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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0128

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I. DER NICHT BEURTEILBARE PNEUMATIKER VON 2,15
Von hieraus müssen wir zu dem schwierigen Vers_2,15
zurückkehren, den wir bisher ausgeklammert haben: "Der
Pneumatiker untersucht alles, wird aber selber von niemandem
untersucht/ geprüft". Nur als latent auf den Parteienstreit
gemünzt, also im Rahmen des σχήμα’5, wird dieser Vers
"erträglich".
Zunächst 2,15a.
ανακρίνω in 2,14.15a steht synonym zu "erkennen" (2,14) und
"erforschen" (2,10). Die Grundbedeutung von ανακρίνω, "sein
forschendes Interesse auf etwas oder jemanden richten /
untersuchen mit dem Ziel, zu einer Erkenntnis zu kommen",
passt gut dazu.6 2 2,15a (ό πνευματικός ανακρίνει πάντα)
wiederholt so 2,10 (πνεύμα πάντα έραυνα): Wie das Pneuma alles
Göttliche erforscht und erkennt, so auch der Theologe,
insofern er nicht Menschen-Weiser, sondern Pneumatikos ist,
d.h. mit dem jenseitigen und unverfügbaren Pneuma Gottes
beschenkt ist. Soweit lässt sich 2,15a - in dubio pro Paulo -
kontextkohärent schön interpretieren, πνευματικός hebt gerade
nicht auf eine am Menschen zu rühmende Qualität ab, sondern
schliesst solches Rühmen aus: πνευματικός ist der durch und
durch von Gott Konstituierte, dessen eigene Qualität das
Nichts der Schwäche ist, so dass das Pneuma in ihm Platz
greifen kann.
Insofern nun nicht nur alle Christen, sondern speziell auch
die Apostel-Parteihäupter Pneumatiker sind, kommen sie also
gerade nicht als Objekte korinthischen Rühmens in Frage.
Genau darauf zielt aber auch 2,15b, wenn wir dort die
Latent-Gleichung πνευματικός = Apostel (bzw. Parteihäupter)
voraussetzen. Diese Gleichung wird abgesehen vom Makro-Kontext
des Parteienstreites auch durch den unmittelbaren Kontext
nahegelegt: In 2,13 heisst es: "Wir reden., in Worten, die
(uns) vom Geist beigebracht wurden". Mit dem "Wir" sind die
 
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