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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

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Nr. 11
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Schaefer, Karl: Die nordwestdeutsche Kunstausstellung in Oldenburg
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Kühl, Gustav: Unsere Musikbeilage
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https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0231

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Peter Behrens. Nordwestdeutsche Kunstausstellung in Oldenburg. Die Kunsthalle.

für die Nahwirkung doch wohl zu wenig detail-
lierte achtseitige Musiktempel sich erhebt, führt
eine Freitreppe aus blauschwarzen Klinkern zu
dem Marmorportal des Ausstellungsgebäudes;
dessen Frontwirkung erscheint zu kräftigerer
Masse gesteigert durch zwei mit Pergolen
an das Hauptgebäude angeschlossene Seiten-
pavillons — der eine das Sekretariat, der andere
einen Erfrischungsraum enthaltend. Die Mittel-
halle, zugleich der Ehrenraum unter den Aus-
stellungssälen, erhebt sich über die ringsum
angeordneten Oberlichträume mit einem Pyra-
midendach aus roten Ziegeln, unter dem jeder-
seits eine Gruppe von großen Rundfenstern das
Licht einfallen läßt; im Innern wirkt der
Klinkerbelag des Bodens und die dunkle Holz-
balkendecke mit den weißen Putzflächen und
einer einfachen Flächenornamentik von dunklem
Blau in den Fensterzwischenräumen zusammen
zu einer kühlen Feierlichkeit. Im Äußeren ist
der Charakter einfachster Putzarchitektur ge-
wahrt durch den grauen Rauhbewurf, in den
mit dunkleren Linien glattgezogenen Putzes
eine sehr einfache Gliederung eingezeichnet
wurde. Nur der farbige Marmor der Portal-
wand und die Wirkung der aus Bronze und
Glas gebildeten Türen steuern einen vornehmen
Materialeffekt zu der Massenwirkung des Ganzen
bei. Als Ruhepunkt in der Flucht der Aus-
stellungsräume liegt an der Rückseite des Ge-
bäudes ein einfaches, in weißlackiertem Holz
gehaltenes und an Wänden und Polstermöbeln
mit einem Behrensschen hellen Kretonmuster

bespanntes Lesezimmer, das wiederum durch
die großen Glastüren nach der hinteren Frei-
treppe mündet — in der anmutigen Verbindung
des behaglichen Raumes mit dem Grün der
sonnigen Landschaft draußen dem „Gartensaal“
jener alten, fürstlichen Landhäuser des iß.Jahr-
hunderts vergleichbar. Und der Blick hier
hinaus ins Grüne ist vielleicht das Wertvollste
dieser ganzen architektonischen Anordnung:
denn auch hier setzen sich die Linien des
Grundrißgedankens über die Mauern des Hauses
weiter fort in der Landschaft und bilden
zwischen der Kunsthalle und dem Saume des
Gehölzes einen entzückenden Skulpturenhof von
intimster Wirkung. In großem Halbrund, in
dessen Mitte ein Sandsteinbrunnen nach Behrens’
Entwurf sich erhebt, grenzen weiß gestrichene,
festgegliederte Lattengitter den Ausstellungsplatz
ab und geben, teilweise durch rankendes Grün
bewachsen, für symmetrisch angeordnete Büsten,
Brunnenfiguren und Bänke reizvolle Aufstellungs-
gelegenheit.

Nach vorn, nach der Ausstellungsstraße hin,
trennen dieselben weißgestrichenen Gitter die
Bauten der Kunsthalle von dem Marktgetriebe
nebenan. Sie bilden Wandelgänge, die ihren
markanten Abschluß in zwei kleinen Pavillon-
bauten finden, die den Eingang zu dem ganzen
Terrain flankieren. Im Äußeren von der gleichen
geschlossenen Putzarchitektur mit roten Ziegel-
dächern, sind sie im Innern mustergültige Bei-
spiele von jener geschmackvollen Regisseurkunst,
die man der Aufmachung des Massenguts auf

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