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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 1
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Tafel I
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Schnütgen, Alexander: Entwurf eines romanischen Hochaltars
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Stummel, Friedrich: Die Dekoration der Sainte Chappelle und der Notre-Dame Kirche zu Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0026

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27

1893. -- ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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Felder mit ganz kleinen Goldmosaik- oder
Hinterglasmalerei-Medaillons verziert werden.
Für den auf der Rückwand bezw. dem Retabel
sich aufbauenden Baldachin, der mit Recht eine
gewisse Breitenentwickelung zeigt, mit seinen
etwas zurücktretenden giebelbekrönten Flankir-
tafeln ist Holz vorgesehen, welches ganz zu
koloriren ist, und zwar die Pilaster roth mit
vergoldetem Flachschnittornament, Kapitelle und
Kämme in Gold, die Dachschindelung wie die
Flächen der Kleeblattbögen grün, die sie tragen-
den Säulen roth. Die Zierrosetten können auch
hier durch Hinterglasmalereien, aber auch durch
Stuck- (Kreide mit Leim, Harz und Leinöl) Auf-
trag gewonnen werden. Für die beiden Holz-
reliefs der Verklärung und des letzten Abend-
mahles erscheint Vergoldung der Figuren mit
farbiger Behandlung der Karnationsparthieen und
der Futterumschläge, Blau oder Roth für den
Hintergrund angebracht. Mit Bezug auf alle diese
Farbenvorschläge ist vielleicht die Bemerkung
nicht überflüssig, dafs die Einzelwahl von der
ganzen Umgebung abhängig gemacht, weil har-

monisches Zusammenwirken hauptsächlich er-
strebt werden mufs. — Für das Standkreuz der
Expositionsnische ist Metall angenommen, kann
aber auch Holz verwendet und die Einrichtung
getroffen werden, dafs es auch (ohne den Fufs)
als Vortragekreuz dienen kann. Die beiden
Biklertafeln sind, im Unterschiede von derNische,
lose aufstehend gedacht, so dafs sie ganz leicht
umgestellt und von den Rückseiten zu verwen-
den sind, die mit einem Trauerschmuck für
Todtenoffizien ausgestattet werden könnten, um
den Altar auf ganz einfache Art auch diesem
Zwecke dienstbar zu machen. Hierfür würden
sich Inschriften, Symbole, auch figürliche Dar-
stellungen (etwa des Fegefeuers) eignen, sei es
in gemalten Goldkonturen auf schwarzem Grund,
in Flach- oder Applikationsstickerei auf Seide
oder Sammet. — Also auch hier bietet sich
wiederum für die Ausstattung ein weiter Spiel-
raum, eine sehr wichtige Vorbedingung für die
Mannigfaltigkeit, welche zu den Reizmitteln aller
Kunstwerke, namentlich auch der kirchlichen,

gehölt. Schnütgen.

Beiträge und

Die Dekoration der Sainte-Chapelle und
der Notre-Dame-Kirche zu Paris.

Nachrichten.

ie St. Chapelle du Palais, jene Kapelle, welche
Ludwig der Heilige in den Jahren 1245 bis
1248 von Peter von Montereau halte erbauen
lassen, um die Dornenkrone und eine grofse
Partikel des hl. Kreuzes dort aufzubewahren, war das
Ziel und der Hauptzweck meiner Reise nach Paris.
Mit grofsem Interesse besichtigte ich den feingliedrigen,
aus Hausteinen errichteten Bau, der bei seiner Ent-
stehung in einer Weise auf allen Flächen und Gliede-
rungen im Innern mit Gold und F'arben bedeckt wurde,
wie es seiner Bestimmung würdig und seiner baulichen
Konstruktion entsprechend war. Spuren dieser alten
Bemalung waren noch so zahlreich vorhanden, dafs
nach denselben unter der Leitung von Viollet-le-Duc
eine sorgfältige Erneuerung möglich war. Die untern
Wände wurden in Oel-Wachsmalerei ausgeführt und
haben sich gut gehalten. In den obern Theilen, be-
sonders in dem blauen, mit Sternen besäten Gewölbe,
ist die Eitempera verwendet worden, gegen deren Ge-
brauch man nur warnen kann, der in unserem feuchten
Klima unausbleiblich eintretenden Fäulnifs wegen. Auch
hier überzieht ein weifslicher Schimmel verschiedene
Stellen und nimmt für ein aufmerksames Auge der
Farbe das Feuer. Unter- und Oberkirche sind gleich
Teich bemalt. Farbe und Gold wechselt in vorzüg-
licher Auswahl und die Ornamente sind so zierlich und

fein, dafs jedesmal der Grundton des einzelnen Gliedes
voll zur Geltung kommt und das Ornament nur wie
ein feines Netz von Linien und Farben dem Grundton
Mannigfaltigkeit verleiht, sei es, dafs den goldenen
Grund ein zierliches Farbenmuster belebt, oder dafs
der farbige Grund durch goldene Ornamente wie mit
mit einem goldigen, warmen Hauche durchzogen ist.
Der Eindruck des Ganzen ist ein vornehmer und
dem Glänze des Goldes und der Farbe sind noch be-
sondere Effekte edler Wirkung hinzugefügt, indem in
den Gründen des Mafswerks der Arkatur unterhalb der
Fenster sogen. Eglomise-Malerei eingefügt ist. Dieses
ist eine alte Technik, von welcher sich auch im Kölner
Dom Spuren erhalten haben an den polychromirten
Figuren des hohen Chores. Die Technik besteht darin,
dafs hinter Glastafeln gemalt und vergoldet wird, wo-
durch solch ein Zierstück eine emailartige Wirkung er-
hält. Am Bogen des Lettner sind solche Theile wie
einzelne kleine Rauten und Vierpässe nebst edlen Steinen
zwischen dem gemalten Ornament verwendet, Aehn-
liches ist auch an dem Bogen über den königlichen
Sitzen angebracht. Wenn so die Malerei in Anwen-
dung ihrer gröfsten Mittel sich bemüht hat, den Raum
aus dem Bereiche des Materiellen, des konstruktiven
Steinmaterials zu einer durchaus ideellen Bedeutung
eines jeden Baugliedes zu erheben, so tritt zu diesem
erhabenen Eindruck die mächtige Wirkung der fünf-
zehn Fenster, welche, nur von den nothwendigen Massen
zierlich gegliederter Säulen getrennt, in weiten Feldern
 
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