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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0194
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4. Der Bistumsstreit bei Flodoard: Synoden, Bischöfe und der Papst

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nach kanonischen Vorschriften vorzugehen und auf Synoden über den An-
spruch der beiden Gegner Hugo und Artold zu verhandeln. Zwei Synoden, in
Verdun 947 und Mouzon 948, wurden zunächst einberufen797. Vor diesen Syn-
oden hatte ein Treffen König Ludwigs IV. von Westfranken und Ottos I. von
Ostfranken an der Chiers stattgefunden. Die Anhänger Hugos sprachen den
Versammlungen keinerlei Autorität zu und argumentierten anscheinend mit
dem Fehlen des synodalen Charakters. So wird es jedenfalls im Libellus Artoldi
dargestellt798. Über beide Synoden berichtet nur Flodoard, Synodalakten sind
nicht überliefert. Laut Flodoard weigerte sich Hugo, an den Synoden teilzu-
nehmen, legte aber in Mouzon einen Brief des Papstes Agapet vor, den Reimser
Suffragane erwirkt haben sollen, und der vorschrieb, ihn wieder in die Bi-
schofswürde von Reims einzusetzen799. Flodoard kommentiert in der Historia —
und hier stützt er sich wieder auf seinen Annaleneintrag — dass der Brief „nichts
von kanonischer Autorität" enthalte (nichil auctoritatis canonicae continentes). Der
Brief enthielt also keine Kanones-Zitate. Nach Flodoards Darstellung fehlte in
den Augen der Synodalteilnehmer dem Brief daher die notwendige kirchen-
rechtliche Grundlage. Die versammelten Bischöfe beschlossen, sich in dieser
Angelegenheit nicht von einem päpstlichen Schreiben leiten zu lassen, sondern
kanonisch vorzugehen. Sie beriefen sich darauf, dass sie bereits mit päpstlichem
Legationsauftrag eine Untersuchung begonnen hätten. Das bedeutet, sie kon-
sultierten eine Kirchenrechtssammlung (hier die Dionysio-Hadriana) und rezi-
tieren das Kapitel 19 des Konzils von Karthago 419 über Angeklagten und An-
kläger. Auf dieser Grundlage entschieden sie, dass Artold wieder in die comm-
unio aufzunehmen und ihm die Diözese Reims zurückzugeben sei. Hugo aber,
der zwei Synoden, zu denen er geladen war, ferngeblieben war, solle sich der
Kommunion und der Ausübung der bischöflichen potestas im Bistum (episcopi-
um) fernhalten bis eine Universalsynode abgehalten wird. Wieder keine Rede
von einem ministerium.
Aber die Bischöfe konnten offenbar allein keine Entscheidung herbeiführen.
Daher wandte Artold sich mit einer Proklamation an Rom. Papst Agapet sandte
daraufhin seinen Legaten Marinus zu König Otto, um eine Generalsynode zu-
sammenzurufen und zu versammeln. Die Synode fand 948 in der Remigiuskir-
che in Ingelheim im ottonischen Reich statt800.

797 Beide Synoden sind nur historiographisch überliefert vgl. Schröder, Synoden, S. 259, 261.

798 MGH Cone. VI,1, S. 155,5.

799 Regest: Papstregesten RI 11,5 Nr. 218.

800 Edition der Synodalakten Cone. VI,1, ed. Hehl, S. 136-163; Vgl. Wolter, Synoden, S. 45 f.
 
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