Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 10.1905

DOI issue:
Nr.12
DOI article:
Rüttenauer, Benno: Neuere Erwerbungen der Nationalgalerie
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26235#0252

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
NEUERE ERWERBUNGEN DER NATIONALGALERIE.

das wirklich Erworbene Wert und Bedeutung
hat. Eine Versäumnis im Kaufen kann nach-
geholt werden; Nichtswürdigkeiten leichtsinnig
erworben zu haben, ist böser. Auch jene Unter-
lassungen können andere Gründe haben als die
angedeuteten. Das Ankaufen von Kunstwerken
des Tages fördert fraglos einzelne Künstler, und
die Anschaffungen der neuen Pinakothek in
München scheinen oft einzig diesen Zweck im
Auge zu haben.

Die Galerie ist
dann kein Zweck
mehr an sich,
sondern ein Mittel;
oder sie ist Zweck
nur noch so neben-
bei. Wenn man
dagegen bedenkt,
daß die Galerie
ihre vorwiegend
pädagogische Auf-
gabe mehr in der
Zukunft als in der
Gegenwart zu er-
füllen hat, so wird
eine weise Zu-
rückhaltung ge-
rade den letzten
Produkten des Ta-
ges oder jeweiligen
Jahres gegenüber
wohl zu recht-
fertigen sein. Und
diese Rechtferti-
gungstehtvollends
außer Frage, wenn
die letzte Entwick-
lung der Kunst be-
reits ziemlich ver-
treten ist, während
aus den Perioden
der jüngsten Ver-
gangenheit viel-
leicht Lücken aus-
zufüllen sind.

Das könnte in
der Tat das Leit-
motiv bei den An-
schaffungen der
Nationalgalerie ge-
wesen sein. Ich
kann mir sehr wohl denken, daß ein fein-
sinniger Galeriedirektor, auch wenn ihm in
der Gegenwart keine Schranken gezogen sind,
den Ehrgeiz hat oder vielmehr das Pflicht-
bewußtsein, feine Dinge früherer Perioden, die
in den letzten Jahrzehnten mißachtet waren, auf-
zuspüren und mit ihrer Aufstellung zeitlichen
Vorurteilen und Schiefurteilen entgegenzutreten,
und Einseitigkeiten, in denen er vielleicht
einmai selber befangen war, auszugleichen.

Es hat denn auch durchaus den Anschein, als
ob Herr von Tschudi seit einigen Jahren be-
müht war, das Bild von der Malerei des
XIX. Jahrhunderts in diesem Sinn zu vervoll-
ständigen.

Wir können ihm dafür nur unsern Beifall
zollen. Und wir müssen sagen, er hat dabei
durchweg eine glückliche Hand bewiesen.

Da sind gleich zwei feine alte Frankfurter,

zwei Landschaf-
ten, die eine von
Eysen, die andere
von Burnitz, beide
vorzügliche intim
empfundene
Bilder, besonders
aber die letzte eine
so weiche und
duftige Malerei,
daß man allen
Respekt bekommt;
die Wirkung ist
freilich nur eine
stille und leise.
Es ist eine Kunst,
die sich noch nicht
dasSchreien ange-
wöhnt hat. Nicht
jeder vernimmt
ihre Sprache.

Auch ein Bild-
niskopf von Eysen
verdient Beach-
tung.

Eine Sommer-
landschaft von Al-
bert Brendel aus
den fünfziger Jah-
renund ein kleines
Idyll ,,Im Haus-
garten“ von dem
Wiener Engert
stellen sich den
genannten Frank-
furtern würdig zur
Seite. Diese Bil-
der sind wie in
den Dimensionen
und im Gegen-
stand so auch als
Malerei beschei-
den und anspruchslos; sie sind aber durchaus
künstlerisch empfunden und verraten auch nicht
im kleinsten Punkt ein unzulängliches Können.

Von einem andern alten Wiener, dem 1865
verstorbenen Waldmüller, sind mehrere Sachen
angekauft worden. Dessen Landschaften, fast
immer Motive aus dem Wiener Prater, wirken
in gewissem Sinn nicht so günstig wie die der
Genannten. Sie sind eben auch älter. Es ist
eine harte, luftlose Malerei.

L. Eysen. Taunuslandschaft.

444
 
Annotationen