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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Justi, Carl: Die Goldschmiedfamilie der Arphe, [2]
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Braun, Edmund Wilhelm: Trierer Bilderhandschrift vom Anfang des XII. Jahrh. mit Künstlerinschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0220

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345

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

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die Goldschmiede, seine Vorschriften mit Eifer
befolgend, und zur Vollkommenheit hat ihn
gebracht mein Grofsvater, den ich (sagt er
vorsichtig) nicht loben will, weil ihn die
Werke, so er in ganz Spanien geschaffen, hin-
reichend loben. Bramante, Bald. Perucio und
Leon Battista (Alberti) stellten den antiken
Stil {obra antigua) wieder her. Vom Osten
(Levante) brachten ihn zu uns Diego de Siloe
und Covarrübias, aber in einer etwas gemischten
Art und mit willkürlichen Vorschriften, denn
sie konnten das Moderne nicht ganz vergessen.
In diesem Stil arbeitete mein Vater Antonio und
Juan Alvarez aus Salamanca, der im Dienst
des österreichischen Carlos den gröfsten Theil
seines Lebens verbrachte, Alonso Becerril, Juan
Ruiz von Cordoba und Juan de Oma in Burgos.
Diese also begannen den Gold- und Silber-
arbeiten für den Gottesdienst eine vernünftige
Gestalt zu geben." Auf diese folgt der streng
klassische Stil, als dessen Hauptmeister, der
Alles was Griechen und Römer gemacht, über-
troffen hat, Juan Bautista de Toledo, der Er-
bauer des Escorial, und sein Nachfolger Herrera
hoch gepriesen werden.

Diese kunstgeschichtliche Skizze aus dem
Munde eines der Meister der spanischen Re-
naissance ist lehrreich. Zuerst scheint sein
Urtheil über die mittelalterlichen Stile ganz nach
dem Herzen der Italiener des X VI. Jahrh. Genauer
besehen aber wagt sich doch neben dem von
diesen suggerirten Urtheil der Schule, noch

ein anderes Urtheil des künstlerischen Gefühls
hervor, wenn auch etwas kleinlaut. Die Schule,
die nur gewissen, der Antike entlehnten, an sich
unübertrefflich schönen Formen und Gliedern,
und den willkürlich abstrahirten oder aus den
alten Theoretikern gezogenen Maafsverhältnissen
den Namen,Kunst' zugesteht, mufste jene Werke
barbarisch nennen. Aber wenn Arphe ihnen
dann feste Dauer (was doch soviel bedeute,
wie kunstgerechte Konstruktion), sehr impo-
santen Aufrifs (was sie zu Werken der höheren
Kunst macht) sowie graziöse und subtile Ver-
zierungen (das Tüpfelchen auf dem i) zugesteht,
was für Merkmale schöner Architektur fehlen
denn dieser obra barbara} — Er tadelt die
Meister des plateresken Stils, deren Werke
noch unter seinen Augen entstanden waren, weil
sie das Moderne nicht ganz vergessen konnten.
Aber wenn sie die aus Italien importirte Form
dem nationalen Geschmack anpafsten, also auf
eignes Denken und Fühlen nicht verzichten
wollten, kennzeichnen sie sich [dadurch nicht
gerade als echte Künstler?

Ein belesenes, skeptisches, nachahmendes
Geschlecht sieht hier herab auf eine ungelehrte
aber schöpferische Zeit, deren Unterfangen, sich
auf eigene Füfse zu stellen, um kühn den Pfad
des Erfindens zu beschreiten, ihnen erschien
wie ein Sprung ins Dunkel mittelalterlicher
Unwissenheit, auf die sie mit dem Dünkel ihrer
künstlichen Lichter herabsahen.

Bonn. Carl Justi.

Trierer Bilderhandschrift vom Anfang

nter den zahlreichen für die Kunst- I
geschichte und Liturgie wichtigen i
Handschriften der Trierer Stadt-
bibliothek möchte ich die Aufmerk

samkeit auf eine Handschrift lenken, die wegen
einer merkwürdigen bisher unbekanntenKünstler-
inschrift volles Interesse verdient. Es ist Ms. 261
(Keuffer »Verzeichniss etc.« III, S. 55) Homi-
liarius Pauli Diaconi, Minuskel saec. XII ineunt.
Der Kodex enthält eine Anzahl von blaugrun-
digen grüneingefafsten Initialen mit figürlichem
und ornamentalem Schmuck in Federzeichnung;
die Farben sind ziemlich hell. Die figürlichen
Darstellungen, stets in Verbindung mit Initialen,
stehen im engsten Zusammenhange mit dem
Texte oder dem Verfasser der Homilie (vgl.

des XII. Jahrh. mit Künstlerinschrift.

Keuffer a. a. 0.). Im Folgenden erwähne ich nur
die bemerkenswertheren Initialen, besonders die
mit figürlichem Schmucke. Fol. 2 b ist in dem
typischen, gerundeten 6 der romanischen Zeit
der Einzug Christi in Jerusalem dargestellt. Der
Erlöser sitzt auf der Eselin; das Lokal bezeich-
nen zwei Palmen. Der Habitus Christi1) hat
eine grofse Aehnlichkeit mit der Figur des
hl. Pelagia in der Zwiefaltener Handschrift (ab-
geb. Janitschek »Deutsche Malerei« S. 118). —
Fol.3 findet sich dielnitiale J, charakterisirt durch
eine aufrecht dastehende Christusfigur neben dem
Texte (Matthäus). — Fol. 19. Text nach Lucas.
Die Initiale A birgt einen Stier mit einem Spruch-

x) Christus ist in der Handschrift stets bärtig
dargestellt.
 
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