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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0011

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1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

lebendiger Szenen womöglich gleich zu thun.
Er wagt sich an die Darstellung komplizirter
Begebenheiten, die er in helle, eingehend durch-
geführte Landschaften verlegt. Hier agiren
seine hageren Figuren in dichten Haufen,
rühren in eckiger gespreizter Bewegung ihre
tölpischen Gliedmafsen; die grofsen Köpfe
zeigen meist scharfe, herbe, nicht selten kari-
kirte Gesichtszüge.

Es sind die ersten ungeschickten Versuche
eines Neulings, dem der grofse Dramatiker in
Brüssel das Concept verrückte, sie liefern den
offenkundigen Beweis, wie tief, wie durch-
schlagend das Beispiel des Rogier van der
Weyden auf die kölnische Kunst einwirkte.

Einigen Anhalt zur ungefähren Datirung des
interessanten Altarwerkes gewähren die Stifter-
porträts und Wappen auf den Flügelgemälden.
Als Donatoren erkennen wir im Bilde der Geburt
Christi den kölnischen Patrizier Peter Kanne-
giesser 3) (f 7. Okt. 1473), der in erster Ehe mit
einer Angehörigen der Familie Schlosgyn, darauf
mit Bela Haueisen vermählt war. Beiden Gattin-
nen folgt die zahlreiche Schaar ihrer Kinder (der
älteste Sohn Henrich wird 1462 schon erwähnt).
Gegenüber in der Darstellung des Ecce homo
knieen die Eltern Peters, von denen uns weitere
Nachrichten fehlen.

In der Nacheiferung des Rogier van der
Weyden steht nun der Georgaltar nicht ver-
einzelt unter den altkölnischen Gemälden. Auch
der Hauptvertreter der neuen Kunstphase, der
Meister des Marienlebens, lehnt sich in einem
Jugendwerke, dem Crucifixus des Kölner Mu-
seums Nr. 72, noch an das Vorbild Rogier's an,
dessen ergreifende Schilderung tragischer Affekte
er zu erreichen sucht.

Dierick Bouts in Löwen war es allerdings,
der auf den Meister des Marienlebens und mit
ihm auch auf die gesammte Kölnische Maler-
schule den nachhaltigsten Einflufs übte; seine
Formensprache, sein Farbengeschmack wirkten

s) Fahne »Köln. Geschlechter.c — Das Wappen
der Familie Schlosgyn findet sich mehrmals in der
Salvator-Kapelle an St. Marien im Kapitol, deren Stifter
Johann Hardenrath und seine Gattin Sibylla Schlosgyn
waren. Nach einem Verzeichnifs vom Jahre 14G8 ge-
hörte Peter Kannegiesser zu den Kölner Kaufherren,
die ihre Faktoren (Jacob Butschoe u. Peter v. Sieg-
burg) am Stahlhof zu London hatten. Ennen «Gesch.
der Stadt Köln« III, S. 704. — Gotthard Kannegiesser,
Bürgermeister 1515, 1521 u. 1527 f 1531 war ver-
mählt mit Cath. Rink.

am Rhein schulbildend, doch den ersten mäch-
tigen Anstofs zu neuen Bestrebungen verdankte
man Rogier van der Weyden. Die Schöpfung
seines Dreikönigenaltars für St. Columba in
Köln4) ist wohl das Ereignifs, von dem eine
neue Periode der kölnischen Kunst ausgeht.

Wie die hl. Patrone Kölns im Dombilde,
so leben auch die Gestalten dieses Werkes in
der kölnischen Malerkunst weiter fort. In seinem
Tempelgang der heiligen Jungfrau (Münchener
Pinakothek Nr. 24. Phot. Hanfstängl.) wieder-
holte der Meister des Marienlebens, worauf
Janitschek5) bereits hinwies, eine jugendliche
Frauengestalt aus dem rechten Flügelgemälde
des Altares in St. Columba mit der Darbringung
des Christkindes. Andere werthvolle Beweis-
stücke, wie Rogier's Kompositionen die Phan-
tasie kölnischer Künstler befruchtete, bieten
die Arbeiten des Meisters der Glorifikation
Maria, deren Beschreibung die folgenden Zeilen
gewidmet sind.

Diese naive Art der Entlehnung bietet je-
doch nicht den mindesten Anhalt, den Meister
der Verherrlichung etwa zum kölnischen Schüler
Rogier's zu stempeln. Er bleibt im Gegentheil
ein getreuer Anhänger Lochner's, der sich in
seiner ziemlich handwerklichen Art so gut oder
übel es eben angehen mag, mit den Bestre-
bungen der jungen Malergeneration abfindet.

Das Hauptwerk seiner Frühzeit, nach
welchem wir den Künstler benennen, bewahrt
trotz mancher Neuerung der Technik und
Darstellung in den Typen noch den Grundton
Lochncr'scher Auffassung, wie wenig auch von
dessen Empfindung und Liebreiz auf unsem
Meister überging. Die Verherrlichung Maria
im Wallraf-Richartz-Museum zu Köln Nr. 69
(restaurirt von Ramboux), zierte ursprünglich das
Altartabernakel in der abgerissenen Brigiden-
Klosterkirche zu Köln. (Phot. A. Schmitz.)

In der Mitte der Tafel tragen Engel in schil-
lernden, faltigen Gewändern den Thron der
Himmelskönigin empor. Zu den Seiten erscheinen
in Wolken Gottvater, segnend, und die Taube
des hl. Geistes, gleichfalls von Engeln umringt.
Unten in weiter Landschaft versammelt sich
um das Lamm Gottes eine ansehnliche, dicht-
gedrängte Gemeinde. Links unter den heiligen
Frauen erkennen wir St. Catharina, im Gold-
brokatgewande und rothem Mantel, weiterhin

*) Jetzt in der Münchener Pinakothek Nr. 101—103.
B) Vgl. Janitschek .Gesch. d. deutsch. M.«S.233.
 
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