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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 6
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Effmann, Wilhelm: Die Glocken der Liebfrauen-(Ueberwasser-)Kirche zu Münster i. W.
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Schnütgen, Alexander: Romanischer Bronzeleuchter im ungarischen Nationalmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0110

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187

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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in schweren, nur leicht geschwungenen Falten
herunterfällt. Künstlicher ist der leichte Mantel
drapirt, der am Halse von einer Agraffe zu-
sammengefaßt ist und in vielfachen Umschla-
gungen die Unterseite zeigt.

Noch reicher ist die Gewandbehandlung bei
der dritten Figur (Fig. 2), der Gottesmutter mit
dem Kinde. Einem Kopftuch gleich ist hier der
Mantel auf das Haupt der Jungfrau gelegt; er
wird von den Armen aufgehoben und hängt in
mehr horizontaler Fältelung vor der Brust herab,
so dafs das Untergewand erst von den Knieen an
sichtbar wird. Während in der Verkündigungs-
szene die Jungfrau barhaupt dargestellt ist, er-
scheint sie hier als die Himmelskönigin, das
Haupt mit einer reichen Zackenkrone geschmückt,
deren Reif zugleich dazu dient, den Mantel fest-
zuhalten. Recht natürlich ist die Haltung des
freilich etwas klein ausgefallenen Christuskindes,
wie es nach dem Apfel greift, den die Mutter
ihm darreicht.

Wenn der Giefser der Glocke sich genannt
hätte, so würden wir in seinem Namen muth-
mafslich auch den des Künstlers kennen, der
die Reliefbilder geschaffen hat. Jedenfalls sind
sie eigens zu dem Zwecke der Anbringung auf
Glocken modellirt worden. Jhr Schöpfer war
sich bewufst, dafs Reliefs von solcher Gröfse
auf den Glockenmantel, wenn die Klangwirkung
keine Einbufse erleiden sollte, möglichst flach
gehalten werden mufsten; er ist deshalb auch

bei den am stärksten vortretenden Theilen, wie
den Köpfen, den Knieen, der Krone u. s. w.
nicht über einen Vorsprung von 1 l/s cm heraus-
gegangen, aber die schöne, kräftige Bildung der
breit gestalteten Figuren läfst kaum die Schwierig-
keiten ahnen, deren der Künstler dabei hat
Herr werden müssen.

Die obere Randverzierung bildet ein flott
stilisirtes Weidenblatt-Ornament, das einen kräf-
tigen Rundstab umrankt. Es zeigt dieselbe Breite
und flache Behandlung wie die Reliefs.

Die hier beschriebene Glocke findet ihr
Gegenstück in einer in der Marktkirche zu
Lippstadt befindlichen Glocke, die inschriftlich
auf das Jahr 1417 datirt, also zwei Jahre nach der
der Liebfrauenkirche entstanden ist und genau
dieselben Relief-Bildwerke wie die Münsterische
Glocke aufweist. Bei dieser Uebereinstimmung
in Zeit, Form und Schmuck kann kein Zweifel
darüber herrschen, dafs uns in diesen Glocken
von Münster und Lippstadt Werke eines und
desselben Giefsers erhalten sind. Weitere Glocken
desselben sind mir zwar nicht bekannt gewor-
den: die Hoffnung ist aber nicht unberechtigt,
dafs solche gelegentlich der Inventarisirung der
westfälischen Kunstdenkmäler, mit deren Ver-
öffentlichung dem Vernehmen nach nun auch in
Bälde begonnen wird, nachgewiesen werden.
In dem Falle wird dann vielleicht auch der Name
des Giefsers und Künstlers an's Licht kommen.

Freiburg i./S. W. Effmann.

Romanischer Bronzeleuchter im ungarischen Nationalmuseum

Mit Abbildung.

er hier von

der Seite abgebildete
Bronzeleuchter ist vor Kurzem in
dem Komitat Szabolcs gefunden und
für das ungarische Nationalmuseum
erworben worden. Gemäfs den mir zugesandten
Angaben beträgt seine Höhe 20,2 cm, seine
gröfste Länge 14,7 cm. Offenbar besteht er in
einem einzigen Gufsstück, welches aus der ver-
lorenen Wachsform, also nur in einem Exemplar
gewonnen ist. Der Zusammenhang des Ganzen
ist nur an einer Stelle wenig merkbar unter-
brochen, nämlich an dem Ausläufer des den
Rücken bekrönenden Rankenzuges, und diese
kleine Trennung dürfte schon bei dem Erkal-
tungsprozefs erfolgt sein. Vorne bilden die stäm-

migen gespreizten Beine, hinten die nach unten
gezogenen dünnen Flügelendigungen den Unter-
satz, und der Umstand, dafs diese ganz unver-
kürzt, sogar unverbogen sich erhalten haben,
beweist die Schonung, die das Geräth stets er-
fahren hat, bezw. seinen spärlichen Gebrauch.
An sich in Form und Technik ein etwas rohes
Machwerk, hat es mit der Feile einige Bearbei-
tung erfahren. Die Verzierungen, welche der
Meifsel zur Markirung der Flügelfedern und zur
Dekoration des Unterkörpers ihm beigebracht
hat, gehen auch über den Rahmen des Hand-
werksmäßigen nicht hinaus. Diese primitive Be-
handlung rechtfertigt aber keinerlei Schlüsse in
Bezug auf Ursprungszeit oder Ort. Der Gelbgufs
 
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