DIE GARTENBAUKUNST AUF DER DARMSTÄDTER GARTENBAU-AUSSTELLUNG.
im Vorteil, der bis zu einem gewissen Grade
stets gezwungen sein wird, seine Schöpfung
erst werden zu lassen.
Wastrotz dieser Schwierigkeit geleistet wurde,
zeigt der weitgelagerte Rasengarten vor den
Olbrich-Gärten und diese selbst. Dort wo der
Orangeriegarten seine großzügigste Uranlage er-
halten hat, wo hintereinandergelagerte weite
Terrassenbauten im Prospekt und zu den beiden
Seiten durch die Baummassen mächtiger alter
Kastanien und Linden hoch überragt und ab-
geschlossen werden, wo man einst den nach
Kreissegmenten geformten Terrassenmauern tief
angelegte, verschnittene Hecken vorgebaut hatte,
wo Springbrunnen in weiten Becken die Fläche
beleben, dort hat Professor Olbrich auf der
ersten Terrasse seine Gartenkunst entfaltet.
Hat der alte Gartenkünstler in der Terrassen-
anlage den Reiz verschieden abgestuften Ge-
ländes erkannt, so hat Olbrich es verstanden,
diesen aus der Vorzeit herüberklingenden Ton
zu vernehmen und sich durch ihn zu einem
eigenen Leitmotiv bestrickender Wirkung an-
regen zu lassen, indem er gerade das Motiv der
Terrainverschiedenheit durch Vertiefungen und
Erhöhungen seines Gartenlandes stark betonte
und in seiner eigenartigen Weise künstlerisch
fruktifizierte.
Seine drei Prachtgärten hat er, in gleich-
mäßigen Abständen in einer Flucht liegend,
vertieft in die Terrasse gebettet, einen als Mittel-
punkt der Gesamtanlage, alle drei in achteckiger
Grundform, von Mauern umzogen, die einerseits
in Brüstungshöhe das Terrassengelände über-
ragen, anderseits etwa die doppelte Höhe er-
reichen und dort von abgeböschten Terrain-
erhebungen umschlossen werden. Zwischen den
eingebuchteten, von verschnittenen Hecken um-
gebenen Stützmauern der Terrasse und den zur
Rechten und Linken gelegenen Gärten ist der
Boden nochmals im kleinen terrassiert und über
die Hauptterrasse erhöht. Diese neugeschaffenen
kleinen Terrassenanlagen und die gleichzeitig
dazwischen durch Beibehaltung des ursprüng-
lichen Bodens entstandenen Vertiefungen bilden
als herrliche Rasenflächen den grünen Vorhof
und schließen sich nach der Mitte, wo die breite
Treppe hinaufführt, gleichfalls als Rasenfläche
zusammen. Hier stehen rechts und links in
ihrer ruhigen Einfachheit ungemein nobel wir-
kende Wasserbecken aus rotem Sandstein. Die
Ruhe des grünen Rasens ist nur belebt von dem
leicht bewegten, tief blaugrünen Wasser, welches
die rötlichen Brunnen bergen. Ein oberes trog-
artiges Becken speist aus Überläufen die untere
Schale.
Der hier in jeder Beziehung geschaffene
Rhythmus klingt gesteigert fort in der Anlage
der Prunkgärten, um in deren farbigem Drei-
klang eine fesselnde Wirkung und im ganzen
eine große Einheit zu erreichen.
In Olbrichs Werk ist stets der Ausdruck
seiner bestimmt gewollten Form und Farbe der-
art zu finden, daß die Form in überaus klarer
Weise den Raum gestaltet, und die Farbe, in
großen geschlossenen Tönen auftretend, jedem
Raum einen ganz bestimmten Farbencharakter,
eine Farbenstimmung verleiht, und daß beide
Faktoren sich vereinigen zu einer wirklichen
Raumkunst. Auch seine Gartenkunst entspricht
ganz dieser Tendenz. Die Klarheit der Anlage
und wie die einfachsten geometrischen Formen,
das Achteck, gerade Linien oder Abschrägungen,
mit der größten Schlichtheit aneinandergereiht,
die ureigenste persönliche Formengestaltung des
Künstlers ausdrücken, das überrascht. Und doch
ist alles wieder so selbstverständlich und kann
vor allem als Schöpfung Olbrichs nicht anders
gedacht werden. Man kann, wenn man sich
überhaupt über eine künstlerische Wirkung klar
ist, nicht im Zweifel sein, was der Künstler
erreichen, was er ausdrücken wollte. Übrigens
liegt ja weniger darin, daß er diese Gärten als
Schaustücke und in geometrischer achteckiger
Form und in einheitlicher Farbe gemacht hat,
als darin, wie er das gemacht hat, der große
künstlerische Wert.
In der Mitte liegt der rote Garten, zu beiden
Seiten liegen der blaue und der gelbe Garten.
Wie große farbenprächtige Juwele liegen sie da;
ihre Fassung verstärkt diesen Eindruck. Einzeln
sind sie in die Erde gebettet, und doch sind sie
nicht zusammenhanglos; die innere künstlerische
Beziehung, die sie zueinander haben, wird äußer-
lich unterstütztdurch rundbogige, die Umfassungs-
mauern beträchtlich überragende, weißliche,
grünbewachsene Lauben, welche die Passagen
zwischen den Gärten säumen und sich an die vier
inneren mittleren Achteckseiten der drei Gärten
unmittelbar anschließen. Ich möchte es beinahe
einen konstruktiven Gedanken nennen, wie diese
Laubenbogen geschlagen sind. Die Passagen
zwischen den Gärten machten mir solchergestalt
nahezu den Eindruck von Überbrückungen, ein
Gefühl, das noch verstärkt wird, wenn man aus
den runden Fensterausschnitten der Lauben auf
die tieferliegenden Gärten hinunterblickt. So ver-
lieren auch diese Passagen den Charakter ein-
facher Verkehrswege, sie werdenzu Verbindungs-
stücken der Gärten, tragen dazu bei, das Ganze
zusammenzuschließen. .— Wie man von kleinen,
einerseits abgeböschten Wegen, welche sich zum
Teil hinter der hohen Gartenmauer herumziehen,
die Gärten überblicken kann, oder über die diesen
Wegen gegenüberliegenden niedrigen Brüstungs-
mauern die Einsicht gewinnt, wie man über
Treppen oder durch die Torgitter reizvolle Blicke
hat, das alles ist mit solch feinen künstlerischen
Mitteln gemacht, daß die Lösung nicht voll-
kommener sein kann. — Die rote Blumenpracht
des mittleren Gartens ist eingefaßt von ganz
weißen Sandwegen und umrahmt vom Grün der
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im Vorteil, der bis zu einem gewissen Grade
stets gezwungen sein wird, seine Schöpfung
erst werden zu lassen.
Wastrotz dieser Schwierigkeit geleistet wurde,
zeigt der weitgelagerte Rasengarten vor den
Olbrich-Gärten und diese selbst. Dort wo der
Orangeriegarten seine großzügigste Uranlage er-
halten hat, wo hintereinandergelagerte weite
Terrassenbauten im Prospekt und zu den beiden
Seiten durch die Baummassen mächtiger alter
Kastanien und Linden hoch überragt und ab-
geschlossen werden, wo man einst den nach
Kreissegmenten geformten Terrassenmauern tief
angelegte, verschnittene Hecken vorgebaut hatte,
wo Springbrunnen in weiten Becken die Fläche
beleben, dort hat Professor Olbrich auf der
ersten Terrasse seine Gartenkunst entfaltet.
Hat der alte Gartenkünstler in der Terrassen-
anlage den Reiz verschieden abgestuften Ge-
ländes erkannt, so hat Olbrich es verstanden,
diesen aus der Vorzeit herüberklingenden Ton
zu vernehmen und sich durch ihn zu einem
eigenen Leitmotiv bestrickender Wirkung an-
regen zu lassen, indem er gerade das Motiv der
Terrainverschiedenheit durch Vertiefungen und
Erhöhungen seines Gartenlandes stark betonte
und in seiner eigenartigen Weise künstlerisch
fruktifizierte.
Seine drei Prachtgärten hat er, in gleich-
mäßigen Abständen in einer Flucht liegend,
vertieft in die Terrasse gebettet, einen als Mittel-
punkt der Gesamtanlage, alle drei in achteckiger
Grundform, von Mauern umzogen, die einerseits
in Brüstungshöhe das Terrassengelände über-
ragen, anderseits etwa die doppelte Höhe er-
reichen und dort von abgeböschten Terrain-
erhebungen umschlossen werden. Zwischen den
eingebuchteten, von verschnittenen Hecken um-
gebenen Stützmauern der Terrasse und den zur
Rechten und Linken gelegenen Gärten ist der
Boden nochmals im kleinen terrassiert und über
die Hauptterrasse erhöht. Diese neugeschaffenen
kleinen Terrassenanlagen und die gleichzeitig
dazwischen durch Beibehaltung des ursprüng-
lichen Bodens entstandenen Vertiefungen bilden
als herrliche Rasenflächen den grünen Vorhof
und schließen sich nach der Mitte, wo die breite
Treppe hinaufführt, gleichfalls als Rasenfläche
zusammen. Hier stehen rechts und links in
ihrer ruhigen Einfachheit ungemein nobel wir-
kende Wasserbecken aus rotem Sandstein. Die
Ruhe des grünen Rasens ist nur belebt von dem
leicht bewegten, tief blaugrünen Wasser, welches
die rötlichen Brunnen bergen. Ein oberes trog-
artiges Becken speist aus Überläufen die untere
Schale.
Der hier in jeder Beziehung geschaffene
Rhythmus klingt gesteigert fort in der Anlage
der Prunkgärten, um in deren farbigem Drei-
klang eine fesselnde Wirkung und im ganzen
eine große Einheit zu erreichen.
In Olbrichs Werk ist stets der Ausdruck
seiner bestimmt gewollten Form und Farbe der-
art zu finden, daß die Form in überaus klarer
Weise den Raum gestaltet, und die Farbe, in
großen geschlossenen Tönen auftretend, jedem
Raum einen ganz bestimmten Farbencharakter,
eine Farbenstimmung verleiht, und daß beide
Faktoren sich vereinigen zu einer wirklichen
Raumkunst. Auch seine Gartenkunst entspricht
ganz dieser Tendenz. Die Klarheit der Anlage
und wie die einfachsten geometrischen Formen,
das Achteck, gerade Linien oder Abschrägungen,
mit der größten Schlichtheit aneinandergereiht,
die ureigenste persönliche Formengestaltung des
Künstlers ausdrücken, das überrascht. Und doch
ist alles wieder so selbstverständlich und kann
vor allem als Schöpfung Olbrichs nicht anders
gedacht werden. Man kann, wenn man sich
überhaupt über eine künstlerische Wirkung klar
ist, nicht im Zweifel sein, was der Künstler
erreichen, was er ausdrücken wollte. Übrigens
liegt ja weniger darin, daß er diese Gärten als
Schaustücke und in geometrischer achteckiger
Form und in einheitlicher Farbe gemacht hat,
als darin, wie er das gemacht hat, der große
künstlerische Wert.
In der Mitte liegt der rote Garten, zu beiden
Seiten liegen der blaue und der gelbe Garten.
Wie große farbenprächtige Juwele liegen sie da;
ihre Fassung verstärkt diesen Eindruck. Einzeln
sind sie in die Erde gebettet, und doch sind sie
nicht zusammenhanglos; die innere künstlerische
Beziehung, die sie zueinander haben, wird äußer-
lich unterstütztdurch rundbogige, die Umfassungs-
mauern beträchtlich überragende, weißliche,
grünbewachsene Lauben, welche die Passagen
zwischen den Gärten säumen und sich an die vier
inneren mittleren Achteckseiten der drei Gärten
unmittelbar anschließen. Ich möchte es beinahe
einen konstruktiven Gedanken nennen, wie diese
Laubenbogen geschlagen sind. Die Passagen
zwischen den Gärten machten mir solchergestalt
nahezu den Eindruck von Überbrückungen, ein
Gefühl, das noch verstärkt wird, wenn man aus
den runden Fensterausschnitten der Lauben auf
die tieferliegenden Gärten hinunterblickt. So ver-
lieren auch diese Passagen den Charakter ein-
facher Verkehrswege, sie werdenzu Verbindungs-
stücken der Gärten, tragen dazu bei, das Ganze
zusammenzuschließen. .— Wie man von kleinen,
einerseits abgeböschten Wegen, welche sich zum
Teil hinter der hohen Gartenmauer herumziehen,
die Gärten überblicken kann, oder über die diesen
Wegen gegenüberliegenden niedrigen Brüstungs-
mauern die Einsicht gewinnt, wie man über
Treppen oder durch die Torgitter reizvolle Blicke
hat, das alles ist mit solch feinen künstlerischen
Mitteln gemacht, daß die Lösung nicht voll-
kommener sein kann. — Die rote Blumenpracht
des mittleren Gartens ist eingefaßt von ganz
weißen Sandwegen und umrahmt vom Grün der
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