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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Baumann, Rudolf G.: Des Klausners Gebet
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Moichaeli, Otto: Von der Heidelsheimer Mühle
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0059

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DES KLAUSNERS GEBET.

„Ein Trinklied grölst du, Teufelsbraten!“

„Ein Trinklied, he?“

„Ein lateinisches Trinklied, Verlorener!“

„Ein Trinklied!“ Dem frommen Emeranzius
wird auf einmal ganz schwül und nüchtern, das
Herz will ihm in die Hosen fallen, aber weil
er nur eine grobe Kutte an hat, behält er es
bei sich. „Ein Trinklied? All die Jahre ein
Trinklied, hu! Und sie hat mir doch geholfen!“
wimmert er ganz matt.

■X

*

Am Abend war ihm wieder besser. Er hatte
haarklein alles gebeichtet, alles von früher, vom
grimmen Ritter Kellerstein bis zum frommen
Waldgeist und bis zum heutigen Tag. Nichts
als Einfalt, Dummheit und Unschuld war heraus-
gekommen. Auch das Rezept von dem kräftigen
Wundertrank hatte er verraten. Es war ganz
einfach und natürlich, ohne Teufelsspuk.

Jetzt saßen der Alte und Emeranzius im
Abendschein vor der Hütte. Die dunkeln Tannen
reckten ihre neuen hellen Schosse wie rosig
angehauchte, frisch gewaschene Finger nach
ihnen aus; die schwarze Krähe hüpfte müde
nach der Hütte, es duftete nach Harz und Blüten,
es wehte mild, Frieden lag auf der kleinen
Lichtung.

„Also es ist abgemacht. Du kommst zu uns
ins Kloster und betest fürderhin wie ein Christen-
mensch. — — Siehst du, sie geht nur aufs Herz
und wendet alles zum Besten, wenn der gute
Wille da ist.“

Er schwieg eine Zeitlang, dann hob er den
Krug gegen die scheidende Abendröte und sagte
freundlich lächelnd:

„Ergo bibamus.“ — — —

* *

*

Wie es sich regte im kleinen Kloster! Die
Brüder zogen wohl noch mit dem Sack aus,
aber nicht mehr, um bei den Bauern Zehrung
zu betteln, sondern um Kräuter und Wurzeln
im Wald zu suchen. Man baute und zimmerte
ein neues Haus mit ragendem Rauchfang, kochte
und braute. Nach allenHimmelsgegendenwurden
bauchige Flaschen versandt, und klingende Mün-
zen kamen zurück. Der Wohlstand mehrte sich.
Später trank man das Elixier nicht nur seiner
Heilkraft wegen, es schmeckte auch gut, ohne
daß man daran glaubte, und der grimme Ritter
Kellerstein war einer der besten Kunden. Es
fluchte und wetterte sich noch einmal so schön
mit dem Kräuterschnaps im Magen.

Der starke Emeranzius schwitzte jetzt ohne
Andacht, rollte mächtige Fässer im Gewölbe
und regte die Hände, daß es eine Freude war.
Zufriedenheit blühte ihm, und sein Gemüt war
dankbar. „Es hat doch geholfen,“ sagte er in
seinem Innern. Hie und da, aber selten, wenn
er dachte, es höre ihn niemand, sang er im
Keller sein altes Gebet, und auf den Gängen
vernahmen die Klosterbrüder, dumpf entfernt
und halb verweht, von weit her ein schwaches
Rollen und Brummen und ein tiefes verlorenes
„Ergo bibamus“.

üor ber fieibelsbeimer JTfüble.

Don Otto JTIict)ae 11.

Du flufumfpiilter üuaberbau,
bu mühle alt unb roettergrau,
fdteinft zroirctien bunbeln Bäumen
oon alter 3elt zu träumen.

Das IDaffer branbet übers IDetir,
roei|j zifct)t bes Sctjaumes 6ifct|f umtier
[ein IDerbe unb Dergebe,
als roenn er micti Derftebe.

tltein Dater fctiritt elnff tiler Dorbei
nacti faurer IDoctie einerlei,
an Sonntagen, an Ijolben,
im Sommer licljt unb golben,

Dann fprädjff bu rooljl eln fdjerzljaff IDorf.

IDar's beine Hrt bod) immerfort,
bafj bu ben Sdjmerz Derbiffen,
obgleidi’s bein fjerz zerriffen.

Unb fäbft mid) innig an unb milb

unb fdjroänbeft roie ein ITebelbilb,
unb gingff, oon mlr gefdjieben,
in beinen eroigen Frieben.

Dürft idi nur einmal bid) nodj feljn,
nur einmal bir zur Seite gebn,
ber lieben Stimme laufdjen
unb Blid? unb Ijanbbrud? taufdjen.

IDir gingen bann ins Dorf binein,
roir tränben eine Flafdje IDein.

So Dieles gäb’s zu fagen
aus alt unb jungen Tagen.

Da fagt idj bir, roas bu uns roerf
unb roie man bidj Im Tob geebrt
unb unfer treues Cieben
auf eroig bir geblieben.

Das IDaffer roanbert übers IDebr,
ber roeijje öifdjt fdjäumt um midj ber
fein IDerbe unb Dergebe,
als ob er midj Derftebe.

Die IDelle fliebt, bie TDelle zieljt-
Sie fingt ein Cieb, roie Ciebes fdjieb.

Sie murmelt trüb unb trüber:
fjinunter. Dorüber.

mit bellem Blick unb bunblem fj aar»
in fröblidjer, in junger Sdjar,
bem bedcen Freunb zur Seite,
ber ITIüIlers Jüngffe freife.

Im Dorfe bann fie bebrten ein,
fie tranken Bier, fie tranben IDein
unb guckfen roobl aucb gerne
in fdjöne Bugenfterne.

TTTefn Dafer, bas Ift lange 3elt,
roie Ift bas alles, alles roeit!

Das TTTüblrab madjt bie Runbe,
bu fdjläfft im tlefen 6runbe.

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