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Ross, Ludwig; Ross, Ludwig [Hrsg.]
Archäologische Aufsätze (Band 1): Griechische Gräber. Ausgrabungsberichte aus Athen. Zur Kunstgeschichte und Topographie von Athen und Attika — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.9053#0239

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vermeinte Zeitgenossenschaft des Strongylion und Praxiteles in
nichts zusammen, sondern es wird aueli einleuchtend, dass
jener bedeutend früher hinaufgerückt werden sattes; da man
doch wohl nicht wird annehmen wollen, dass die Gründung
eines Heiligthums und Stiftung eines Cultushildes , zur Verherr-
lichung eines Vorfalls aus dem Kriege mit Mardonios, zumal
bei der bekannten Kuhmliebe der Megareer, sich länger als
hundert Jahre nach der Begebenheit selbst verzögert haben
sollte. Vielmehr erscheint als der einzige passende Zeitpunkt
dafür die Friedensepoche, welche dem peloponnesischen Kriege
vorherging.

Nicht viel besser sieht es aus mit der zweiten Annahme,
dass Strongylion ein Zeit- und Kunstgenosse des älteren Kephi-
sodotos gewesen sei, den Plinius (Η. N. 34, 19. init.) um die
102te Olympiade ansetzt. Sie beruht darauf, dass Paosaniae
in der Beschreibung des Helikon zwei Statuengruppen der
Musen anführt, von denen die eine ganz von Kephisodotos,
die andere je zu einem Drittheile von ihm, von Strongylion
und Olympiosthenes gefertigt war6). Hier mangelt jeder chro-
nologische Anhaltspunkt, zumal da Olympiosthenes' Zeitalter
ganz unbekannt ist; die genannten Künstler könnten daher
eben so füglich auch der jüngere Kephisodotos, Sohn des Pra-
xiteles, dessen Vater ja für die Stadt Thespiä zu arbeiten
pflegte 7), und irgend ein jüngerer Strongylion, etwa ein Neffe
oder Enkel des älteren sein. Allein wir wollen diese Zweifel
nicht ernsthaft erheben, sondern uns zu der gewöhnlichen An-
nahme bekennen, dass hier an den ältern Kephisodotos zu
denken sei: so folgt doch immer noch nicht daraus, dass Stron-
gylion bis in die 102te Olympiade herabgerückt werden müsse.
Denn erstlich konnten ja seine drei Musenbilder die älteren,
und die des Kephisodotos — um den Olympiosthenes hier ganz
aus dem Spiele zu lassen — erst später zur Vervollständigung
der Gruppe hinzugefügt worden sein; oder zweitens, wenn man
ein gleichzeitiges Arbeiten der drei Künstler voraussetzen will
(wofür allerdings die gleichmässige Vertheilung der Musen zu
je dreien unter sie zu sprechen scheint), so hindert nichts, die

6) Id. '.), 30, 1.

7) C. I. G. I, n. 1004. VrgL meinen Brief an Geh.Rath Thiersch,
Anm. 33 [oben S. 173.]
 
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