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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 8
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0144

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251

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

252

Nachrichten.

Der kunsthistorische Kongrefs in Nürnberg,

der erste Nachfolger des 1S73 in Wien veranstalteten
kunstwissenschaftlichen Austausches hat am 25. Sep-
tember seinen Anfang genommen und am 28. September
in einem Ausflüge nach Bamberg seinen Abschlufs ge-
funden. Die Vormittage waren den Berathungen
und Vorträgen gewidmet, die im Konferenzsaale des
Germanischen Museums stattfanden. Die Nachmittage
waren durch die Besichtigung der Stadt und
ihrer Alterlhümer ausgefüllt; die Abende dienten
dem gemülhlichen, zwanglosen Verkehre. Unter den
fünfzig Mitgliedern, die einer Einladung der Pro-
fessoren Holtzinger, Kraus, von Lützow, von
Oechelhäuser gefolgt waren, war viel mehr der
Süden, als der Norden Deutschlands vertreten, aber
auch das Ausland: Ungarn, Polen, Norwegen,
Holland, Belgien. Zahlreicher junger Nachwuchs
hatte sich um die älteren Herren geschaart und der
Geist, der Alle beseelte, war ein so frischer, die Stim-
mung eine so einmtithige, dafs in Bezug auf wichtige
Fragen sehr bald die Verständigung sich ergab, und
die Beschlüsse stets einstimmig gefafst wurden. — Dank
der vortrefflichen Vorbereitung durch das aus dem
Direktor Bosch, den Assistenten Fuhse und Hampe
bestehende Lokalkomite, welches auch in einem Saale,
des Museums eine kleine, aber sehr ausgewählte Lokal-
ausstellung von Manuskripten, Miniaturen, Gemälden,
Goldschmiedesachen etc. veranstaltet hatte, erledigten
sich schnell die Präliminarien, und nachdem von
Lützow den Vorsitz übernommen hatte, wickelten
sich unter seiner ebenso liebenswürdigen wie bestimmten
Leitung die Verhandlungen in sehr glatter Weise ab.
Diese Verhandlungen bezogen sich vornehmlich
auf die dem Kongrefs zu gebenden Satzungen, so-
wie auf die ihm empfohlene Gründung eines Instituts
für neuere Kunstforschung in Florenz. — Der
durch eine Kommission geprüfte und emendirte, von
der Gesammtheit einstimmig angenommene Statuten-
entwurf stempelt die kunsthistorischen Kongresse
zu einer dauernden Einrichtung, als ihren Zweck „die
Förderung des persönlichen Verkehrs und
MeinungsaustauschesunterdenFachgenossen
allerLänder, dieVeran staltung von Vorträgen
un d Exkursionen , sowie dieBerathung wich-
tiger Fragen und Aufgaben der Kunst Wissen-
schaft" bestimmend und deren zweijährige Wieder-
kehr als Regel festsetzend. Dafs von dieser Regel
sofort schon eine Ausnahme gemacht wird, indem der
nächste Kongrefs schon im folgenden Jahre und zwar
in Köln stattfinden soll, hat sowohl in dem Bestreben
seinen Grund, der neuen Einrichtung einen möglichst
festen Bestand zu sichern, als auch in dem Wunsche,
mit jenem die Theilnahme an der Feier des 400jährigen
Geburtstages Memling's in Brügge verbinden zu können.
Für den übernächsten Kongrefs im Jahre 18G9 ist
Budapest in Aussicht genommen, wohin Direktor
von Pulszki im Auftrage des Kultusministers zu der
für die Feier des Millenariums projektirten grofsartigen

Alterthümer-Ausstellung einlud. — Der Antrag, nach
dem Vorbilde des archäologischen Institutes in Rom,
ein solches für neuere Kunstforschung in Flo-
renz zu gründen, wurde lebhaft erörtert und nament-
lich hervorgehoben, dafs hierbei auf die mittelalter-
liche Kunstgeschichte besondere Rücksicht zu nehmen
und alsbald auch in Deutschland, vielleicht in Nürn-
berg, später auch in den stammverwandten Nieder-
landen ein demselben Zwecke dienendes Institut in's
Leben zu rufen sei. Der von einer Kommission ver-
fafste Aufruf, in welchem auch diese beiden Gesichts-
punkte besonders hervorgehoben sind, fand die Zu-
stimmung sämmllicher Mitglieder und die bei den-
selben sofort in Cirkulation gesetzte Liste lieferte zu
den Kosten des zunächst auf freiwillige Beiträge an-
gewiesenen Institutes einen ansehnlichen Grundstock. —
Die den Austausch der Kataloge der Gemäldegallerien,
die Beschaffung grofser photographischer Aufnahmen,
die Einrichtung von Gipssammlungen, den Fortbesland
des »Reperloriums für Kunstwissenschaft« u. s. w. betr.
Anträge fanden ebenfalls allseitige Unterstützung.

Den Rest der Vormittage füllten die Vorträge
aus. Hampe sprach über „deutsche Kunst und deutsche
Litteralur um die Wende des XV. Jahrh.", für deren
Vergleich er manche neue Gesichtspunkte bot. — Pro-
fessor Dietrichson hielt an der Hand von Abbil-
dungen über „die norwegische Holzarchitektur und die
norwegischen Bauten des deutschen Kaisers zu Ro-
minten" einen ebenso lichtvollen als formvollendeten
deutschen Vortrag. — Professor Wauters legte in
lebhafter französischer Sprache dar, dafs Hans Mein-
ung aus Memmlingen bei Mainz stamme und wies auf
ein vor einigen Jahren aus einem spanischen Kloster
nach Paris verkauftes grofses Werk dieses Künstlers
hin, welches die Brüstung einer Orgel gebildet haben
diiifte. — Professor Galland empfahl das Rijksarchiv
im Haag als Quelle für die niederländische Kunst-
geschichte. — Maler Berger erklärte sehr anschaulich
„die Entwickelung der Maltechnik im Alterthum". —
In formgewandter, meisterhafter Weise behandelte Pro-
fessor Neuwirth „das mittelalterliche Krakau und
seine Beziehungen zur deutschen Kunst", an der Hand
der Urkunden und der abbildlich vorgeführten Monu-
mente die Abhängigkeit der Kunsllhäligkeit in Krakau
von Deutschland, namentlich von Nürnberg nach-
weisend. — Fuhse brachte hochinteressante Mit-
theilungen aus den ausgestellten DUrerhandschriften.

Die nachmittägigen Besichtigungen galten aufser
dem Museum, der St. Sebaldus- und Lorenzkirche, der
Burg, vor Allem dem Rathhause, in dessen Fest-
saale Rechtsrath Schwemmer die Kongrefsmitglieder
durch eine feierliche Ansprache begrüfste und jedem
derselben eine eigens für diesen Zweck geprägte Ge-
dächtnifsmedaille überreichte.

Das gemeinschaftliche Mittagessen im „Württem-
berger Hof" gestaltete sich, da für Mehrere bereits
die Abreise bevorstand, zum Fest-und Absch ieds-
mahl, bei dem in fröhlichster Stimmung die Parole
lautete: Auf Wiedersehen in Köln! SchnUtgen.
 
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