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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 11
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Hesse, Hermann: Der Rosendoktor
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Schäfer, Wilhelm: Die steinerne Stadt
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Kühl, Gustav: Unsere Musikbeilage
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Schäfer, Wilhelm: Meier-Gräfe In Wiesbaden / In Strassburg / Die Marksburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0244

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DER ROSENDOKTOR.

Zugleich mit seinem tapferen Bekenntnisbuche gibt
Finckii ein Bändchen Gedichte he raus. Es heisst „Rosen* 1
(im selben Verlag) und ist ein liebenswerter, merkwürdiger
Kamera 1 des Rosendoktors. Nicht als ob dieser die Er-
gänzung und Erläuterung nötig hätte, die er durch die
Gedichte erfährt. Aber wer in jenem glühenden Buche

das Wesentliche erfühlt und Liebe zu diesem Bilde einer

lodernden Jugend gefasst hat, sieht in den ,,Rosen“ dies
Bild erweitert und überraschend ergänzt; denn jedes von
den Gedichten ist eine Stufe, ein Stück Leben und Kampf,

und kaum eines macht den Eindruck des Spielerischen,

ohne Not Entstandenen. Manchen merkt man sogar die Not
des Werdens noch zu deutlich an, aber jedes hat seinen Kern,
und manche davon sind ganz Kern, ganz Notwendigkeit,
ganz Lied. Man weiss, der Dichter wird nicht so bald
ein neues Buch Verse beieinander haben, denn er dichtet
nicht zum Vergnügen und aus Langeweile. Seit seiner
ersten und bisher einzigen Publikation sind sechs Jahre ver-
gangen.

Möglich, dass der „Rosendoktor“ Aufsehen macht.
Dann entgehen vielleicht auch die „Rosen“ dem üblichen
Schicksai der Versbücher. Hermann Hesse.

D

IE STEINERNE STADT.

Ich bin unbesorgt, das auf Seite 432 dieses Heftes
abgedruckte Gedicht wird keinen Leser verleiten, in
diesem Gedichtbuch Liebes-, Wander- oder Spielmannslieder
zu suchen. Doch sind immerhin manche Stücke in dem
Buch, die sich wenigstens der psalmenartigen Dichtung mehr
nähern als diese trotzige ,,Betrachtung <(. Aber der moderne
Geist von diesem leidenschaftlichen Bekenntnis fiebert durch
das ganze Buch. Man kann ohne Übertreibung von ,,fiebern“
sprechen; auch in dem Sinn, dass vieles überstürzt heraus-
gesagt, verschleudert wird, was sich zu grossartigen Bildern
runden könnte. Aber vielleicht war nur so die Unmittelbar-
keit dieser Niederschriften zu erhalten, die mich zwang,
das Buch in einem Zug zu lesen.

Ausser dem „Zeit- und Reisebuch“ von Alfons Paquet,
das aber nur erst Handschrift ist, kenne ich kein Werk, in
dem das ungeheure Leben der modernen Grossstadt so zur
Dichtung würde.

In seiner strengen Beziehung könnte man Ernst Schur
den ersten Dichter nennen, den Berlin gefunden hat. Dass
er selbst kein Berliner ist, war wohl eine Vorbedingung,
um das Wesen dieser Millionenstadt in Sandwüsten so als
eine ungeheure Welt für sich zu empfinden. Dass ein
solches Buch im Selbstverlag erscheinen musste, ist gerade
kein Ehrenzeichen für das deutsche Volk; aber es war ja
schon eine von den Sorgen Nietzsches, ob er bis zum Ende
Mittel genug zur Hand behalten würde, um seine Bücher
herauszugeben, wenn der letzte Verleger versagte. S.

|JNSERE MUSIKBEILAGE.

Seitab von den Orchester- und Chorwerken Bruckners,
der nur in grossen Dimensionen schaffen konnte, von seinen
neun Symphonien, dem Te Deum und den drei Messen,
steht wie eine seltene, blütenvolle Pflanze sein Streich-
quintett in F-Dur: das einzige in seiner Art, und auch wirk-
lich emzig. Die Wärme und träumerische Klangschönheit
des Adagios, der feierliche Schritt des grossen Seitenthemas
darin und die Glückseligkeit, mit der am Schluss das Haupt-
thema ganz verloren das Rheingoldmotiv aus der Erinnerung
weckt, wird sich schon aus unserer Notenbeilage mitteilen,
obgleich das Stück hier leider gekürzt und verschnitten
werden musste. Es ist aber für 15 Groschen in jeder
Musikhandlung ungekürzt zu haben. Die treffliche Be-
arbeitung rührt von Joseph Schalk her, dem wir auch
andere Klavierbearbeitungen Brucknerscher Werke ver-
danken, und der zusammen mit seinem Bruder Franz zu

den ersten und echtesten Jüngern des Meisters gehört hat.
Für das Studium der Symphonien seien neben den sämt-
lichen vierhändigen die zweihändigen Ausgaben der III. und
IV. Symphonie empfohlen; neuerdings hat August Stradal
noch einige weitere zweihändig übsrtragen, an sich sehr
dankenswert, aber meistenteils im Konzertstil ä la Liszt und
so schwer, dass man an ihrer Stelle dann besser gleich
Partiturspielen lernt. Man beginne mit der dritten und vierten
Symphonie und lasse dann bald die siebente folgen; die
fünfte, achte und neunte spare man bis zuletzt auf. Sehr
zu empfehlen, am dankbarsten von allen, ist die vorzügliche
Bearbeitung der herrlichen VII. Symphonie für zwei Klaviere
von Hermann Behn, der auch so manche andere wertvolle
Orchesterkompositionen vorzüglich für zwei Klaviere arran-
giert hat; erst auf zwei Instrumenten kommt die reiche und
intime Kontrapunktik Bruckners zü einer Geltung, die das
Orchester wenigstens halbwegs entbehren lässt: nicht nur
linienklar, sondern auch in den eigenartigen Klangwirkungen,
die sich bei Bruckner, und nur bei Bruckner finden. G. K.

jyjEIER-GRÄFE

hat im Oktoberheft von ,,Kunst und Künstler“ aus-
führlich auf die Darlegungen von Prof. Voll geantwortet.
Wir werden in der nächsten Nummer eingehender darauf
zurückkommen. S.

JN WIESBADEN

hat die ,,Gesellschaft für bildende Kunst“ unter dem
Vorsitz von Herrn Dr. v. Grolman eine Ausstellung von
Grabmälern veranstaltet, der wir durch die eingehende
Arbeit von G. Franck eine selbständige Ergänzung gegen-
überstellen. Gleichzeitig kam ein Preisausschreiben der
Gesellschaft zur Erlangung von einfachen Entwürfen für
Grabmäler (im Herstellungspreise von 700 bis 1000 Mk.)
zur Entscheidung. Namentlich Münchener Künstler hatten
sich lebhaft beteiligt, was wohl auf die dortige Vereinigung
für Grabmalplastik zurückzuführen ist. Der erste Preis
wurde Ernst Haiger in München zugesprochen. S.

JN STRASSBURG

hat sich unter dem Vorsitz von Karl Spindler ein ,,Ver-
band Strassburger Künstler“ gebildet, dessen Schriftführer
G. Stoskopf ist. In Verbindung damit steht die Gründung
eines ständigen Ausstellungslokals für Kunst und Kunst-
gewerbe, das bislang in der alten Reichsstadt fehlte. Es
wird gegenüber dem Rathaus in der Brandgasse eingerichtet
und neben einem Oberlichtsaal Ausstellungs- und Verkaufs-
räume für Kunstgewerbe haben. Dass dies möglichst elsäs-
sisch werden möge, ist vielleicht der beste Wunsch, den man
dieser Veranstaltung entgegenbringen kann. S.

JJlE MARKSBURG.

Meine Beleuchtung dieser sonderbaren Burgen-
erhaltung hat lebhafte Zustimmung gefunden; wie mir
scheint, nicht gerade von unberufener Seite. So habe ich
dem Architekten Bodo Ebhardt auf sein Ansuchen „einen
gleich grossen Raum“ zur Antwort in unserer Zeitschrift zur
Verfügung gestellt, „falls er sich zu einer Antwort ent-
schliessen sollte“. Bei der Gelegenheit möchte ich aus-
drücklich bemerken, dass der Verband der Kunstfreunde
als solcher natürlich nichts mit dieser Angelegenheit zu
tun hat. Die Gründe, die mich persönlich verpflichteten,
gegen diese Erhaltung einer deutschen Burg aufzutreten,
habe ich in dem Artikel deutlich genug dargelegt.

W. Schäfer.

Herausgegeben im Auftrag des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein durch Wilhelm Schäfer,
Braubach a. Rh.; Verlag von Fischer & Franke, Düsseldorf; Druck von A. Bagel, Düsseldorf.
 
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