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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0145
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144 V. Bischofsabsetzung durch den Papst: Gunthar von Köln und Thietgaud von Trier 863

(866)564. Die Ausstattung der Bischofsstadt mit Kollegiatstiften hat er eifrig be-
trieben565.
Thietgaud von Trier entstammt einer der wichtigsten Adelsfamilien im Saar-
Mosel-Raum und war entfernt mit den Karolingern verwandt. Sein Bruder
Grimald war Abt von Weißenburg und enger Vertrauter Ludwigs des Deut-
schen. Sein Onkel Hetti war sein Vorgänger auf dem Trierer Bischofsstuhl ge-
wesen. Wie Hetti und andere Bischöfe von Trier, war Thietgaud Abt von Mett-
lach566. Die beiden entstammten demnach der obersten fränkischen Führungs-
schicht. Sie standen in engem Kontakt mit ihrem König Lothar II. und vermutlich
nicht erst seit 855 mit ihm, sondern auch schon mit seinem Vater567.
5.2. Diplomatie, Militär
Welche Strategien wählten sie nun, um sich gegen die Absetzung zu wehren?
Zunächst suchten sie zu Beginn des Jahres 864 unmittelbar nach der Abset-
zung die persönliche Unterstützung des Kaisers Ludwigs II. Dieser zog mit
einem Heer nach Rom. Hinkmar von Reims berichtet in seinen Annalen, dass
Ludwig auf Anstiftung Gunthars in der Absetzung der Gesandten seines Bru-
ders eine persönliche Beleidigung sah und vor Wut zog er zusammen mit
Gunthar und Thietgaud und mit seiner Frau nach Rom, mit dem Ziel, die Wie-
dereinsetzung der Bischöfe zu erlangen568. Eine Wiedereinsetzung hatte Papst
Nikolaus I. in den Kapiteln der römischen Synode nicht ausdrücklich ausge-
schlossen569. Der Kaiser bedrohte den Papst und die kaiserlichen Truppen wü-
teten in Rom, doch konnte sich Nikolaus auf ein Schiff retten und der Kaiser
musste wegen einer plötzlichen Krankheit seinen Feldzug abbrechen570. Auf
Vermittlung der Königin kam es zu Verhandlungen zwischen Ludwig II. und
Nikolaus I. Der Kaiser befahl daraufhin Gunthar und Thietgaud, die weiter
abgesetzt blieben, mit ihm nach Francien zurückzukehren.

564 Zur Urkunde von 866 vgl. Schieffer, Domkapitel; Bauer, Lotharingen. In der Urkunde wird er
nicht mehr als Erzbischof, sondern als gubernator bezeichnet.

565 Vgl. Schneider, Auf der Suche, S. 162.

566 Vgl. Schneider, Auf der Suche, S. 299.

567 Vgl. Fleckenstein, Hofkapelle 1, S. 89, S. 134.

568 Annales Bertiniani ad. 864, ed. Grat, S. 105 f.

569 Aber auch nicht zugesagt, die Formulierung lautete, dass sie falls sie sich nicht des priesterlichen
Amtes enthalten, keinerlei Hoffnung auf Wiedereinsetzung haben dürften: c. 2, MGH Cone. IV,
S. 153, 14ff als Zitat aus Antiochia 341 c. 4.

570 Hinkmars Schilderung des Feldzuges gegen den Papst ist durchweg negative: die Truppen
wüten in Rom und beschädigen Reliquien. Der Schuldige an der Zerstörung einer Kreuzreliquie
starb aber laut Hinkmar wenige Tage später (Annales Bertiniani ad. a. 864, ed. Grat, S. 106) — ihn
ereilte also die himmlische Strafe für sein frevlerisches Tun.
 
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