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Müsegades, Benjamin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Erziehung und Ausbildung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 47: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34762#0016

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Einleitung

5

Es ist insgesamt schwierig aus diesen und ähnlichen Aussagen zu
Fremdsprachenkenntnissen ein Gesamtbild fürstlicher Bildung im
Spätmittelalter und zu Beginn der Frühen Neuzeit zu rekonstruieren. Zudem
unterliegt ein solcher Ansatz immer der Gefahr, das Wissen eines Fürsten auf
die Beherrschung von Fremdsprachen zu reduzieren und dem über viele
Jahrhunderte tradierten adligen Bildungsprogramm mit seinem Fokus auf
höfische und körperliche Aspekte nicht gerecht zu werden.

1.2 Wissen und Gesellschaft

Weder die Inhalte noch die Vermittlung oder die Träger der Wissenskorpora
fürstlicher Erziehung und Ausbildung haben bisher in der Forschung großes
Interesse gefunden. Mit bedingt ist dies auch durch die begriffliche
Unschärfe, die Begriffen wie Wissen, Erziehung und Ausbildung sowohl in
den Quellen als auch in der Forschung anhaftet. Es kann im Folgenden nicht
das Ziel sein, für jeden Bereich eine jeweils allgemein gültige Definition zu
geben. Vielmehr soll eine begriffliche Annäherung erfolgen, um die Termini
für eine Untersuchung der Orte, Protagonisten und Inhalte fürstlicher
Erziehung und Ausbildung zu operationalisieren. Hierfür wird zuerst der
Begriff des Wissens betrachtet und eine Kategorisierung seiner Inhalte und
Träger vorgenommen. Anschließend werden die Begriffe Erziehung und
Ausbildung in den Blick genommen.
Für die historische Forschung ist eine allgemein verbindliche Definition
von Wissen schwer zu findenV Es geht daher im Folgenden vor allem um
eine Minimaldefinition des Begriffs und möglicher Unterkategorien. Nach
Achim Fandwehr bezieht Wissen »sich immer auf >die Wirklichkeit (wie
diese im Einzelnen auch immer aussehen mag)«28 und existiert nicht
unabhängig von Gesellschaften und Auseinandersetzungen sowie Prozessen
in diesenA Der gesellschaftliche Wissensvorrat ermöglicht dabei jedem
Einzelnen die »Ortsbestimmung« innerhalb des sozialen Ganzen.^'
Um den Wissensbegriff im Einzelfall praktikabel nutzen zu können,
bedarf es einer Kategorisierung der einzelnen Wissensbereiche. Dies ist zwar
aufgrund des Wesens von Wissen als schwer fassbarer Entität stets mit dem
Makel der Beschränktheit behaftet, stellt aber die einzige Möglichkeit einer
weitergehenden Untersuchung darA Mittelstraß hat in diesem Kontext die

2? LANDWEHR, Das Sichtbare sichtbar machen, S. 61.
28 Ebd., S. 63.
29 Ebd., S. 64-65, 72, 87.
20 BERGER/LUCKMAN, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, S. 43; ähnlich auch
LANDWEHR, Das Sichtbare sichtbar machen, S. 72.
22 Zu Wissenskategorien LANDWEHR, Das Sichtbare sichtbar machen, S. 88.
 
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