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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Lüttich, Rudolf: Der Heidelberger Schloßgarten im XVIII Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0048

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Rudolf Lüttich

Die Gartenanlage Friedrichs V. und seines Architekten Salomon de Gaus ist aus den Gemälden
von J. Fouquiere im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg und Merianschen Stichen hinlänglich bekannt1.
Sie weicht der Versuchung aus, einen vom Gelände an die Hand gegebenen steilen Berggarten mit schmalen
Terrassen zu gestalten. Indem eine breite Hauptterrasse auf Bogennischen gelegt und auf den Friesen-
berg herumgeführt wurde, lagerte sich das ganze Schloß für den Blick von Norden auf eine verbreiterte,
stark wirkende Basis. Für den Garten aber ergab sich eine hinreichend große Fläche, um hier mannig-
faltigst gestaltete Gartenfelder aneinanderzureihen. Den begleitenden schmalen Terrassen war wenig
Interesse zugewandt. Gewährte nur die oberste Terrasse im Osten von den offenen Kabinetts aus den
Überblick über den ganzen Garten, dann war des Künstlers Absicht erfüllt2. »Richtung* hatte dieser
Garten keine. Wenn man sonst die niederen Parterres an die Eingangsseite des Gartens lagerte, de Gaus
legte sie entgegengesetzt, an die Ostseite zu Füßen der offenen Kabinetts. Anderseits zeigt die Anlage
eines Eingangshauses das Bestreben, dem Garten eine architektonische Basis zu geben, welche die Schloß-
gruppe nicht bilden konnte. Diese Unsicherheit in der künstlerischen Komposition hat dem an ausgereifte
Gartenwerke des 17. Jahrhunderts gewöhnten Blick Anlaß zur Kritik gegeben3.
Für den Gartenkünstler des 18. Jahrhunderts war die überkommene Anlage, mochte sie auch
niemals zur geplanten Vollendung gekommen sein, unannehmbar. Der Versailler Garten, das große Vorbild,
hatte das Gelände in wenige Ebenen mit sanften Übergängen zerlegt, seine Nachfolger waren von diesem
planierten Garten schon zum fast ebenen Garten übergegangen4. Ein Aufblick auf Gartenteile von einem
Umgang oder Terrassen war veraltet. Vor allem aber wurde ein Hauptweg als beherrschende Achse
verlangt, von der nicht nur die Nebenwege ausstrahlten, sondern um die auch die Gartenteile in strenger
Regelmäßigkeit zu beiden Seiten zu lagern waren. Der Garten mußte Richtung haben, d. h. von der
architektonischen Basis, dem Schlosse aus, für den Blick sich entwickeln mit Hilfe der Strahlenperspektive
der Wege und einem den Blick auffangenden Abschluß in Gestalt eines Architekturwerkes, einer Fontäne.
Diese Formelemente des barocken Gartens in Heidelberg einzuführen, bestand die größte Schwierigkeit.
Zunächst machte man sich die Aufgabe dadurch leicht, daß man nur die Hauptebene des Gartens
in die neue Gestaltung einbezog, die Terrassen einfach außer acht ließ». Da die Treppenverbindung sehr
primitiv war, zur untersten Terrasse kaum noch bestand, ergaben sich von dieser Seite keine Störungen
des Bildes. Eine Vereinfachung der Aufgabe bedeutete es auch, daß die östliche, heute Große Terrasse,
nicht der barocken Durchformung unterworfen wurde.
Bemerkenswert ist nun, daß man sich durch die Wegeführung der de Caus’schen Anlage bestimmen
ließ, nicht eine Hauptachse durchzuführen, sondern zwei gleichwertige nebeneinander bestehen zu lassen.
Vielleicht daß das Gartenhaus, das an der ihm von de Gaus zugewiesenen Stelle noch irgendwie stand,
den Plan beeinflußte. Von diesem abgesehen, sind jetzt aber beide Wege ins Gleichgewicht gerückt
worden. Daß man statt der in der Breite gleichen Gartenfelder bei de Caus nun das mittelste verbreiterte,
1 Badische Kunstdenkmäler 8, Figuren 51, 52, dazu Edelmeier, Mitteilungen VII 19; Figur 523.
2 Salomon de Caus, Hortus Palatinus. Frankfurt 1620. Die vier offenen Kabinetts ,,gehen über die anderen herfur,
weil sie uff ein solchen Platz gestellt sind, davon man fast den gantzen Garten übersehen kann“. (Deutsche Ausgabe.)
3 A. Grisebach a. a. O. S. 36.
4 H. Rose, Spätbarock 1922, S. 51.
6 Zum folgenden Abb. 1 und 2.
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