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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 8
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Fries, Friedrich: Bemerkungen zu der Ausstellung von Werken deutscher Landschafter des XIX. Jahrhunderts
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BEMERKUNGEN ZU DER AUSSTELLUNG VON WERKEN DEUTSCHER LANDSCHAFTER.

Immer haben wir gehört, daß diese paysage
intime in Frankreich erfunden wurde. Und nun
finden wir auf der Ausstellung einen Künstler
Caspar David Friedrich, der mit seiner Kunst
bis in das Ende des 18. Jahrhunderts reicht und
der uns mit seinem Gemälde ,.Regenbogen“ die
schlichte deutsche Landschaft vor Augen führt,
gesehen mit der Liebe zum Einfach-Poetischen
und einem für jene Zeit ganz erstaunlichen Sinn
für Klangschönheiten der Farbe. Der graue
Himmel, die grünen Wiesen und die zartver-
mittelnden graugrünen Töne geben dem Bilde
eine feine koloristische Note. Dazu kommt die
Möglichkeit, zu vereinfachen und die Gründe der
Landschaft klar zu entwickeln, ein Vermögen,
das an vieles erinnert, was den neueren Schulen
nur langsam und mit Mühe zugänglich wurde.
Dies Streben nach einer Kunst, die in der Schlicht-
heit der Empfindung und einem klaren Ausdruck
räumlicher Verhältnisse ihr Genüge findet, ist
dann nicht mehr zur Ruhe gekommen, nur daß,
wohl vornehmlich als eine Errungenschaft der
Barbizon-Schule, der feine Zauber zarter Luft-
stimmungen noch dazukam. Ed. Schleich und
A. Lier haben ihre einfachen Dachauer Land-
schaften mit dem Reize primitiven Empfindens
und eines großen Könnens ausgestattet; in Frank-
furt lebte Peter Burnitz, der immer ausgezeichnet
ist, wenn er nur sich folgt und nicht dem
philiströsen Besteller, und dessen stille Fluß-
landschaften mit den silbergrauen Tönen von

großer Delikatesse zeugen; Eyssen, der weiche
empfindsame Künstler, geht ähnliche Wege, und
in Weimar lebte gänzlich unbeachtet und un-
bekannt Karl Buchholz, der in seiner „goldenen
Au“ ein kleines Meisterstück schaffen konnte.
In Waldmüllers Praterbild aber geht die deutsche
Sonne so strahlend auf, daß Koch und Rottmann,
die zeitlebens nur das sonnige Italien gemalt
haben, düster und trübe aussehen.

Kurzum, überall zeigen diese ehrlichen Schil-
derer der Natur dieselbe treue Liebe und innige
Verehrung für ihre Umgebung, für den deutschen
Wald mit seinem schlichten Grün, die bunten
Wiesen, den blauen Himmel, die feine silberne
Luft, die zarten wogenden Nebel der Ebene, und
ungewollt werden sie zu Poeten, die mit ihrem
treuherzigen Wesen sich uns in die Herzen
hineinzumalen vermochten.

So zeigt die Ausstellung für den aufmerk-
samen Beobachter deutlich jene beiden Seiten,
die charakteristisch für deutsche Art und deut-
sches Wesen sind: die groß gestaltende Phan-
tasie, die, nach dem Höchsten greifend, die
Natur zu beseelen und schöpferisch neu zu
gestalten versucht, und die schlichte Anhänglich-
keit an die Heimat, die schmucklos erzählen
will von längst Bekanntem, von dem, was an
Liebem und Vertrautem in ihrer Umgebung
lebt, und die uns dennoch ein Stück echter
bürgerlicher Poesie hinzuzaubern vermochte.

Johann Wilhelm Schirmer. Campagnasturm.
 
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