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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 11
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Kisa, Anton Carel: Zu den Jubiläums-Ausstellungen des Frankfurter Kunstvereins, [1]
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Kühl, Gustav: Unsere Musikbeilage
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0237

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U DEN JUBILÄUMS-AUS-
STELLUNGEN DES FRANKFURTEk
KUNSTVEREINS.

Von Dr. ANTON KISA.

I.

Der Kunstverein der stolzen Mainstadt rühmt
sich einer stattlichen Reihe von Semestern. Er
ist einer der ältesten unter seinen Kollegen,
nur um sechs Jahre jünger als der Münchener.
In den Jahren 1855 und 1856 erfuhr er eine
Umgestaltung, die einer Neugründung gleich-
kam und auch eine teilweise Änderung seines
Tätigkeitsgebietes bedeutet. Während er in
seiner ersten, mit 1829 einsetzenden Periode
neben der Verans'caltung von Ausstellungen auch
direkt durch Bestellungen oder durch Beiträge
zu Sammlungen für Denkmäler öffentliche Kunst-
pflege betrieb, legte er später das Hauptgewicht
auf Ausstellungen und Ankäufe zu Verlosungen
von Kunstwerken unter seine Mitglieder. So
verwendete er seine Gelder zur Anschaffung
eines Bronzereliefs für das Gutenbergdenkmal
in Mainz, trug einen Teil der Kosten des
Goethedenkmals und des Buchdruckerdenkmals
in Frankfurt, stiftete das große Gemälde Rethels,
die „Aussöhnung Kaiser Ottos III. mit seinem
Bruder Heinrich“, und einige Kaiserbilder in
das Rathaus. Mit der Entwicklung des Aus-
stellungswesens trat diese Tätigkeit allmählich
zurück und wurde, wie anderwärts, der städ-
tischen Verwaltung und privater Initiative über-
lassen. Die Ausstellungen nahmen an Größe
und Bedeutung immer mehr zu. An Stelle
der Kunstmärkte, systemlos angehäufter Zu-
fallskollektionen, wo sich alt und neu, gut
und schlecht brüderlich zusammenfanden,
traten sorgfältiger gewählte, einheitlich ge-
leitete Unternehmungen, die, von langer Hand
vorbereitet, einzelne Gruppen vorführten und
dem Publikum die Kenntnis der modernen
Kunstbestrebungen ohne Voreingenommenheit
vermittelten. Die Ausstellungen des Frank-
furter Kunstvereins erfreuen sich seit einigen
Jahren eines guten Rufes und unterscheiden
sich vorteilhaft von so vielen anderen Kunst-
vereinen, den Ablagerungsplätzen mittelmäßiger
Marktware, die von einigen Kunsthändlern
geliefert wird. Selbstverständlich ist der
heimischen Kunstschule der erste Platz über-
lassen, aber auch die „Fremden“ kommen
nicht zu kurz, obwohl das Ausland mehr
auf die kleineren privaten Kunstsalons ange-
wiesen ist, an welchen Frankfurt sehr reich
ist. Die Frankfurter und Kronberger Künstler-
vereinigungen treten seit sieben Jahren in
größeren Jahresausstellungen auf, die sämtliche
Räume des Vereines füllen. Außer diesen
haben in den letzten Jahren die Wiener und
die Münchener Sezession, der Verband der
Kunstfreunde in den Ländern am Rhein, die
Belgier und Holländer sich sehr stattlich vor-

geführt, der schönen Gedächtnisausstellung beim
Goethefest des Jahres 1899, welche zahlreiche
Original-Jllustrationen zu den Werken des
großen Frankfurter Meisters, und jener Moriz
von Schwinds im vorigen Mai nicht zu ver-
gessen, welche 180 Originalarbeiten dieses
liebenswürdigen Künstlers vereinte, den die
Frankfurter auch einmal den Ihren nennen
konnten. Außer der geschickten Auswahl der
Ausstellungsgegenstände trägt zu den letzten
Erfolgen die vortreffliche Anlage der Aus-
stellungsräume und das sorgfältige Arrangement
bei. Das im Sommer 1861 bezogene Haus in
der Junghofstraße wurde vor drei Jahren durch
Franz von Hoven teilweise umgebaut und bei
dieser Gelegenheit in den Beleuchtungsver-
hältnissen wesentlich verbessert, so daß nun
die beiden Hauptsäle zu den besten Ausstellungs-
räumen Frankfurts gehören. Auch den Ab-
messungen nach. Sie sind breit genug, um
wenn nötig eine Teilung durch Scherwände
zu erlauben, und niedrig genug, um nicht wie
eine Tapetenausstellung zu wirken, wenn die
Bilder, wie gewöhnlich, nur in einer Reihe
gehängt werden. Dieses Hängen, bald in
majestätischen Abständen, bald in dichterer
Folge, verrät gewöhnlich eine kundige Hand,
auch die Wandbespannung zeugt von einem
feineren Geschmacke, als man ihm sonst in
Kunstvereinsausstellungen begegnet.

Dem Frankfurter Kunstverein wird eine
praktische und elegante Ausstellungstechnik
schon durch die zahlreichen Kunsthandlungen
aufgedrängt, welche zum Teil vorzüglich ge-
leitet sind, über gute Verbindungen verfügen
und von den Sammlern bevorzugt werden. Auf
ihr zahlreiches und kaufkräftiges Stammpublikum
bauend, vernachlässigen sie die Aufmachung
oft in einer Weise, die den fremden Besucher
überraschen muß, da sie selbst hinter Städten
mittleren Ranges zurückbleibt. Es ist merk-
würdig, was sich die sonst so eleganten und
geschmackvollen Frankfurter darin bieten lassen.
Manchmal sieht es bei Kunsthändlern hier nicht
viel besser aus als im Lempertzschen Auktions-
hause in Köln. Oberlichtsäle stehen freilich
nicht immer zur Verfügung, sind aber auch
nicht immer nötig. Aber ebensowenig ist es
nötig, der Marktware die besten Plätze anzu-
weisen und die guten Sachen zwischen ihnen
zu verstecken oder sie ins Halbdunkel zu ver-
bannen. Es ließe sich wohl auch vermeiden,
dem Besucher tagelang leere Stellwände zu
zeigen, während andere nebenan zum Brechen
voll sind, ihn über Kisten voltigieren zu lassen,
die eben ausgepackt werden, damit er schließ-
lich vor einer mit Bildern gespickten Wand
lande und in deren Ecken mühsam nach dem
Künstlernamen herumschnüffle, weil man es
versäumt hat, Etiketten anzubringen. In einigen
Kunstsalons sind die Stühle nicht etwa zum
Sitzen da, sondern um wie Staffeleien mit

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