Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0183
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
182

VII. Bischofsabsetzungen bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts

auch ein verlorenes Immunitätsprivileg der Reimser Kirche, ausgestellt für Ebo
von Ludwig. Warum Flodoard manche Urkunden nur anführt, andere aus-
schreibt, bleibt offen. Er listet die Urkunden hintereinander auf, es handelt sich
bei allen um Urkunden für Ebo. Eigene Schriften Ebos werden — mit Ausnahme
des Briefes an Halitgar — gar nicht erwähnt. Flodoard stellt Ebo als einen eng an
den Hof gebundenen, einflussreichen Bischof vor, der sich gleichzeitig vorbild-
lich um seine Diözese kümmert. Deshalb erscheint Ebo laut Patzold als idealer
Reichsbischof — lange vor der ottonischen Epoche. Doch Flodoard schafft durch
diese Auswertung des Archivs und durch die Präsentationstechnik den idealen
Reichsbischof Ebo erst für seine Gegenwart. Ohne Zweifel lagen ihm diese
Quellen alle vor, das ist Voraussetzung für diese Beurteilung, und Flodoard
musste ein bestimmtes Interesse mitbringen, um das Bild zu schaffen.
Flodoard erwähnt knapp die Missionstätigkeit Ebos bei den Dänen, hierzu
verwendet er die Reichsannalen753. Danach folgt ein Auszug aus Thegan zur
Absetzung Ludwigs des Frommen in Compiegne, der stark gekürzt ist, negative
Aussagen und persönliche Angriffe Thegans auf Ebo ließ Flodoard weg754 — sie
würden sein Bild des idealen Bischofs, der stets um sein Bistum bemüht war,
stören. Weitere Ausführungen zu den Ereignissen selbst gibt er ebenfalls nicht
und benutzt hier interessanterweise nicht die Annales Bertiniani, in denen die
Ereignisse sehr ausführlich geschildert werden — obwohl er die Annalen nach-
weislich kannte und vermutlich sogar ein Arbeitsexemplar besaß755. Flodoard
widmet der Absetzung Ludwigs, die unvermittelt in seinem Werk auftaucht, nur
acht Zeilen. Warum, kann nicht eindeutig beantwortet werden. War der Hin-
tergrund Flodoard selbst nicht mehr bekannt (Schuldbekenntnis, Buße Lud-
wigs)? Oder konnte er ihn im Gegenteil als bekannt voraussetzen? An die ver-
kürzte und auch an sich knappe Theganstelle knüpft Flodoard direkt mit der
Inserierung der Visio Raduini an, die das vorher dargestellte enge Verhältnis
zwischen Ludwig und Ebo zum Thema hat und schon auf die negative Wendung
einstimmt.

Fromme der Reimser Kirche das servitium regis für die Aachener Pfalz zugunsten des Neubaus

der Reimser Kathedrale (die Urkunde ist nur bei Flodoard überliefert. Datiert auf 817-825,

unecht; Druck: Urkunden Ludwigs des Frommen, ed. Kölzer, Bd. 2, Nr. +245, S. 611-614); In der

anderen geben Ludwig und Lothar I. der Reimser Kirche entfremdetes Kirchengut zurück

(zwischen 826 und 830; Druck: Urkunden Ludwigs des Frommen, ed. Kölzer, Bd. 2, Nr. 289,

S. 720-22).

753 Übrigens die einzige Erwähnung Ebos aus den Reichsannalen, die deutlich macht, dass die
Bischöfe (noch) nicht im Berichts- und Interessenshorizont des Autors standen. Vgl. Pätzold,
Episcopus, S. 49-60 zu dem Vergleich zwischen den Annales Regni Francorum und der Chronik
Reginos von Prüm.

754 Thegan bezeichnet Ebo als unverschämt und grausam und gibt als perfiden Hinweis noch die
Information, dass er aus einem Geschlecht von Knechten stammt, betont also seine unfreie
Herkunft. Zur Haltung Thegans s. o. Anm. 189. Zur Herkunft Ebos macht Flodoard hingegen
überhaupt keine Aussagen. Zur Bearbeitung historiographischer Vorlagen durch Flodoard vgl.
Stratmann, Einleitung zur Edition. Flodoard muss von den Annalen von St. Bertin, den
Reichsannalen, von Gregor von Tours und Thegan Arbeitsexemplare besessen haben. Über diese
Exemplare ist aber nichts bekannt.

755 S. vorherige Anm.
 
Annotationen