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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 9
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Scheibler, Ludwig: Franz Schuberts einstimmige Lieder, Gesänge und Balladen mit Texten von Schiller, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0144

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FRANZ SCHUBERTS EINSTIMMIGE LIEDER.

S. 364 II bis 8 I eine treffliche Besprechung
der Lieder nach allgemeinen Gesichtspunkten,
mit Anführung vieler Beispiele.

Den berühmten Aufsatz von Ph. Spitta (Ende
1841 — 1894) „Ballade“ (in den Musikgeschichtl.
Aufsätzen 1894), der 7 Seiten über Schuberts
Balladen und lyrische Monodien bringt, habe
ich teils anerkennend, teils ablehnend öfters
besprochen (besonders S. 168 I ob., 232 I unt.
bis 233 I ob., 233 I unt., 236 Mitte, 315 II Note 6).
Diese erste wissenschaftliche Übersicht der
Geschichte der musikalischen Ballade gab, wie
alles von Spitta, viel Neues und zugleich
Richtiges, aber auch verfehlte Behauptungen,
die durch Nachsprechen Vertrauensseliger bis
vor kurzem Unheil gestiftet haben und es noch
tun. Schon Landshoff und Friedländer haben
einiges richtiggestellt, aber noch anderes schreit
danach (s. S. 315 II Note 6).

Endlich brachte die Gesamtausgabe von
Schuberts Werken die einstimmigen „Lieder
und Gesänge“ mit Klavier in Serie 20, von
Okt. 1894 bis Okt. 95, herausgegeben von Eus.
Mandyczewski (geb. 1857); es waren darin
von 603 Nummern (dabei freilich 3 eigentliche
Duette, 5 Lieder mit anderer Begleitung als
Klavier, und ein Melodram) 133 ljs ungedruckte.
Es sind 10 Bände von je 200 — 250 Seiten zu
je 7,50 Mk., chronologisch geordnet (mit Aus-
nahme von Bd. 10, der in 5 Abteilungen An-
hänge gibt), mit Aufnahme der früheren Be-
arbeitungen. — Von Herbst 1899 bis 1901 folgte
eine kleinere und wesentlich billigere „volks-
tümliche Gesamtausgabe“, vom selben Heraus-
geber besorgt, in 12 Bänden zu je 3 Mk. Hier
enthält Bd. 1 die 3 großen Liederkreise, 12 die
Zwiegesänge und Duette; die übrigen Bände
sind nach Stimmgattungen eingeteilt und inner-
halb dieser zeitlich geordnet; von den früheren
Fassungen ist nur wenig aufgenommen und
auch die Anhänge nur teilweise. Das hier
Ausgelassene kann nach Bedarf aus der großen
Ausgabe ergänzt werden.

Auf dieser fußend schrieb Richard Heu-
berger (geb. 1850) schon am 25. Juni 1895 einen
Artikel „Aus F. Schuberts Werkstatt“ (s. S. 167 I
Note 2); er enthält Vortreffliches über Schuberts
Verfahren bei der Komposition der Lieder, be-
sonders in seinen Lehrjahren, ferner über sein
Verhältnis zu den Textdichtern und den Formen
der Dichtungen, sowie über die Behandlung
des Klavierparts. In seiner Schubertschrift von
Dez. 1901 hat Heuberger den Aufsatz frei ver-
wertet (S. 19—23); über diesen allgemeinen Dar-
legungen versäumte er aber ganz die Hervor-
hebung der besten einzelnen Stücke und des
sich darin zeigenden Fortschreitens in den ersten
Perioden. Auch bei den späteren werden diese
weder betreffs der Liederkomposition gekenn-
zeichnet noch die besten Stücke genannt, viel-
mehr die Lieder fortan fast totgeschwiegen.

Die Feier des hundertjährigen Geburtstages
am 31. Januar 1897 brachte natürlich eine Menge
Festartikel, meist von ebenso unwissenden wie
eingebildeten Tagelöhnern (s. S. 356 I); man merkt
keinem dieser Aufsätze an, daß Verf. die schon
Okt. 1895 beendete Gesamtausgabe der Lieder
kennt. Von den mir bekannten ist der einzige
betreffs der Lieder beachtenswerte der von
A. Farinelli (Neue mkl. Rundschau, 6 Nn.).

Dagegen ist die Schrift von H. de Curzon
(geb. 1861): Les Lieder de F. Schubert (Paris,
Librairie Fischbacher, 189g, 112 S., 2,50 fcs.)
ein erfreulicher Versuch, den Franzosen die
Ergebnisse der großen Gesamtausgabe bekannt
zu machen. Zunächst bespricht Verf. sie und
sagt Allgemeines über Schuberts Lieder; dann
gibt er auf 14 Seiten eine Übersicht der besten
nach den einzelnen Jahren, mit Betonung der
in Frankreich (und meist auch in Deutsch-
land) wenig oder gar nicht bekannten Stücke.
AU das zeigt liebevolles Studium und ebenso
feines wie selbständiges Urteil (vgl. S. 235 II
ob., 237 II Mitte). S. 44—51 behandelt die schon
von Kreissle und Grove gestreifte frühe Pflege
von Schuberts Liedern in Frankreich. S. 53—100
folgt der zeitliche Katalog, nach Gesamtausgabe
und Revisionsbericht sorgfältig zusammenge-
stellt; er ist beim Studium der Gesamtaus-
gabe unentbehrlich, da wir merkwürdiger-
weise noch immer keinen deutschen besitzen
(wie überhaupt keine der Schrift Curzons
entsprechende deutsche). Ein Verzeichnis der
Textdichter und der Nummern ihrer von
Schubert komponierten Gedichte schließt sich
an. Das Ende bildet eine kritische Über-
sicht der wichtigsten Werke über den Meister
S. 105—12. Eine etwas ausführlichere gab der
Verfasser als ein Heft der Bibliotheque de
Bibliographies critiques, Paris, Albert Fonte-
moing, 1899; in beiden wäre manches nach-
zutragen und ungnädigere Kritik zu wünschen.

Kürzlich brachte die Neue Musik-Zeitung in
ihrer Schubertnummer (22. Juni, N. 18) einen
Aufsatz von Rich. Batka (geb. Ende 1868):
„Streiflichter auf Schuberts Lieder“, etwas über
zwei Spalten lang. Es ist ein Beispiel dafür,
wie selbst einer der besseren Musikjournalisten,
ein Verehrer von des Meisters Liedern, sie in
holder Unschuld noch immer mißhandelt. Trotz-
dem er zu Anfang mit Recht gegen Berufs-
sänger vorgeht, die dem Publikum lauter ab-
gesungene, meist einseitig melodische Stücke
aus den beiden ersten Peters-AIbums auftischen,
macht er das ehrlich naive Geständnis, daß er
„zu einer systematischen Vornahme der letzten
Bände [der Peters - Ausgabe] noch nie ge-
kommen“. Trotzdem unternimmt er eine Aus-
wahl aus allen 7 Bänden (433 Nummern), ob-
gleich er schon vom 3. Bande an diese Aus-
gabe nur oberflächlich kennen kann; denn aus
diesem Bande, der noch ausgewählte Stücke

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