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VI. Wo und von wem werden Bischöfe abgesetzt?
waren. Eine vorher abgesprochene Inszenierung dürfte anders aussehen. Von
einem strikten „Stage managenment" ist daher auch bei Bischofsabsetzungen im
9. Jahrhundert nicht auszugehen720 . Auch der rechtliche Gegenstand der Bi-
schofsabsetzung umschließt weltliche und geistliche Sphären. Von König Karl
dem Kahlen wurden die Bischöfe als Rebellen angesehen, doch gleichzeitig
wurden ihre Vergehen an den Maßstäben gemessen, die an ihr geistliches Amt
angelegt wurden.
Rituale der Konfliktlösung wie öffentliche Sündenbekenntnisse oder Ge-
horsamseide waren Verhaltensformen, die auf diesen Versammlungen bei Bi-
schofsabsetzungen stattfanden. Doch was die einzelnen Akteure mit diesen
Handlungen verbanden, ist nur in wenigen Fällen zu entschlüsseln721. Die Ri-
tuale an sich lassen noch nicht so sehr auf die politische Kultur schließen, als
vielmehr die Erzählungen darüber und die Kämpfe um ihre Deutung. Aus dem
Westfrankenreich sind hier dank der Konflikte rund um Bischofsabsetzungen
Texte produziert worden, die Einblick in diese nachträglichen Interpretationen
von Ritualen bieten.
Der Hof war zwar das entscheidende Forum bei den Absetzungen von Hinkmar
von Laon und Rothad von Soissons, welcher Teilnehmerkreis damit aber um-
schlossen wurde und welche Akteure die treibende Kraft waren, ist nicht ein-
dimensional zu beantworten, sondern unterlag einer Dynamik, die jeweils nur
die Untersuchung des Einzelfalls enthüllen kann.
720 Kritisch zum „Stage management" äußert sich auch Airlie, Talking Heads.
721 Vgl. dazu die grundlegende Kritik Philippe Bucs am „optimistischen" ALTHOFF'schen Vorgehen,
aus den Ritualen auf die politische Kultur rückzuschließen. Buc, Text and Ritual, hier S. 138 mit
Anm. 50.
VI. Wo und von wem werden Bischöfe abgesetzt?
waren. Eine vorher abgesprochene Inszenierung dürfte anders aussehen. Von
einem strikten „Stage managenment" ist daher auch bei Bischofsabsetzungen im
9. Jahrhundert nicht auszugehen720 . Auch der rechtliche Gegenstand der Bi-
schofsabsetzung umschließt weltliche und geistliche Sphären. Von König Karl
dem Kahlen wurden die Bischöfe als Rebellen angesehen, doch gleichzeitig
wurden ihre Vergehen an den Maßstäben gemessen, die an ihr geistliches Amt
angelegt wurden.
Rituale der Konfliktlösung wie öffentliche Sündenbekenntnisse oder Ge-
horsamseide waren Verhaltensformen, die auf diesen Versammlungen bei Bi-
schofsabsetzungen stattfanden. Doch was die einzelnen Akteure mit diesen
Handlungen verbanden, ist nur in wenigen Fällen zu entschlüsseln721. Die Ri-
tuale an sich lassen noch nicht so sehr auf die politische Kultur schließen, als
vielmehr die Erzählungen darüber und die Kämpfe um ihre Deutung. Aus dem
Westfrankenreich sind hier dank der Konflikte rund um Bischofsabsetzungen
Texte produziert worden, die Einblick in diese nachträglichen Interpretationen
von Ritualen bieten.
Der Hof war zwar das entscheidende Forum bei den Absetzungen von Hinkmar
von Laon und Rothad von Soissons, welcher Teilnehmerkreis damit aber um-
schlossen wurde und welche Akteure die treibende Kraft waren, ist nicht ein-
dimensional zu beantworten, sondern unterlag einer Dynamik, die jeweils nur
die Untersuchung des Einzelfalls enthüllen kann.
720 Kritisch zum „Stage management" äußert sich auch Airlie, Talking Heads.
721 Vgl. dazu die grundlegende Kritik Philippe Bucs am „optimistischen" ALTHOFF'schen Vorgehen,
aus den Ritualen auf die politische Kultur rückzuschließen. Buc, Text and Ritual, hier S. 138 mit
Anm. 50.