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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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221

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

222

Nachrichten.

Die XLI.Generalversammlung der Katho-
liken Deutschlands, welche vom 26. bis bTJ.August
in Köln tagte, hat, wie dies bisher stets geschehen,
auch in diesem Jahre die Angelegenheiten der christ-
lichen Kunst in den Kreis ihrer Berathungen gezogen
und einen Ausschufs für christliche Kunst gebildet.
An die Spitze desselben wurde als Vorsitzender der
Herr Domkapitular Schnütgen gesetzt, welcher in
mehreren Sitzungen den Ausschufs zu eingehenden
Berathungen über alle Gebiete der christlichen Kunst
und ihrer Pflege versammelte. Der Besuch der
Sitzungen dieses Ausschusses war ein ungewöhnlich
zahlreicher; die Verhandlungen waren ganz besonders
eingehend, lebhaft und angeregt, und begründeten die
sehr erfreuliche Wahrnehmung, dafs die Erkenntnifs
immer weiteren Boden gewonnen habe, wie noth-
wendig die Pflege idealer Bestrebungen namentlich in
einer sehr stark den materiellen Interessen und der
Behandlung derselben sich zuneigenden Zeit erscheine,
und wie wichtig und bedeutsam daher die Förderung
christlicher und kirchlicher Kunst und des Verständ-
nisses für dieselbe zu erachten sei. Von verschiedenen
Seiten wurde in den Besprechungen ganz besonders
darauf hingewiesen, dafs das Studium und die Kennt-
nifs der Kunstgeschichte und der Kunstdenkmäler der
verschiedenen Zeiten und das hierauf sich gründende
richtige Urtheil und Verständnifs ganz vornehmlich für
diejenigen als pflichtmäfsig angesehen werden müsse,
welchen die Sorge für den Bau, die Restauration oder
die Ausschmückung der kirchlichen Gebäude, für die
Ausstattung der Kirchen und für die kirchlichen Geräthe,
Gewänder und dergl. obliegt. Es sei daher besonders
wünschenswerth und wichtig, dafs an den zur Ausbildung ,
der Geistlichen bestimmten Anstalten den Studirenden
nicht blofs Gelegenheit, sich diese entsprechenden
Kenntnisse zu erwerben, sondern auch eine dringliche
Anregung zu solchen Studien gegeben werde.

Ferner wurde eingehend ausgeführt, wie noth-
wendig es sei, dafs die jungen angehenden Künstler,
welche von christlichen Auffassungen beseelt, auch
der Thätigkeit auf dem Gebiete der Kunst in dieser
Richtung sich zuwenden wollen, einen Halt und eine
Stütze gewännen, um in gemeinsamem Streben Kraft
und Anregung zu erhalten und Gelegenheit zu finden,
ihre Bestrebungen zur Kenntnifs zu bringen und ent-
sprechende Aufträge zu erhalten; es wurde hervor-
gehoben, dafs bei der Richtung, die unsere Zeit be-
herrscht und die jungen Künstler leicht in andere
Wege zieht, solche Förderung und Erleichterung als
um so nothwendiger anzusehen sei. Diese Gesichts-
punkte wurden in Beziehung auf eine eingehende Dar-
legung zur Erörterung gebracht, welche über die Be-
strebungen und Ziele der „deutschen Gesellschaft für
christliche Kunst" zu München von einem Mitgliede
derselben in sehr beredter Weise gegeben wurde.
Diese wesentlich aus ausübenden Künstlern bestehende
Vereinigung, welche bereits die zweite Jahresmappe
hat erscheinen lassen, war schon von der vorigjähngen
Generalversammlung zu Würzburg den Katholiken
Deutschlands angelegentlichst empfohlen werden.

Noch manche andere, prinzipiell sehr wichtige
Fragen, welche für unsere jetzige christliche Kunst-
thätigkeit von entscheidendem Belange sind, wurden
lebhaft zur Behandlung gebracht, insbesondere der
nothwendige Unterschied in Auffassung, Gestaltung
und Behandlung der Kunstwerke, sofern sie kirch-
lichen Zwecken dienen sollen, oder für andere Zwecke
bestimmt sind, und ebenso ferner die bedeutsame
Frage, inwiefern für neue Kunstschöpfungen ein enger
Anschlufs an den Geist, Gehalt und die Art der
mustergültigen mittelalterlichen Kunstwerke unter Be-
rücksichtigung des theologischen Inhaltes derselben
und der hergebrachten, tiefen symbolischen Beziehungen
als Nothwendigkeit erscheine, ohne dadurch das selbst-
ständige Schaffen und die Eigenart des Künstlers zu
beeinträchtigen; endlich wurde auch die Frage der
Ausbildung und des Studiums der Künstler in Be-
tracht gezogen, welche auf dem Gebiete der kirch-
lichen Kunst thätig zu sein beabsichtigen.

Eine eingehende Darstellung der Verhandlungen
würde hier zu weit führen, aber die Richtung und die
Weise, in welcher eine Einigung im Ausschusse statt-
fand, wird in den nachstehenden vier Anträgen klar
gestellt, welche auch in der Generalversammlung An-
nahme gefunden haben:

Anträge des Ausschusses für christliche Kunst:
I. Die Generalversammlung der Katholiken Deutsch-
lands verwirft jene (sogenannte naturalistische) Kunst-
richtung, welche die Personen und Begebenheiten der
hl. Geschichte in den Darstellungen der Malerei und
der Plastik blofs als geschichtlichen Gegenstand auf-
fafst, oder gar vollständig profanirt und dadurch
fälscht; wie auch nicht minder jene, welche die niedere
Sinnlichkeit erregt oder fördert.

II. Sie hält es für dringend nothwendig, dafs die
Wahrheiten des christlichen Glaubens, die Thatsachen
der christlichen Geschichte und die Grundsätze des
christlichen Lebens viel mehr als bisher zur Dar-
stellung gebracht werden, nicht nur für kirchliche
Zwecke, sondern auch für das öffentliche und häus-
liche Leben; daher empfiehlt sie aufs wärmste die
Zuwendung von Aufträgen an tüchtige und glaubens-
treue Künstler.

III. Sie betrachtet die kirchliche Kunst als den wich-
tigsten Zweig des christlichen Kunstschaffens und em-
pfiehlt für dieselbe den Künstlern das Studium und
den engen Anschlufs, auch nach der theologischen und
symbolischen Seite hin, an mustergültige Schöpfungen
aus der ruhmreichen Vergangenheit der christlichen
Kunst, insbesondere aus den drei letzten Jahrhunderten
des Mittelalters; sie verlangt aber auch bei ihnen die
Fähigkeit und das Bestreben, diese Schöpfungen indi-
viduell zu benutzen und zu verwerthen, unter Anwen-
dung solider und erprobter Techniken. Sie erkennt
deswegen ausschliefslich die Thätigkeit selbstständig
schaffender Künstler und Kunsthandwerker als be-
rechtigt an und verurtheilt den Fabrikbetrieb und die
sogenannten Kunstanstalten, welche als der schlimmste
Feind der echten kirchlichen Kunstthätigkeit betrachtet
werden müssen. Sie verwirft die Massenerzeugung
 
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