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Müsegades, Benjamin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Erziehung und Ausbildung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 47: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34762#0144

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VI. Das personelle Umfeld junger Fürsten

VI. 1 Sichtbarkeit

Die Zeit um die Vollendung des siebten Lebensjahrs herum, die in den
meisten antiken und mittelalterlichen Lebensalterlehren das Ende der zn/zinfM
und den Beginn der pnenfM markierte, wurde in der Fürstenspiegelliteratur
als der Zeitpunkt angesehen, an dem Fürsten in die Obhut von Hofmeistern
und Präzeptoren gegeben werden sollten/^ Die genaue Praxis lässt sich
häufig allerdings nur schwer nachvollziehen, fehlt es doch an entsprechenden
Quellen. Allerdings deuten die Bestellungen einzelner Präzeptoren darauf
hin, dass tatsächlich mit circa sieben Jahren die Unterweisung junger Fürsten
durch Erzieher begann/^
Im Folgenden wird es darum gehen, die personellen Rahmen -
bedingungen der Wissensvermittlung an junge Fürsten zu erfassen. In den
Blick genommen werden ihre Hofmeister und Präzeptoren und andere sich
am heimischen und auswärtigen Hof sowie an der Universität in ihrem
Umfeld befindliche Adlige und Bedienstete. Für diesen Personenkreis wird in
Anlehnung an Laetitia Boehm der Begriff »Hofstaat im Kleinen« benutzt/^
Es gestaltet sich je nach Erziehungs- und Ausbildungsort unterschiedlich
schwierig, diesen zu untersuchen. Während ein junger Fürst am eigenen Hof
weilte, erlauben vor allem Hofordnungen, Briefe oder Bestallungsverträge
Einblicke in sein Umfeld. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich der
jeweilige Hofstaat personell an mehreren Stellen mit dem Gesamthof über-
schnitt. So konnte beispielsweise ein Knecht sowohl für einen jungen Fürsten
als auch für ein oder mehrere weitere Mitglieder des Hofs tätig sein, ohne,
dass dies in den Quellen deutlich wird. Die Begleiter junger Fürsten für ihre
Aufenthalte an Universitäten zu ermitteln kann sich ebenfalls schwierig
gestalten. Matrikelbücher geben zwar jene Personen an, die gemeinsam mit
ihnen immatrikuliert wurden, jedoch nicht weitere Begleiter, die aus unter-
schiedlichen Gründen nicht eingetragen wurden/^ Ziel dieses Kapitels kann

^3 So beispielsweise im Fürstenspiegel des Enea Silvio Piccolomini für Ladislaus Postumus
NELSON, Aeneae Silvii De liberorum educatione, S. 126. Siehe hierzu auch BOEHM,
Konservatismus und Modernität, S. 82; MENZEL, Der Fürst als Feldherr, S. 18.
754 Fierzog Johann Friedrich von Sachsen war sechs Jahre alt, als Georg Spalatin zu seinem
Präzeptor ernannt wurde; HÖSS, Georg Spalatin, S. 42. Philipp Melanchthon schlug Lukas
Edenberger als Präzeptor Herzog Johann Emsts von Sachsen vor, als der Fürst fast sieben Jahre
alt war; hierzu Philipp Melanchthon an Gregor Brück, 17. Mai 1528, in: BRETSCHNEIDER, Corpus
Reformatorum. Bd. 1, Nr. 530, Sp. 978-979.
755 BOEHM, Konservatismus und Modernität, S. 83.
756 Zwar wurde universitäres Dienstpersonal wie Pedellen gelegentlich in die Matrikeln
eingetragen, für fürstliche Bedienstete war dies jedoch nicht der Fall; siehe zu den in die Matri-
 
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