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Müsegades, Benjamin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Erziehung und Ausbildung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 47: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34762#0194

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Personelles Umfeld

183

Über die gelehrte Perspektive zur Tätigkeit der Präzeptoren und ihrer
Besoldung hinaus finden sich nur gelegentliche Hinweise zur Bewertung
ihrer Rolle am Hof. Inwiefern sich Kritik aus höfischen Kreisen direkt an die
gelehrten Erzieher richtete, ist nur selten aus den Quellen ersichtlich. Die
Meinung der jungen Fürsten zum Unterricht ihrer Präzeptoren ist gleichfalls
selten dokumentiert. Spätere Aussagen, wie jene Herzog Johann Friedrichs
von Sachsen, der sich dahingehend äußerte, er sei mit seinem Erzieher
Alexius Krosner nicht zufrieden gewesen, müssen stets kritisch betrachtet
werden.'"^ So ist eg unklar, ob der spätere Kurfürst diese Auffassung bereits
während des Unterrichts selbst vertrat, und in welchem Maße spätere Ereig-
nisse seine Meinung beeinflussten.^
Hatten Präzeptoren also als Lehrer eines jungen Fürsten eine heraus-
gehobene Stellung am Hof? Bei einer Antwort auf diese Frage ist die Gefahr
groß, sich die gelehrte Perspektive zu eigen zu machen, stammen doch die
meisten Quellen zu dieser Frage von den Präzeptoren selbst oder aus ihrem
Umkreis.'"^ Die Position der gelehrten Erzieher im Besoldungsgefüge des
Hofs kann aufgrund der fragmentarischen Quellenlage nur eingeschränkt als
Korrektiv genutzt werden. Insgesamt war die Stellung der Präzeptoren am
Hof von einer Vielzahl von Koordinaten abhängig. Die Graduierung war eine
Zugangsvoraussetzung für das Amt, spielte aber bei der konkreten Tätigkeit
am Hof keine große Rolle. Durch ihre Besoldung hoben sich die Präzeptoren
nachweisbar zumindest an einigen Höfen zwar von den nichtadligen und
nichtgraduierten Mitgliedern des Hofs ab, jedoch keinesfalls von den adligen
und gelehrten Räten der jeweiligen Fürsten. Hierüber kann auch die von
gelehrter Seite vehement betonte Bedeutung des Präzeptors nicht
hinwegtäuschen. Eine »vizeväterliche Stellung« der Erzieher, wie sie in der
pädagogischen Theorie des Untersuchungszeitraums propagiert wurdet,
lässt sich in den Quellen nicht nachweisen.

VI.3.3 Karrieremuster
Die genaue Tätigkeitsdauer einzelner Präzeptoren zu rekonstruieren, gestaltet
sich häufig schwierig, da für die meisten Häuser eine ausreichende Zahl von
aussagekräftigen Quellen, etwa Rechnungen, fehlt. In pfälzischen
Bestallungsbriefen finden sich Hinweise darauf, dass die Tätigkeit sowohl
von Seiten des Oberhaupts der jeweiligen Versorgungsfamilie als auch vom

1042 Conrad Cordatus überliefert den Ausspruch Johann Friedrichs CHtdorMM CoMdins non cst A'nc
de me merÜMs; WRAMPELMEYER, Tagebuch über Dr. Martin Luther, Nr. 1609, S. 435.
1043 Krosner hatte die Gunst von Johann Friedrichs Vater wohl erst Ende der 1520er Jahre
verloren; siehe hierzu VETTER, Zur Geschichte Alexius Krosners, S. 140-141.
1044 Hierauf verweist auch WAGNER, Pnnceps üheratMS HMf düfenüMS?, S. 147.
1045 Zur angeblichen »vizeväterlichen« Stellung der Präzeptoren KLOOSTERHUIS, Erasmusjünger
als politische Reformer, S. 402.
 
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