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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Schäfer, Wilhelm: Der deutsche Künstlerbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0018

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DER DEUTSCHE KÜNSTLERBUND f.

Da ist Kalckreuth mit seinem schönen Herren-
porträt, die gelassene Ruhe eines Menschen und
seines Malers gleich fest bezeugend; mit seinem
Velasquez - Töchterchen, gefährlich an den
größeren Meister mahnend, aber wer hätte
außer Kalckreuth den Mut, solchen Vergleich
herauszufordern ? — Da ist Thomas Theodor
Heine unerwartet mit einem kleinen nicht stili-
sierten Bild Stöhrnäherin, vielen Impressionis-
mus dieser Ausstellung durch Frische und
Farbe überragend. Da ist Gregor von Boch-
mann mit zwei seiner feinen Bildchen, leider
nicht mit einer
seiner größeren
Skizzen, damit die
ans Grobe gewöhn-
ten Augen die Vor-
züge seiner Mal-
kunst sähen. Mit
diesen Meistern ist
dem Saal ein Klang
gegeben, der alle
Mißtöne über-
klingt; aber daß
solche Mißtöne
auch hier krei-
schend hinein-
schreien, ist trau-
rig. Warum hier
nicht noch hinein
mit Slevogt, Hai-
der, Thoma, Dill
und einigen an-
dern? Dann war
ein Saal da, der
mit dem Klimt-
und Hodler-Zim-
mer die Ruhe der-
maßen hielt, daß
alles Kleingewäs-
ser so schlampig
plätschern konnte
wie es mochte.

Man hat das
nicht gewollt: man
hat, wie wenn
man ihre Belang-
losigkeit beweisen
wollte, vier Stucks
nebeneinander gehängt, alle aus dem selben
Farbentopf gemalt, in souveräner Weise durch
den Stoff und billigste Effekte ein blödes Publi-
kum verhöhnend, dem sein Stuck sein Gott
ist; man hat anscheinend in der gleichen Ab-
sicht A. von Keller hineingestellt, den andern
Münchener Salonmodernen, noch ärmlicher ver-
zichtend. Dann aber als Clou des Saales und
der ganzen Ausstellung Louis Corinth: Das
Leben. Und darüber muß doch wohl einmal
besonders gesprochen werden. Man hört die
Namen Slevogt und Corinth so oftmals bei-

einander, wie wenn das gleiche Brüder wären;
es gibt wohl manchen, der sie gar verwechselt,
obwohl der Unterschiede eigentlich genug vor-
handen sind. Der eine, und das ist Slevogt, ist
ein fabelhafter Zeichner, der andere nicht; der
eine ist eine Kolorist von seltener Kraft und
Reinheit, der andere von seltener Schmierigkeit;
der eine ist ein Künstler in jedem Zoll, der sich
von Problem zu Problem mit stählerner Kraft
und Zucht durchringt, der andere ist ein Erfolg-
macher, der in jeder Ausstellung mit einem
neuen Witz meist roher Art verblüfft; der eine

verleugnet in be-
denklichsten Stof-
fen niemals seinen
Geschmack, der
andere bleibt in
höchsten Stoffen
(siehe Das Leben)
ein Barbar. Nichts
Schlimmeres
konnte Slevogt ge-
schehen, als daß
er sich nach Berlin
verlocken ließ, wo
ihm der Alp Co-
rinth den Atem
nehmen wird, so-
lange er mit ihm
gemeinsam auszu-
stellen genötigt ist.
Corinth hat noch
zwei andereBilder
im Künstlerbund:
eine Mutter mit
Kind, eine passabel
hingearbeitete
Skizze und ein klei-
nes Bild „Frauen-
räuber“, das in der
rohen leichtferti-
gen Arbeit das
,Leben‘ noch über-
ragt, weil dort die
landläufige Pose
der Modelle dem
Bild selbst eine
akademische Hal-
tung gibt. Man
muß einmal die beiden Kerle, den Akt und das
Pferd der Frauenräuber im Einzelnen durch-
sehen: denn seine Bewegung ist geradezu kläg-
lich und würde ein Hohngelächter entzünden,
wenn der Vortrag sich nicht so frech gäbe — um
die ganze Roheit und Äußerlichkeit dieser Mache
zu sehen. Dagegen scheinen die Akte des großen
Bildes zunächst ernsthaft gemalt, bis man auch
hier Stück für Stück von dem unglaublichen
Brustpfahl beginnend die Unzulänglichkeiten
der Malerei entdeckt, ganz abgesehen von der
Ärmlichkeit der Idee, der noch am meisten

Ausstellung Deutscher Leopold Graf v. Kalckreuth Stuttgart. Porträt.

Künstlerbund 1905.

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