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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0093

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88

G. DIE EVANGELIUMSERKENNTNIS - 1 KOR 2,6-16

Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund von 2,6 ff lassen
sich folgende Hypothesen-Typen unterscheiden:
1. Gnostisch-mysterienhaftes Milieu. Als Argumente werden
u.a. genannt: Zwei wesensverschiedene Menschenklassen seien in
2,6 ff gegenübergestellt. In 2,6.8 halle der gnostische Mythus
vom Abstieg des himmlischen Erlösers nach, der von den
Engelmächten unerkannt blieb. Der Vollkommenheitsbegriff
entspreche dem gnostischen.
Nach Wilckens (1959) hat sich für die gnostische Lösung
wieder Μ. Winter stark gemacht.1 Winter untersucht das
Begriffspaar Psychiker / Pneumatiker in 2,6 ff auf seinen
religionsgeschichtlichen Hintergrund hin und kommt zu dem
Ergebnis, dass die gnostischen Texte die nächste Parallele
bieten (203). 2,6 ff enthalte deshalb gnostische Sprache.
Wirklich? a) Mit G. Dautzenberg2 ist einzuwenden, dass das
gnostisch dualistische Schöpfungsverständnis erst in 2,6 ff
hineingelesen werden muss, um die Nahe zu den gnostischen
Texten zu erkennen, b) Auch den Anachronismusvorwurf hat
Winter (cf. 230) nicht ausräumen können: Die gnostischen
Paralleltexte sind wesentlich junger als der Paulustext. Nur
eine gründliche literarkritische und traditionsgeschichtliche
Analyse des gnostischen Materials hätte den Vorwurf entkräften
können. Winter wäre also gut beraten gewesen, seine eigenen
Ergebnisse zu Philo ernster zu nehmen: Phiionische Texte sind
durchaus als Vorstufe zur paulinischen Psychikos / Pneumatikos
- Terminologie begreifbar (Winter 157), so dass historisch
plausibler gedacht eher eine Traditionsfolge Philo --> Paulus
--> Gnostiker zu konstruieren wäre. Dem zweiten Typ kommt
deshalb grossere Wahrscheinlichkeit zu:
2. Judisch-weisheitlicher und phiionischer Hintergrund,
Zu nennen ist u.a. E, Brandenburger:3 Neben weisheitlicher
Tradition sei besonders Philo als Hintergrund anzunehmen.
Brandenburger (134) fuhrt zum dualistisch-weisheitlichen
Pneumabegriff aus: Bei Paulus wie bei Philo "ist - anders als
bei Plato, wo die inspiratorische Begabung dem rationalen Nous
kritisch unterstellt wird - das Pneuma nicht mehr
überbietbare, letztinstanzliche ... Gabe Gottes, allem
Sarkisch-Menschlichen entgegen, schlechthin jenseitig, bei
beiden auch Heilsgabe". Wegen dieses schlechthin jenseitigen
Charakters kann der Psychikos etwas Pneumatisches nicht
erfassen (IKor 2,14). Hier stossen wir auf plausiblen
Hintergrund für den Paulustext, besonders für dessen
Pneumabegriff. Genau auf das Pneuma-Jenseitige kommt es
Paulus in seiner Rede gegen die Apostelverehrung der Parteien
an: Es verunmöglicht, das in den Aposteln Pneumagewirkte als
 
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