DIE NORDWESTDEUTSCHE KUNSTAUSSTELLUNG IN OLDENBURG.
unseren Ausstellungen so oft wünschen möchte
und die so selten bisher geübt worden ist. In
dem einen werden Zigarren verkauft, in dem
andern stellte die beste der Delmenhorster
Linoleumfabriken, die Ankermarke, ihre Muster
aus. Schon das war anerkennenswert genug,
die ungefügen Linoleumrollen und das bunte
Allerlei der Musterstücke so unterzubringen,
daß sie gesehen wurden, ohne zu beleidigen. —-
Der große programmatische Wert dieser in
wenigen Wochen geschaffenen Architektur ist
ihre Opposition gegen die alles Gefühl für
Gesetzmäßigkeit und Ruhe vernichtende Sucht
nach malerisch aufgelöster Gruppierung, gegen
das Streben, an Stelle der klaren, unver-
schnörkelten Grundform den Ausputz durch
bunt zusammengelesene Motive zur Hauptsache
des Bauens zu machen.
Man zählt hier im Norden Peter Behrens
zu den Hanseaten; und wer den schweren, auf
gutes Material und handfeste Arbeit gerichteten
Geschmack, die wenig bewegliche konservative
Kultur der alten Hansestädte kennt, wie sie vor
einem Jahrhundert in der soliden Nüchternheit
des Empire sich besonders gründlich ausgelebt
hat, der wird in der ernsthaften, monumentalen
Einfachheit eines Peter Behrens tatsächlich ein
stark persönlich nuanciertes, charakteristisch
niedersächsisches Wesen verspüren. Seine
Zugehörigkeit zu diesem Stammesgebiet war
auch Veranlassung, daß man ihn gerade zum
Baumeister der Kunsthalle nach Oldenburg
berief; denn das war die Absicht dieser nord-
westdeutschen Kunstausstellung, daß sie zu-
sammenfassen wollte, was von Malern, Plastikern
und Meistern der Graphik aus niedersächsischer
Art heute geschaffen wird. Kaum ein anderer
Teil des Deutschen Reiches lohnt diesen
Versuch so sehr wie gerade dieser, in dem
eine ganze Anzahl wundervoll ausgeprägter
Charaktere in weltvergessener Einsamkeit abseits
von aller erfolgebringenden Vetterschaft einzeln
hausen oder zu kleinen Kolonien sich zusammen-
gefunden haben. Und gar mancher darunter ist
trotz seinem hingebenden rastlosen Mühen, trotz
seiner erfrischend persönlichen starken Kunst ein
Unbekannter, weil die großen Ausstellungen, die
bei uns das Kunsturteil machen, unter der Bot-
mäßigkeit von Vetterschaften und Prinzipien
stehen und den ignorieren, der nur mit ehr-
lichem Wollen und tüchtigem Können an sie
herantritt. Deshalb war die Oldenburger Aus-
stellung für den, dem ein ruhiges Ausreifen der
gesunden eigenen Saat mehr wert scheint, als
eine neue Ausstellungssensation, ein herzhafter
Schritt vorwärts. Sie hat unter den beteiligten
Künstlern den Erfolg gehabt, daß sie das
moralische Gewicht ihrer Stammesgemeinschaft
erkennen lernten. Vielleicht hilft sie auch,
den Ausstellungen, soweit sie nicht sich als
internationalen Markt gerieren müssen, ein
ähnlich gesund und heimatlich gedachtes
Rückgrat zu geben; und das wäre gewiß recht
heilsam.
Peter Behrens. Nordwestdeutsche Kunstausstellung in Oldenburg. Teil aus dem Garten.
unseren Ausstellungen so oft wünschen möchte
und die so selten bisher geübt worden ist. In
dem einen werden Zigarren verkauft, in dem
andern stellte die beste der Delmenhorster
Linoleumfabriken, die Ankermarke, ihre Muster
aus. Schon das war anerkennenswert genug,
die ungefügen Linoleumrollen und das bunte
Allerlei der Musterstücke so unterzubringen,
daß sie gesehen wurden, ohne zu beleidigen. —-
Der große programmatische Wert dieser in
wenigen Wochen geschaffenen Architektur ist
ihre Opposition gegen die alles Gefühl für
Gesetzmäßigkeit und Ruhe vernichtende Sucht
nach malerisch aufgelöster Gruppierung, gegen
das Streben, an Stelle der klaren, unver-
schnörkelten Grundform den Ausputz durch
bunt zusammengelesene Motive zur Hauptsache
des Bauens zu machen.
Man zählt hier im Norden Peter Behrens
zu den Hanseaten; und wer den schweren, auf
gutes Material und handfeste Arbeit gerichteten
Geschmack, die wenig bewegliche konservative
Kultur der alten Hansestädte kennt, wie sie vor
einem Jahrhundert in der soliden Nüchternheit
des Empire sich besonders gründlich ausgelebt
hat, der wird in der ernsthaften, monumentalen
Einfachheit eines Peter Behrens tatsächlich ein
stark persönlich nuanciertes, charakteristisch
niedersächsisches Wesen verspüren. Seine
Zugehörigkeit zu diesem Stammesgebiet war
auch Veranlassung, daß man ihn gerade zum
Baumeister der Kunsthalle nach Oldenburg
berief; denn das war die Absicht dieser nord-
westdeutschen Kunstausstellung, daß sie zu-
sammenfassen wollte, was von Malern, Plastikern
und Meistern der Graphik aus niedersächsischer
Art heute geschaffen wird. Kaum ein anderer
Teil des Deutschen Reiches lohnt diesen
Versuch so sehr wie gerade dieser, in dem
eine ganze Anzahl wundervoll ausgeprägter
Charaktere in weltvergessener Einsamkeit abseits
von aller erfolgebringenden Vetterschaft einzeln
hausen oder zu kleinen Kolonien sich zusammen-
gefunden haben. Und gar mancher darunter ist
trotz seinem hingebenden rastlosen Mühen, trotz
seiner erfrischend persönlichen starken Kunst ein
Unbekannter, weil die großen Ausstellungen, die
bei uns das Kunsturteil machen, unter der Bot-
mäßigkeit von Vetterschaften und Prinzipien
stehen und den ignorieren, der nur mit ehr-
lichem Wollen und tüchtigem Können an sie
herantritt. Deshalb war die Oldenburger Aus-
stellung für den, dem ein ruhiges Ausreifen der
gesunden eigenen Saat mehr wert scheint, als
eine neue Ausstellungssensation, ein herzhafter
Schritt vorwärts. Sie hat unter den beteiligten
Künstlern den Erfolg gehabt, daß sie das
moralische Gewicht ihrer Stammesgemeinschaft
erkennen lernten. Vielleicht hilft sie auch,
den Ausstellungen, soweit sie nicht sich als
internationalen Markt gerieren müssen, ein
ähnlich gesund und heimatlich gedachtes
Rückgrat zu geben; und das wäre gewiß recht
heilsam.
Peter Behrens. Nordwestdeutsche Kunstausstellung in Oldenburg. Teil aus dem Garten.