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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Hase, Conrad Wilhelm: Der hölzerne Reliquenschrein des Klosters Loccum
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0208

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Abhandlungen.

Der hölzerne Reliquienschrein des
Klosters Loccum.

Mit Lichtdruck (Tafel XI) und 4 Abbildungen.

Einleitung.

Us Cisterzienser-Kloster
Loccum liegt etwa drei
Meilen östlich von
Minden in schönwaldi-
ger Nachbarschaft. Die
Kirche dieses Klosters
ward, sicheren Nach-
richten zufolge, in den Jahren von 1240 bis 1277
erbauet. Es wird in den Akten des Klosters
erwähnt, dafs schon im Jahre 1244 der im nörd-
lichen Kreuzschiffe aufgestellte Marienaltar durch
den Bischof Johann von Minden eingeweiht
wurde, woraus hervorgeht, dafs der östliche
Theil der Kirche mit seiner Kreuzschiffanlage
mit grofsem Eifer zunächst hergestellt worden
ist, während der Gesammtweiterbau der Kirche
langsam vollzogen wurde, da die Einweihung
der ganzen Kirche erst im Jahre 1277 durch
den Abt Hermann II. geschehen konnte. —
Wenn zwar keine Nachrichten darüber vor-
handen sind, dafs im Jahre 1244 bereits Chor
und Querschiff schon vollendet waren, so läfst
sich doch aus der Thatsache annehmen, dafs
der nördliche Kreuzarm schon 1244 benutzt
wurde, auch der östliche und südliche Theil
des Kreuzes schon um diese Zeit in Benutzung
genommen waren, da der an das Kreuz an-
schliefsende Arm des südlich an der Kirche
belegenen Kreuzganges durch die in seinem
Kapitelhause auftretenden Würfelkapitäle der
vier Säulen, welche das Gewölbe tragen, sich
älter als der ganze Kreuztheil der Kirche er-
weisen, und eine rasche Verbindung dieses
Kreuzgangtheiles mit der Kirche als dringend
erwünscht, ja nothwendig erscheinen mufs, und
somit Chor und Kreuzarme 1244 schon mit-
sammt kirchlichen Zwecken dienten.

So darf denn auch der auf der Mensa des
östlichen Kreuzfiügels aufgestellte und im Jahre

1848 daselbst noch befindliche Reliquienschrein
wohl noch der Zeit von 1244 angehörig be-
trachtet werden, der in photographischer Ab-
bildung hierneben anschaulich gemacht ist. Aus
dem Umstände, dafs der Schrein genau die
Länge der Mensa einnimmt (3,673 m), mufs
man schliefsen, dafs entweder der Schrein sein
Maafs nach dem vorhandenen Tische, oder der
Tisch sein Maafs nach dem vorhandenen Schreine
bekommen hat. Im ersten Falle ist der Schrein
gleichzeitig mit dem Tische, das ist gleichzeitig
mit der Kirche entstanden, im zweiten aber
könnte der Schrein älter als die Kirche sein,
und man könnte nach den Formen der Kirche
schliefsen, dafs der Schrein wirklich älter als
die Kirche sei; aber dieser Schlufs wird hin-
fällig durch die in der Vierung erbauten Chor-
stühle, welche zu der Benutzung der Kirche
1244 schon fertig sein mufsten, und diese Stühle
haben in ihrem Wangen-Ornamente den Cha-
rakter des Ornamentes am Schrein. —
Man kann daher mit gutem Gewissen glauben,
dafs der Schöpfer des Chorgestühles identisch
ist mit dem des Schreines, obgleich ein ganz
anderer, als der Meister Bodo, welcher als der
Meister der Kirche genannt wird, da die Kirche
im Ganzen einen gleichmäfsigen, aber von dem
des Chorgestühles und des Reliquienschreines
grundverschiedenen Charakter hat. Gleichwohl
können beide Meister zu gleicher Zeit und in
einem Kloster zusammen gelebt haben, da der
romanisirende Charakter des Schreines den-
selben nicht älter macht, als die Chorstühle der
Loccumer Kirche, die zuverlässig in der Zeit
nahe bei 1244 entstanden sein müssen, und die
Uebernahme der Spitzbögen in den Fenstern
und Arkaden des Langhauses von Bodo, der
im Kreuze, in Fenstern und Arkaden der öst-
lichen Kapellen noch Rundbogenform nahm,
noch ausgegangen sein kann, um Fenster und
Arkaden mit den von Bodo ausgegangenen
hochspitzbogigen Gewölbformen, bei dem
Weiterbau der Kirche vom Kreuze ab über-
einstimmend erscheinen zu lassen. Es kann aber
auch ebensowohl ein anderer Baumeister bei dem
Weiterbau der Kirche schon eingetreten sein.
 
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