zu haben, haftet nicht
nur Best’s, sondern auch Baumann’s Deutung an. Freilich kann
Baumann - im Gegensatz zu Best - wenigstens einen IKor-Text
heranziehen (12,8): Paulus halte in 1,17 fest, er habe nicht
in pneumatischen Äusserungen das Evangelium in Korinth
gepredigt. Wirklich? Sicher hat er nicht in Glossolalie das
Evangelium gepredigt, aber das ist mit λόγος σοφίας in 12,8
auch gar nicht gemeint. Paulus sagt hingegen durchaus, seine
Evangeliumspredigt in Korinth sei eine vom Pneuma inspirierte
Weisheit gewesen: 2,6 ff (s.u. die Exegese) und 1,24fin.3O.
Hier lag nicht das Problem, hier nicht das mit der
Kreuzesverkündigung Inkompatible.
Inwiefern gilt nach allem, dass im ev σοφία λόγου von 1,17
bereits "jene Weisheit miteingeschlossen (ist), die Paulus im
folgenden als durch die Botschaft des Kreuzes bedeutungslos
geworden charkterisiert" ?3 2 Ist richtig, dass rhetorischer
Glanz auch die Fuder von Bildungsinhalten umgreift, den
zeitgenössiche Rhetoren zu Markte fahren - sie decken in ihren
Reden in der Tat alles ab, was die Antike an
"Bildungselementen" produziert hat, vom hinterlistigen Treiben
des Puniers (cf.o. Martial) bis hin zu Geographie und
Homerchronologie (Tatian or. 20; 31) - so ist die "Weisheit in
 
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