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Müsegades, Benjamin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Erziehung und Ausbildung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 47: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34762#0040

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II. Weltliche und geistliche Söhne -
Reichsfürstliche Familienordnungen

Oberhaupt der »patriarchal und autoritär struktiert[en]« reichstürstlichen
Familie war in der Regel der regierende Fürst, welcher die »schwer
miteinander [zu] vereinbaren [den] Familienziele - Kinderreichtum,
Besitzvergrößerung, Steigerung von Macht und Prestige«, erreichen musstet"
Kinderreichtum hatte für Reichsfürsten Vor- und Nachteile. Für das
Weiterbestehen eines Hauses war die Geburt eines männlichen Erben unab-
dingbar. Um den Fortbestand eines Geschlechts gegen den frühzeitigen Tod
von designierten Nachfolgern abzusichern, war es entsprechend notwendig,
dass die Fürstin möglichst viele, möglichst männliche Kinder gebar. Eine
hohe Zahl von Nachkommen bedeutete allerdings auch, dass diese von der
Familie finanziell unterhalten werden mussten. Für Töchter bestand die
Möglichkeit, sie zu verheiraten oder in ein Kloster oder Stift zu entsenden.
Um die standesgemäße Versorgung aller Söhne zu erreichen, gab es zwei
Wege: die jungen Fürsten konnten entweder alleine oder gemeinsam mit
einem oder mehreren anderen Brüdern die Herrschaft über das gesamte
Fürstentum oder einen Teil davon antreten oder als Kleriker in den
geistlichen Stand abgeschichtet werden.Im Kontext seiner Untersuchung
zum nichtfürstlichen Hochadel hat Karl-Heinz Spieß den Begriff der
Versorgungsfamilie geprägt, die häufig über die Kernfamilie hinausgriff und
das jeweilige Familienoberhaupt zur Unterhaltung seiner Verwandtschaft
verpflichtete.212 Für die vorliegende Arbeit wird der Begriff auch für die
fürstliche Familie verwendet.
In ranghohen reichsfürstlichen Häusern ging die Tendenz vom 13. bis
zur Mitte des 15. fahrhunderts dahin, allen männlichen Nachfolgern die
Möglichkeit zu geben, im weltlichen Stand zu verbleiben und an der
Herrschaft zu partizipieren.2'3 So wurde etwa das Gebiet der Pfalzgrafschaft
bei Rhein 1410 unter den vier überlebenden Söhnen Ruprechts III. auf geteilt.

210 NOLTE, Familie [engere], S. 48.
2n SPIEß, Fürsten und Flöfe im Mittelalter, S. 33-34; SPIEß, Safeguarding Property, S. 26; SPIEß,
Maintenance Regulations, S. 47-48. Die Situation im nichtfürstlichen Flochadel gestaltete sich
ähnlich, siehe SPIEß, Familie und Verwandtschaft, S. 290-344, 370-379. Zu geistlichen Töchtern
KLEINJUNG, Geistliche Töchter.
212 SPIEß, Familie und Verwandtschaft, S. 390-393.
213 SPIEß, Erbteilung, S. 170.
 
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