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PAUL GRIESSER, KOMBINIERTE RÄUME
Wohnzimmer, Eßzimmer und Schlafräume für den W.K.-Verband. I. Reihe
Besprochen von Dr. Wilhelm-Kästner, Essen. Mit 33 Aufnahmen von Richard Ziegler, Düsseldorf, und 6 Zeichnungen
Nach wie vor bleibt das Problem der Wohnungsgestaltung
aktuell. Nicht nur die architektonische Lösung beansprucht
stärkstes Interesse, vielmehr noch ist die Innenausstattung der
Räume eine brennende Frage der weitesten Kreise des all-
gemeinen Publikums. Immer wieder wird man konstatieren
können, daß Ausstellungen ganzer Wohnungseinrichtungen
oder auch einzelner Möbel größte Anziehungskraft ausüben.
Eine Hauptursache hierfür ist zweifellos darin zu suchen,
daß der Sinn für Wohnungskultur wieder lebendig geworden
ist, nachdem er durch die falsche Prunksucht des späten
19. Jahrhunderts vollkommen erstickt worden war. Man ist
sich jetzt endlich wieder des Raumgedankens bewußt geworden;
die Bedeutung des Raumes und die organische Verbunden-
heit von Zweckbestimmung und Ausstattung sind erkannt
worden. Es gibt jetzt wieder eine Raumkunst.
Eine solche Umstellung zur Pflege einer neuen Raumkunst
läßt sich aber nicht von heute zu morgen vollziehen. Neben
den allgemeinen Schwierigkeiten der heutigen Wirtschaftslage
bilden die oft noch wenig geklärten Anschauungen des Publi-
kums für die moderne Entwicklung ein Hindernis. Es bedeutet
daher einen großen Schritt vorwärts, wenn — in richtiger
Erkenntnis dieser Tatsachen — die im Verband Deutsche
Wohnungskunst e. V. zusammengeschlossenen Möbelfirmen
von führenden Künstlern vorbildliche Wohnungseinrichtungen
entwerfen und in eigenen Werkstätten herstellen lassen, um
so den Interessenten künstlerisch und technisch einwandfreie
Möbel zu bieten. Zu dieser praktischen Tat kommt noch die
ideelle der Werbung für die guten modernen Möbel und der
Beratung in raumkünstlerischen Fragen überhaupt, was einer
allgemeinen erzieherischen Wirkung hinsichtlich des künst-
lerischen Geschmacks des Publikums gleichkommt.
Der Gedanke, der bei den bisherigen Schöpfungen der
W.K.-Möbel zugrunde lag, war der, trotz serienmäßiger Her-
stellung doch individuelle Raumkunst zu schaffen. D. h., ein
ganz bestimmter individueller künstlerischer Entwurf einer
ganzen Zimmereinrichtung wurde in einer gewissen Anzahl
von Exemplaren ausgeführt und der Herstellungspreis des
einzelnen Zimmers dadurch relativ so niedrig gehalten, daß
es dem Käufer möglich war, sich Raumgestaltungen erster
Künstler zu erschwinglichem Preise zu sichern.
Zwei Bedenken standen einer vollkommenen Popularisierung
derartiger W.K.-Möbelschöpfungen allerdings noch entgegen:
Die den Interessenten zur Verfügung stehenden Räume ent-
sprechen in den meisten Fällen ihrer Größe und ihren Ver-
hältnissen nach nicht der gewählten Zimmereinrichtung; Kom-
promisse waren dann vielfach nötig, vor allem bei einem
eventuellen späteren Wohnungswechsel, wie er bei unserem
System der Mietwohnungen so häufig eintritt. Noch wichtiger
ist aber die Tatsache, daß die Angehörigen des bürgerlichen
Mittelstandes aus wirtschaftlichen Gründen heute in den aller-
seltensten Fällen in der Lage sind, sich bei Gründung eines
Hausstandes sofort eine komplette Wohnungseinrichtung zu
beschaffen, zumal vielfach auch eine Beschränkung in der An-
zahl der zur Verfügung stehenden Räume selbst notwendig
ist. Es muß daher neben der kulturellen und künstlerischen
Bedeutung auch als eine soziale Tat angesprochen werden, daß
der W.K.-Verband neue Möbelserien in aufeinander abge-
stimmten Einzelstücken entwerfen ließ, die diesen Voraus-
setzungen Rechnung tragen. Der W.K.-Verband traf eine
glückliche Wahl als er in Professor Paul Griesser, Bielefeld,
eine der bekanntesten Persönlichkeiten unter den jüngeren
Führern der modernen Raumkunstbewegung, mit dieser
schwierigen Aufgabe betraute.
Professor Griesser schuf ein System kombinierbarer Räume,
vom W.K.-Verband unter der Spitzmarke „Das W.K.-Aufbau-
heim" herausgebracht. Der entscheidende Gesichtspunkt beim
Entwurf dieser Möbel war der, nicht eine oder mehrere
individuelle Zimmereinrichtungen zu bieten, sondern eine
einheitliche Serie von Möbeln für eine ganze Wohnung. Es
wurden gewissermaßen die Grundtypen einer Wohnungs-
einrichtung in einheitlicher künstlerischer Formenprägung ge-
schaffen. Aus diesen Elementen kann nun nach Belieben ein
Wohnzimmer, ein Eßzimmer, ein Herrenzimmer oder ein
Schlafzimmer zusammengestellt werden, ohne daß der künst-
lerische Gesamtcharakter der Raumwirkung beeinträchtigt
würde. Es liegt gar kein fester Plan für eine bestimmte Aus-
möblierung oder unbedingt zu verwendende Möbelkombi-
nation vor. Der ungeheure Vorteil dieses Systems liegt klar
auf der Hand. Aus den vorhandenen Einzeltypen dieser
Möbel kann der Interessent ganz seinem individuellen Be-
darf entsprechend die Stücke auswählen, die zur Ausstattung
seiner Wohnung nötig sind. Ob es sich nun hierbei um eine
Typenübersicht zu den kombinierten W. K.-Räumen
MOD. BAUFORMEN 30. X, 1
PAUL GRIESSER, KOMBINIERTE RÄUME
Wohnzimmer, Eßzimmer und Schlafräume für den W.K.-Verband. I. Reihe
Besprochen von Dr. Wilhelm-Kästner, Essen. Mit 33 Aufnahmen von Richard Ziegler, Düsseldorf, und 6 Zeichnungen
Nach wie vor bleibt das Problem der Wohnungsgestaltung
aktuell. Nicht nur die architektonische Lösung beansprucht
stärkstes Interesse, vielmehr noch ist die Innenausstattung der
Räume eine brennende Frage der weitesten Kreise des all-
gemeinen Publikums. Immer wieder wird man konstatieren
können, daß Ausstellungen ganzer Wohnungseinrichtungen
oder auch einzelner Möbel größte Anziehungskraft ausüben.
Eine Hauptursache hierfür ist zweifellos darin zu suchen,
daß der Sinn für Wohnungskultur wieder lebendig geworden
ist, nachdem er durch die falsche Prunksucht des späten
19. Jahrhunderts vollkommen erstickt worden war. Man ist
sich jetzt endlich wieder des Raumgedankens bewußt geworden;
die Bedeutung des Raumes und die organische Verbunden-
heit von Zweckbestimmung und Ausstattung sind erkannt
worden. Es gibt jetzt wieder eine Raumkunst.
Eine solche Umstellung zur Pflege einer neuen Raumkunst
läßt sich aber nicht von heute zu morgen vollziehen. Neben
den allgemeinen Schwierigkeiten der heutigen Wirtschaftslage
bilden die oft noch wenig geklärten Anschauungen des Publi-
kums für die moderne Entwicklung ein Hindernis. Es bedeutet
daher einen großen Schritt vorwärts, wenn — in richtiger
Erkenntnis dieser Tatsachen — die im Verband Deutsche
Wohnungskunst e. V. zusammengeschlossenen Möbelfirmen
von führenden Künstlern vorbildliche Wohnungseinrichtungen
entwerfen und in eigenen Werkstätten herstellen lassen, um
so den Interessenten künstlerisch und technisch einwandfreie
Möbel zu bieten. Zu dieser praktischen Tat kommt noch die
ideelle der Werbung für die guten modernen Möbel und der
Beratung in raumkünstlerischen Fragen überhaupt, was einer
allgemeinen erzieherischen Wirkung hinsichtlich des künst-
lerischen Geschmacks des Publikums gleichkommt.
Der Gedanke, der bei den bisherigen Schöpfungen der
W.K.-Möbel zugrunde lag, war der, trotz serienmäßiger Her-
stellung doch individuelle Raumkunst zu schaffen. D. h., ein
ganz bestimmter individueller künstlerischer Entwurf einer
ganzen Zimmereinrichtung wurde in einer gewissen Anzahl
von Exemplaren ausgeführt und der Herstellungspreis des
einzelnen Zimmers dadurch relativ so niedrig gehalten, daß
es dem Käufer möglich war, sich Raumgestaltungen erster
Künstler zu erschwinglichem Preise zu sichern.
Zwei Bedenken standen einer vollkommenen Popularisierung
derartiger W.K.-Möbelschöpfungen allerdings noch entgegen:
Die den Interessenten zur Verfügung stehenden Räume ent-
sprechen in den meisten Fällen ihrer Größe und ihren Ver-
hältnissen nach nicht der gewählten Zimmereinrichtung; Kom-
promisse waren dann vielfach nötig, vor allem bei einem
eventuellen späteren Wohnungswechsel, wie er bei unserem
System der Mietwohnungen so häufig eintritt. Noch wichtiger
ist aber die Tatsache, daß die Angehörigen des bürgerlichen
Mittelstandes aus wirtschaftlichen Gründen heute in den aller-
seltensten Fällen in der Lage sind, sich bei Gründung eines
Hausstandes sofort eine komplette Wohnungseinrichtung zu
beschaffen, zumal vielfach auch eine Beschränkung in der An-
zahl der zur Verfügung stehenden Räume selbst notwendig
ist. Es muß daher neben der kulturellen und künstlerischen
Bedeutung auch als eine soziale Tat angesprochen werden, daß
der W.K.-Verband neue Möbelserien in aufeinander abge-
stimmten Einzelstücken entwerfen ließ, die diesen Voraus-
setzungen Rechnung tragen. Der W.K.-Verband traf eine
glückliche Wahl als er in Professor Paul Griesser, Bielefeld,
eine der bekanntesten Persönlichkeiten unter den jüngeren
Führern der modernen Raumkunstbewegung, mit dieser
schwierigen Aufgabe betraute.
Professor Griesser schuf ein System kombinierbarer Räume,
vom W.K.-Verband unter der Spitzmarke „Das W.K.-Aufbau-
heim" herausgebracht. Der entscheidende Gesichtspunkt beim
Entwurf dieser Möbel war der, nicht eine oder mehrere
individuelle Zimmereinrichtungen zu bieten, sondern eine
einheitliche Serie von Möbeln für eine ganze Wohnung. Es
wurden gewissermaßen die Grundtypen einer Wohnungs-
einrichtung in einheitlicher künstlerischer Formenprägung ge-
schaffen. Aus diesen Elementen kann nun nach Belieben ein
Wohnzimmer, ein Eßzimmer, ein Herrenzimmer oder ein
Schlafzimmer zusammengestellt werden, ohne daß der künst-
lerische Gesamtcharakter der Raumwirkung beeinträchtigt
würde. Es liegt gar kein fester Plan für eine bestimmte Aus-
möblierung oder unbedingt zu verwendende Möbelkombi-
nation vor. Der ungeheure Vorteil dieses Systems liegt klar
auf der Hand. Aus den vorhandenen Einzeltypen dieser
Möbel kann der Interessent ganz seinem individuellen Be-
darf entsprechend die Stücke auswählen, die zur Ausstattung
seiner Wohnung nötig sind. Ob es sich nun hierbei um eine
Typenübersicht zu den kombinierten W. K.-Räumen
MOD. BAUFORMEN 30. X, 1