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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 12
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383

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 12.

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trachtungen allgemeiner Art enthält, wie z. B. eine
Warnung vor dem Drange, immer Neues zu schallen,
originell zu erscheinen, vor dem Ueberladen der Bauten
mit Ornament, der Verwendung von Surrogaten. Ins-
besondere aber legt er Verwahrung ein gegen das,
was ich als Biireaukratisiren des Bauwesens und der
dasselbe Uebenden (Legal Registration of Architects)
durch die Gesetzgebung bezeichnen zu können glaube.
In den fünf bis jetzt weiter erschienenen Heften treten
besonders Abhandlungen hervor über das altgriechische
Haus, nach einer Beschreibung desselben von Vitruvius,
über die in Chicago aus Anlafs der Weltausstellung
errichteten Bauten, und eine solche über den Einflufs
der klassischen Baukunst nach Indien und Afghanistan
hin. Ueberhaupt erscheint das Kunstalterthum Indiens
öfters im Vordergrund. Das fünfte Heft eröffnet ein
besonders historisches Interesse darbietender, im
sechsten Heft fortgesetzter Bericht über die Leicester-
Abtei, innerhalb welcher Kardinal Wolsey sein sturm-
bewegtes Leben mit dem Bekenntnifs schlofs, dafs er
nun nicht im Elend stürbe, wenn er Gott so eifrig ge-
dient hätte, wie dem König. Bald nachher verschwand
mit den Bauten der säkularisirten Abtei die Grab-
stätte Wolsey's spurlos. Zahlreiche Abbildungen ver-
anschaulichen meist das Beschriebene. An die Verlesung
der Abhandlungen im Schoofse des Vereinsvorstandes
reihen sich durchweg Besprechungen derselben, wie
denn überhaupt kontradiktorische Erörterungen manche
Spalte füllen.

Noch sei einer in's Leben eingreifenden ,,Adresse"
des Institutspräsidenten Anderson an die Baubeflissenen
(students) gedacht, über das wechselseitige Verhältnifs
der Architekten zu einander, des Meislers zu seinen
GehUlfen, über Konkurrenzen, das Eigenthum an Bau-
plänen und über sonstige Punkte noch, welche, wie
die beregten, auch für unsere deutschen Architekten
der praktischen Bedeutung nicht entbehren.

Selbstverständlich wird über alle Vorkommnisse
innerhalb des Bereichs des Institutes und der zu dem-
selben in Beziehung stehenden Vereine zunächst be-
richtet. Aufserdem läfst aber das Journal in Bezug auf
Reichhaltigkeit und Mannichfaltigkeit seinen Abnehmern
schwerlich etwas zu wünschen übrig.

Hoffentlich genügt Vorstehendes, wie wenig auch
auf das Einzelne eingegangen werden konnte, um
die Freunde der monumentalen Kunst, insbesondere
die Architekten, zu veranlassen, durch Kenntnifsnahme
von dem Organ des in London konzentrirten Institutes
sich selbst ein Unheil über ersteres zu bilden. Ueber-
haupt dürfte sich ein regerer Wechselverkehr, als der- '
malen stattfindet, zwischen den Kunstfreunden des i
mächtigen, über die reichsten Mittel verfügenden Insel-
volkes und den unsrigen gar sehr empfehlen; sicherlich
würde solcher uns Deutschen, namentlich auf dem
Gebiete des Bauwesens, zum Vortheil gereichen.

P. S. Nachträglich sei noch die Bemerkung bei-
gefügt, dafs das soeben erschienene VII. Heft des Jour-
nals eine von vielen Abbildungen begleitete, eminent
praktische Abhandlung über den Bau der Wohnungen
enthält, welche mit der daran sich reihenden, wieder-
um kontradiktorischen, daher um so anregenderen Be-
sprechung nicht weniger als 31 Quartseiten einnimmt.

A, Rcichenspergcr.

Kühlen's Neueste Kunstblätter bestehen in
einem vielfarbigen Kommunion-Andenken und
in einem phototypischen Andacht sbilde, welches
unter dem Titel: „Zeit und Ewigkeil" von P. Kreiten
eingeführt wird. — Das erstere, Nr. 40, (in zwei ver-
schiedenen Gröfsen) im Stile des XIV. Jahrh. aus-
geführt, zeigt um die gröfsere geschickt komponirte
Abendmahlsdarstellung kleinere Szenen in hübscher
Anordnung, in Zeichnung und Farbe anmuthig be-
handelte, ausdrucksvolle Grüppchen, deren ornamentale
Einfassung ganz mustergültig ist, während die archi-
tektonische Bekrönung der Abendmahlsszene mit der sie
abschliefsenden Weinranke noch einige Härten zeigt. Die
Farbenharmonie und die technische Ausführung lassen
trotz der vielen Details kaum etwas zu wünschen übrig.

Das Andachtsbild, welches die Doxologie: ,,Ehre
sei dem Vater" u. s. w. als Unterschrift trägt, ist eine
ungemein figuren- und gedankenreiche Grofsfoliotafel,
welche von Professor Tobias Weifs, dem Meister der
in demselben Verlage erschienenen „Sceptra mortis"
(vergl. diese Zeitschr. Bd. IV, Sp. 205) gezeichnet ist,
Nach dem Vorbilde der mittelalterlichen Mysterien-
buhnen ist das tief empfundene, bis in die kleinsten
Einzelheiten sorgfältigst durchgeführte Blatt in drei
Theile gegliedert: Himmel, Erde (mit dem das ganze
Bild beherrschenden Kreuze) und Hölle, eine erhabene,
ergreifende Predigt, welche der von P. Kreiten bei-
gegebene eingehende Text um so verständlicher macht.
Für Unterrichts- wie für Erbauungszwecke ist das vor-
züglich komponirte, trotz der Ueberfülle der Figuren
nicht unruhig wirkende Kunstblatt gleich geeignet. H.

B e n z i g e r' s Beicht- und K o m m u n i o n - A n -
denken zeigen das Bestreben, den verschiedensten
Bedürfnissen und Geschmacksrichtungen auf diesem
viel begehrten und viel umworbenen Gebiete entgegen-
zukommen. Defswegen sind sie, wenigstens die Kom-
munionbilder, sehr reich an Zahl und sehr mannig-
faltig wie in der Gröfse, so in Bezug auf Darstellung,
Zeichnung und F'arbe. Neben den Duodezbildchen
erscheinen Crofsfoliotafeln, neben den Hauen Gruppen-
bildungen von allerlei Altargeräth mit symbolischen
Blumen und Früchten mancherlei figürliche Darstellun-
gen, die zumeist das letzte Abendmahl behandeln, oder
Christus als Hohepriester. Manche von diesen zeigen
ein ganz modernes Gepräge, weich im Ausdruck und
Kolorit, wie die meisten französischen Andachtsbilder;
andere schliefsen sich einigermafsen an ältere, aber
immer noch etwas naturalistische Stilrichtungen an;
mehreren liegen auch in der Gestaltung der einzelnen
Figuren, wie in deren Komposition mittelalterliche Vor-
bilder zu Grunde, und einzelne Tafeln, welche als die
besseren der ganzen Sammlung erscheinen, verdanken
ihre Vorzüge vornehmlich dem Anschlüsse an alt-
gothische Miniaturen. Die letzteren zeigen in Bezug
auf die Behandlung der Architektur und Ornamente,
der Figuren und nicht zum geringsten Theile auch
der (so leicht aus der Rolle fallenden) Schrift am
sichersten den Weg für die richtige Anordnung und
Gruppirung, Zeichnung und Färbung, und verdienen um
so mehr Beachtung, je gröfser die Fortschritte sind,
die der Farbendruck in technischer Hinsicht auch in
dieser so produktiven Offizin gemacht hat. H.
 
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