J. M. Olbrich. Der rote Garten auf der Darmstädter Gartenbau-Ausstellung.
wandelt! Man sieht, es ist „jedem Geschmack“
Rechnung getragen, und gerade dieser Umstand
wird dem künstlerisch denkenden, nach Kunst
begehrenden Menschen die Herrlichkeit der
hervorragenden Pflanzen- und Blumenkulturen
nicht, wie sie es wohl verdienen, zum vollen
Bewußtsein kommen lassen. Ich verweile bei
dieser Ausstellung, weil sie das typische Bei-
spiel unserer heutigen ‘ sogenannten Garten-
kunst bietet, und weil wir an ihrer charakte-
ristischen Vorführung sehen können, wie
dringend not die künstlerische Reform tut. Ich
glaube, nach der im Publikum am stärksten
vertretenen Meinung hat Henkel den Vogel ab-
geschossen, und das ist kein erfreuliches Zeichen
für den allgemeinen Stand unserer Kunstkultur,
unserer Kunstbegriffe. Überall herrscht noch
Begriffsverwirrung!
Um so mehr müssen Leistungen, wie sie im
„Hausgarten“ des Gartenarchitekten Begas
und im danebenliegenden Garten des Archi-
tekten Gewin vorgeführt werden, freudig be-
grüßt werden. Hier finden sich deutliche
Zeichen künstlerischer Auffassung. — Wie
Begas das Gelände geometrisch gliedert, eine
mittlere Rasenfläche einschiebt, die von einer
schlichten weißen, von Schlinggewächsen um-
wundenen Pergola in der Tiefe abgeschlossen
und von einer mächtigen, das Ganze begrenzen-
den Baumgruppe überragt wird, während Blumen-
schmuck sowie Obst- und Nutzpflanzen die
ihnen gebührende Stelle erhalten haben; oder
wie Gewin, den Traditionen des Empire mit
biedermeierischem Einschlag folgend, unter
Assistenz von Berufsgärtnern einen Garten
schafft, der zum Schauen, zum Verweilen
und zu behaglicher Ruhe einlädt, damit sind
Wege beschritten, die uns entschieden unseren
Zielen näher bringen. ■— Auf die spielerischen
Miniaturhäuschen, welche oft stark an aus-
gewachsene ältere Stilproben erinnern, würde
man bei Gewin und anderen ganz gern ver-
zichten.
Auch das Problem des Gartenhauses, als
einer selbständigen Erscheinung, ist noch künst-
lerisch zu lösen und bietet eine dankbare
Aufgabe. Was beispielsweise das Leipheimer-
sche „Bürgergärtchen“ in dieser Beziehung
bietet, kann nicht auf den Schild bürgerlicher
Gartenbaukunst erhoben werden. Solche Lö-
sungen bringen die Sache nicht weiter, und sie
wären besser unterblieben.
Zwei Gärten, einen „vornehmen Hausgarten“
und einen „bürgerlichen Nutzgarten“, haben die
beiden Architekten L. F. Fuchs und Alfred
Koch in Darmstadt, vereint arbeitend, ausge-
332
wandelt! Man sieht, es ist „jedem Geschmack“
Rechnung getragen, und gerade dieser Umstand
wird dem künstlerisch denkenden, nach Kunst
begehrenden Menschen die Herrlichkeit der
hervorragenden Pflanzen- und Blumenkulturen
nicht, wie sie es wohl verdienen, zum vollen
Bewußtsein kommen lassen. Ich verweile bei
dieser Ausstellung, weil sie das typische Bei-
spiel unserer heutigen ‘ sogenannten Garten-
kunst bietet, und weil wir an ihrer charakte-
ristischen Vorführung sehen können, wie
dringend not die künstlerische Reform tut. Ich
glaube, nach der im Publikum am stärksten
vertretenen Meinung hat Henkel den Vogel ab-
geschossen, und das ist kein erfreuliches Zeichen
für den allgemeinen Stand unserer Kunstkultur,
unserer Kunstbegriffe. Überall herrscht noch
Begriffsverwirrung!
Um so mehr müssen Leistungen, wie sie im
„Hausgarten“ des Gartenarchitekten Begas
und im danebenliegenden Garten des Archi-
tekten Gewin vorgeführt werden, freudig be-
grüßt werden. Hier finden sich deutliche
Zeichen künstlerischer Auffassung. — Wie
Begas das Gelände geometrisch gliedert, eine
mittlere Rasenfläche einschiebt, die von einer
schlichten weißen, von Schlinggewächsen um-
wundenen Pergola in der Tiefe abgeschlossen
und von einer mächtigen, das Ganze begrenzen-
den Baumgruppe überragt wird, während Blumen-
schmuck sowie Obst- und Nutzpflanzen die
ihnen gebührende Stelle erhalten haben; oder
wie Gewin, den Traditionen des Empire mit
biedermeierischem Einschlag folgend, unter
Assistenz von Berufsgärtnern einen Garten
schafft, der zum Schauen, zum Verweilen
und zu behaglicher Ruhe einlädt, damit sind
Wege beschritten, die uns entschieden unseren
Zielen näher bringen. ■— Auf die spielerischen
Miniaturhäuschen, welche oft stark an aus-
gewachsene ältere Stilproben erinnern, würde
man bei Gewin und anderen ganz gern ver-
zichten.
Auch das Problem des Gartenhauses, als
einer selbständigen Erscheinung, ist noch künst-
lerisch zu lösen und bietet eine dankbare
Aufgabe. Was beispielsweise das Leipheimer-
sche „Bürgergärtchen“ in dieser Beziehung
bietet, kann nicht auf den Schild bürgerlicher
Gartenbaukunst erhoben werden. Solche Lö-
sungen bringen die Sache nicht weiter, und sie
wären besser unterblieben.
Zwei Gärten, einen „vornehmen Hausgarten“
und einen „bürgerlichen Nutzgarten“, haben die
beiden Architekten L. F. Fuchs und Alfred
Koch in Darmstadt, vereint arbeitend, ausge-
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