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Ross, Ludwig; Ross, Ludwig [Hrsg.]
Archäologische Aufsätze (Band 1): Griechische Gräber. Ausgrabungsberichte aus Athen. Zur Kunstgeschichte und Topographie von Athen und Attika — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.9053#0087

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.VI

tritt an ihm stark hervor, Augen und Mund sind selten ange-
deutet. Der Leib ist flach, fast viereckig, die Arme sind aul
den Leib gelegt; die weiblichen Brüste sind kenntlich ange-
geben, bei einigen Figuren selbst die Schamtheile, sogar das
Schamhaar angedeutet. Die Beine stehen gerade neben einan-
der und sind nicht immer in ihrer ganzen Länge von einander
gesondert. Diese weiblichen Idole (Astarte ? Aphrodite?) sind
gewöhnlich drei bis sechs Zoll hoch. Ich selbst besitze, eine
Figur dieser Art von Paros von neun Zoll Länge, die zu den
grössten und am meisten ausgeführten gehört, welche mir vor-
gekommen sind. — (Die räthselhaften Obsidianklingen finden
sich übrigens in grosser Menge, wenn auch nur in kleinen
Splittern, an vielen Orten Griechenlands auf dem Boden, na-
mentlich auch in Attika; der Ort ihrer Herkunft ist nicht be-
kannt. Herr Finlay kam auf die Vermuthung, es könnten in
einer früheren Zeit die Bretter oder Schleifen, die man zum
Ausdreschen des Getreides auf den Dreschtennen darüber hin-
schleift , mit diesen schneidenden Steinen besetzt gewesen sein,
wie dies noch in einigen Gegenden Asiens der Fall ist.)

Von welchem Volke sind nun diese Gräber und diese Fi-
guren? Thierach hielt sie, wie gesagt, für karisch. Allein
ich habe gegen diese Ansicht Bedenken erheben müssen 5).
weil der wunderliche und höchst unwissende, aber eben
deshalb in seinen Beobachtungen, so viel an ihm lag, zu-
verlässige Archäolog Graf Pasch van Krienen die Marmor-
schalen, Steinklingen und Idole auch in dem „Grabe Homers"
und in vier späteren' griechischen Gräbern bis auf die Römer-
zeit herunter gefunden haben will6). Es fragt sich nur, ob er
nicht vielleicht den Inhalt ganz verschiedner Gräber, die sieb
neben einander in derselben Nekropole fanden, vermischt und

5) Inselr. I. 101.

(ϊ) Descriz. dell' Arcipelago p. 17. 40. 41. 43. 46. 80. Er nemit
die Steinklingen: uno stile di eerta materia che taglia il marmo; — an
pezzetto di stile; uno Stile in quattro pezzi u. s. w., und giebt schwarz
(nero) als die Farbe an. Die Marmorschalen bezeichnet er als una
scudella ossia piatto fondo di marmo; die Figuren als statne di marmo
mezzane, oder piecoli idoli con la testa staccata, oder als idoletti. Er
meint also ohne Zweifel dieselben Gegenstände, wie die oben beschrie-
benen.
 
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