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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Rheinisches Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0175

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Rheinisches Kunstleben.*

BASEL. (Sandreuter-Ausstellung. — Kaim-
Orchester. —- Hauptmanns „Weber“.) Die vornehm
ausgestattete Sandreuter-Ausstellung in der Kunsthalle erfreut
sich regen Besuches, namentlich auch von Fremden, die
erstaunt sind, in dem ihnen nicht oder nur als Böcklinschüler
oder „-Nachahmer“ bekannten Maler einen höchst eigen-
artigen Künstler, speziell einen grossen Landschafter und
Dekorateur kennen zu lernen. — Unser Wintermusikleben
beginnt auszuklingen, allerdings ganz besonders herrlich.
Wir hatten nämlich zwei exquisit feine Konzerte des Kaim-
Orchesters unter Felix Weingartners Leitung. — Dilettanten
(Arbeiter) haben Gerhart Hauptmanns „Weber“ aufgeführt,
recht brav, so dass man für die an diesem Stück begangene
Unterlassungssünde des Stadttheaters einigermassen ent-
schädigt sein konnte. -s-
MANNHEIM (Theater. — Musik. — Börse.)
Mit der ersten Aprilwoche hat man in Mannheim gewisser-
massen die Wintersaison abgeschlossen. Die künstlerischen
Veranstaltungen haben ihren Höhepunkt oder gar ihren
Abschluss erreicht, und auch sonst ist manches festlich
Anregende noch unter Dach und Fach gebracht worden.
Das „Moderne Theater“ hat sich aufgelöst. Das Hof-
theater hat in menschlich und kollegial liebenswürdiger
Weise sich bemüht, durch Beteiligung an einem Gesamt-
gastspiel zu gunsten der Truppe den üblen Eindruck zu ver-
wischen, den das „Moderne Theater“ durch den Vertrags-
bruch seines Direktors hier erfahren musste.
Der Burgschauspieler Kainz hat in klassischen und
modernen Rollen sein Gastspiel an drei Abenden erledigt.
Den nachhaltigsten Eindruck hat sein Cyrano gemacht. —
Die in den Wintermonaten üblichen acht „Musikalischen
Akademien“ mit den mehr oder minder glücklich gewählten
Solisten auf gesanglichem oder instrumentalem Gebiet sind
nunmehr absolviert. Wenn nicht alle Zeichen trügen, werden
diese höchst gediegenen und überaus stark besuchten Konzert-
veranstaltungen nächsten Winter wohl auf zwölf Aufführungen
erhöht, falls die Vermehrung des Orchesters, die ebenfalls
angestrebt wird, zustande kommt, und dieselben werden,
da sie seit ein paar Jahren ein Notunterkommen im Theater
nehmen mussten, in die dann vielleicht fertiggestellte
Festhalle verlegt werden. Durch seine bis jetzt öffentlich
nicht ganz klar gelegte Geschäftsführung musste der Ver-
treter des Herrn Bruno Schmitz von der Leitung des Fest-
* Die Berichte aus Berlin, München und Wien mussten
diesmal ausfallen, ebenso die Buchbesprechungen.

hallebaubüreaus enthoben werden. Das zu Pfingsten für
hier projektiert gewesene badische Sängerbundfest ist mit
Rücksicht auf die bis dahin nicht zur Vollendung gelangende
Festhalle auf nächstes Jahr verschoben worden.
Als ein Letztes und für Mannheim Bedeutungsvolles
möchte ich noch die festliche Einweihung der „Börse“
erwähnen, die unter Anwesenheit dreier badischer Minister,
der staatlichen und städtischen Behörden stattgefunden hat.
Über das Gebäude selbst und noch einige andere auf den
Handel und Verkehr hier Bezug habende Neuerstellungen
möchte ich das nächste Mal im Zusammenhang berichten.
Die Eifel, mit der dieses Heft sich vorzugsweise be-
schäftigt, ist in Mannheim vor einiger Zeit durch eine
reichhaltige Sammlung Vo 1 k m a n n scher Bilder vortrefflich
eingeführt worden. J. A. B.
FRANKFURT a. M. (Unsere Anlagen. — Wissen-
schaftliche Stiftung. — Schauspielhaus. — Kunst-
verein.) Unsere Frühlingssonne bescheint einmal wieder das
Umhacken schöner ehrwürdiger Bäume und zu Ehren einer
kleinen Minorität muss gesagt werden, dass sich wenigstens
dieser dabei ein bitteres Gefühl bemächtigt. Den meisten Ein-
wohnern ergeht es aber wie andern Grossstädtern, die mo-
discherweise irgend eine Stilübung aus Stein und Kalk den
schattigsten Eichen vorziehen. Und da, wo ein breiter Rasen
unsere Augen mit Grün sättigen könnte, ist ganz gewiss ein
prächtiges Blumenbeet, womöglich noch ein Blumenkorb ein-
geklebt. Solche Gärtner, die nicht etwa städtisch sind, vielmehr
eine Firma repräsentieren, würden sogar mitten so aus ihren
Zierpflanzen noch ihre deutliche Adresse auf einem Querholz
ragen lassen, ebenso wie ein unterthänigster Geburtstags-
Dichter niemals Namen, Strasse und Stockwerk anzugeben
vergisst, oder Leinengeschäfte, die Menschen zwingen, auf
ihrer reinsten Unterwäsche ein viertel Dutzend grosser blauer
Firmenstempel zu tragen. Was uns gleich den meisten
deutschen Plätzen fehlt, ist ein Stadtgarten wie die Aue in
Kassel, wo man die Farbenpracht von Blumen verschmäht
und nur weite Grasflächen mit prachtvollen Baumgruppen
abwechseln, von einem ruhigen klaren Wasser durchschnitten.
Ein berühmter Landschafter und zwar Steinhausen gestand
mir einmal, dass es ihn nach einem Frühlingsmorgen in
jener Aue nicht mehr in die Gemälde-Galerie ziehe, so
stark verblasse alsdann die grosse Kunst sogar gegen die Natur
selbst. Inzwischen schafft der kühne und stille Unter-
nehmungsgeist unseres Oberbürgermeisters eine wissenschaft-
liche Stiftung nach der andern, so jetzt wieder eine solche
für Philologie und Geschichte. Auf diese Weise dürfte

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