5. Abbos Schriften — Produkte von Konflikten
251
und die Erhöhung der res publica. Er habe mit aller Macht hinterhältigem Gerede
widersprochen und auf zahlreichen Versammlungen Barmherzigkeit und
Wahrheit nicht verschwiegen. Er bittet Gott ihn vor ungerechten und trügeri-
schen Menschen zu retten1049. Mit diesem Psalmzitat spielt er wohl direkt auf die
Konzilien von St. Basie und St. Denis an1050.
Da Abbo hier über seine Feinde spricht, erwähnt er in diesem Zusammen-
hang auch die gewalttätigen Übergriffe auf ihn. Seine Feinde verfolgen ihn mit so
viel Hass, dass selbst die königliche Majestät sie nicht davon abzuhalten ver-
möge, ihn heimlich totzuschlagen, sollten ihnen Ort und Zeit günstig sein1051. Er
nennt aber keine Namen, greift Arnulf von Orleans nicht persönlich an und
räumt den Königen so die Möglichkeit ein, ihr Gesicht zu wahren und zwar die
Tat selbst, nicht aber einen ihrer wichtigsten Berater zu verurteilen1052.
Gleichwohl ist Abbo bereit, sich dem kanonischen Urteil der Bischöfe zu
unterwerfen1053. Das soll auf einem Konzil erfolgen, dass er sich wie in Chalcedon
vorstellt: mit 200 oder wie manche meinten gar 1200 Bischöfen, vom Kaiser auf
das großzügigste ausgestattet, damit sie alle Häretiker von sich stoßen und über
katholische und apostolische Lehre zu beraten1054. Der Kaiser und seine Frau
hätten die Beschlüsse des Konzils in Form eines Chirographs öffentlich ver-
kündet.
Abbo rät den Königen Hugo und Robert, sich an diesem Vorbild zu orien-
tieren1055. Offene Kritik an der Konzilspraxis seiner Zeit übt er nicht, jedoch ist sie
zwischen den Zeilen deutlich zu lesen. Schon die von ihm hier genannten Teil-
nehmerzahlen lassen vermuten, dass er die Synoden von St. Basie und St. Denis
als nicht ernstzunehmende unautorisierte Ansammlungen einiger Bischöfe an-
sah, die den Namen Konzil nicht verdient hätten.
Abbo stellt also keineswegs die Autorität der Bischöfe an sich in Frage. Aber
ein Konzil muss seinen Namen auch verdienen und in Abbos Augen die Ge-
samtkirche repräsentieren. Die Beteiligung der Könige lehnt er nicht ab, ganz im
1049 Migne PL 139, Sp. 462 D; Psalm 43,1.
1050 Auffällig ist zudem, dass er hier eine Stelle zitiert, in der „concilium" als Versammlung der
gesamten Gemeinde zu verstehen ist. Gerbert hat in seinen Briefen zur Rechtfertigung von St.
Basle ebenfalls auf diese Bedeutung angespielt, indem er wiederholt die Matthäus-Stelle zum
Umgang mit einem Sünder heranzog: zuerst solle der Sünder unter vier Augen ermahnt werden,
helfe dies nicht, darauf unter Heranziehung von zwei oder drei Zeugen, helfe auch dies nicht,
muss er vor die gesamte Gemeinde gebracht werden. Math. 18,17. Zitiert im Brief an Wilderod
von Straßburg vgl. MGH Cone. VI,2, S. 462, 18-21; auch angedeutet in S. 463, 21.
1051 Pro hujusmodi malis meo insidiantur sanguini, me succenturriatis insequuntur odiis adeo ut nee regia
majestas eos deterreat quin me clanculo trucident, si eis locus tempusve arrideat.
1052 Dachowski, First among abbots, S. 136.
1053 Es folgt die Erläuterung seines Konzilsverständnisses. Eingebettet ist dieser Abschnitt in einen
längeren Teil zum Thema Häresien und der königlichen Aufgabe, diese zu bekämpfen. Die
Erwähnung der Häresien und der Aufruf zur Bekämpfung mag eine Reaktion auf aktuelle
häretische Strömungen in Westfranken gewesen sein. Einige Jahre später sollte es im Orleanais
zu großen Problemen mit häretischen Bewegungen kommen. Dachowski, First among abbots,
S. 136 mit Anm. 31; Bautier, L'heresie.
1054 PL 139, Sp. 462C: quoad omnes haereticos a se repellerent.
1055 ...cujus piam religionem imitamini, domini nostri, Hugo et Rotberte, clarissimi reges...
251
und die Erhöhung der res publica. Er habe mit aller Macht hinterhältigem Gerede
widersprochen und auf zahlreichen Versammlungen Barmherzigkeit und
Wahrheit nicht verschwiegen. Er bittet Gott ihn vor ungerechten und trügeri-
schen Menschen zu retten1049. Mit diesem Psalmzitat spielt er wohl direkt auf die
Konzilien von St. Basie und St. Denis an1050.
Da Abbo hier über seine Feinde spricht, erwähnt er in diesem Zusammen-
hang auch die gewalttätigen Übergriffe auf ihn. Seine Feinde verfolgen ihn mit so
viel Hass, dass selbst die königliche Majestät sie nicht davon abzuhalten ver-
möge, ihn heimlich totzuschlagen, sollten ihnen Ort und Zeit günstig sein1051. Er
nennt aber keine Namen, greift Arnulf von Orleans nicht persönlich an und
räumt den Königen so die Möglichkeit ein, ihr Gesicht zu wahren und zwar die
Tat selbst, nicht aber einen ihrer wichtigsten Berater zu verurteilen1052.
Gleichwohl ist Abbo bereit, sich dem kanonischen Urteil der Bischöfe zu
unterwerfen1053. Das soll auf einem Konzil erfolgen, dass er sich wie in Chalcedon
vorstellt: mit 200 oder wie manche meinten gar 1200 Bischöfen, vom Kaiser auf
das großzügigste ausgestattet, damit sie alle Häretiker von sich stoßen und über
katholische und apostolische Lehre zu beraten1054. Der Kaiser und seine Frau
hätten die Beschlüsse des Konzils in Form eines Chirographs öffentlich ver-
kündet.
Abbo rät den Königen Hugo und Robert, sich an diesem Vorbild zu orien-
tieren1055. Offene Kritik an der Konzilspraxis seiner Zeit übt er nicht, jedoch ist sie
zwischen den Zeilen deutlich zu lesen. Schon die von ihm hier genannten Teil-
nehmerzahlen lassen vermuten, dass er die Synoden von St. Basie und St. Denis
als nicht ernstzunehmende unautorisierte Ansammlungen einiger Bischöfe an-
sah, die den Namen Konzil nicht verdient hätten.
Abbo stellt also keineswegs die Autorität der Bischöfe an sich in Frage. Aber
ein Konzil muss seinen Namen auch verdienen und in Abbos Augen die Ge-
samtkirche repräsentieren. Die Beteiligung der Könige lehnt er nicht ab, ganz im
1049 Migne PL 139, Sp. 462 D; Psalm 43,1.
1050 Auffällig ist zudem, dass er hier eine Stelle zitiert, in der „concilium" als Versammlung der
gesamten Gemeinde zu verstehen ist. Gerbert hat in seinen Briefen zur Rechtfertigung von St.
Basle ebenfalls auf diese Bedeutung angespielt, indem er wiederholt die Matthäus-Stelle zum
Umgang mit einem Sünder heranzog: zuerst solle der Sünder unter vier Augen ermahnt werden,
helfe dies nicht, darauf unter Heranziehung von zwei oder drei Zeugen, helfe auch dies nicht,
muss er vor die gesamte Gemeinde gebracht werden. Math. 18,17. Zitiert im Brief an Wilderod
von Straßburg vgl. MGH Cone. VI,2, S. 462, 18-21; auch angedeutet in S. 463, 21.
1051 Pro hujusmodi malis meo insidiantur sanguini, me succenturriatis insequuntur odiis adeo ut nee regia
majestas eos deterreat quin me clanculo trucident, si eis locus tempusve arrideat.
1052 Dachowski, First among abbots, S. 136.
1053 Es folgt die Erläuterung seines Konzilsverständnisses. Eingebettet ist dieser Abschnitt in einen
längeren Teil zum Thema Häresien und der königlichen Aufgabe, diese zu bekämpfen. Die
Erwähnung der Häresien und der Aufruf zur Bekämpfung mag eine Reaktion auf aktuelle
häretische Strömungen in Westfranken gewesen sein. Einige Jahre später sollte es im Orleanais
zu großen Problemen mit häretischen Bewegungen kommen. Dachowski, First among abbots,
S. 136 mit Anm. 31; Bautier, L'heresie.
1054 PL 139, Sp. 462C: quoad omnes haereticos a se repellerent.
1055 ...cujus piam religionem imitamini, domini nostri, Hugo et Rotberte, clarissimi reges...