Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Schlie, Friedrich: Die Fünten von St. Nikolai und St. Petri in Rostock
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0241

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
379

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

380

Die Wandung des Kessels ist oberhalb der
Inschrift mit reliefartig vortretenden gothischen
Arkaden umzogen, die mit Kleeblattbögen über-

(santur toti) hie lo(tion)e mundantur, vil non est
mundo, sacri baptismatis itnda". Der damit ausge-
sprochene Gedanke wäre: „Entweder wird man, wäh-
rend man hier in der Abwaschung ist, ganz gereinigt,
oder nicht rein ist das Wasser der heiligen Taufe". Uns
scheint der Buchstaben- und Wortbestand besser ge-
wahrt zu sein, wenn das Wort toti wegbleibt, auch
besteht kein Zwang, mundantur für mutantur zu lesen,
denn ein d statt t sehen wir auch im Worte bapdis-
maus. Dann hiefse es: „Aut dum versanlur hie
lotione mutantur, vel non est munda sacri baptis-
matis uhda". Und der Sinn wäre: „So gewifs das
Wasser der heiligen Taufe rein ist, so gewifs werden
die, welche darin sind, zu neuen Menschen gemacht".
Immerhin aber mag der Begriff des Gereiniglwerdens
das ursprünglich Gewollte sein und deshalb auch
mundantur in diesem leoninischen Verse gelesen
werden sollen.

Die frühgothischen Formen der Fünte sind der Art,
dafs man sie vor 1300 datiren mufs. Der Verfertiger
dieser Fünte beherrscht den gothischen Stil durchaus
nicht mit solcher Sicherheit wie der, welcher die grofse
Bronzefünte in St. Marien im Jahre 1290 herstellte.
Er ist unsicher; man sehe nur den Wechsel in den
Pafs- und Blattformen, womit die gedrückten Spitz-
bogen gefüllt sind; sie erscheinen wie tastende Ver-
suche. Interessant ist es, mit diesem frühgothischen
Tauffafs von St. Nikolai die drei Tauffässer von Imsum,
Nordleda und Twistringen zu vergleichen, die von
Mithof »Kunstdenkmale und Alterthümer im Han-
noverschen« ßd. V, S. 53, 74 und 195, Taf. VII ver-
öffentlicht sind. Wie die Inschriften, so sind auch die
seilsamen Buchstabenformen auf allen vieren sehr ver-
wandt, das von Imsum hat ähnliche Träger wie das
in St. Nikolai in Rostock, und auf dem von Twi-
stringen spielt das „vel" für „aut" in gleicher Weise.
Jenes von Imsum aber hat, was zu beachten ist, das
Datum 1284. Ungefähr 1280, und zurück bis 1260
oder 1250: das wäre demgemäfs wohl auch die Zeit
der zinnernen Fünte zu Rostock.

spannt sind. Je zwei Kleeblattbögen werden von
einem gedrückten Spitzbogen zusammengefafst,
dessen Feld mit Maafswerk gefüllt ist. Die For-
men dieses Maafswerks wechseln in auffallender
Weise (Dreipafs, Fünfpafs, Vierblatt). Auch in den
Zwickeln zwischen den gedrückten Spitzbögen
findet sich ein ähnliches Maafswerk im Stil der
Frühgot'nik des XIII. Jahrh. In einem der Zwickel
sieht man ein fiinfspeichiges Rad. (Zeichen des
Giefsers?) Ein Deckel aus Kupfer, der oben
mit einer Taube bekrönt ist, wurde nach einer
darauf angebrachten Inschrift 1843 angefertigt.
Die Taufe ist mit einem in den Formen
der Hochrenaissance ausgeführten hölzernen
Umbau umgeben, in welchen schmiedeeiserne
Gittertheile gleichen Stiles eingelassen sind.
Ehedem ist diese Umfriedigung vielleicht ein
Oktogon gewesen, von dem zur Zeit nur noch
fünf Seiten bestehen. Darauf lassen Defekte
in den angebrachten Inschriften schliefsen. An
den Winkelecken der fünf Unifassungswände
stehen korinthische Säulen, unter denen die,
welche die Seite mit dem Eingangsportal ein-
schliefsen, gröfser und stattlicher hervortreten.
In den Friesen und Giebelaufsätzen stehen In-
schriften, theils in hochdeutscher Sprache (auf
den Taufakt sich beziehende Schriftworte), theils
in niederdeutscher Sprache (Sätze des apos-
tolischen Glaubensbekenntnisses). Die Giebel-
aufsätze der vier niedrigeren Wände sind mit
je zwei, im Ganzen also mit acht Apostelge-
stalten bekrönt. Eine in gleichem Stil gear-
beitete, jetzt im Rostocker Museum unterge-
brachte Wandung, welche als zugehörig anzu-
sehen ist, trägt das Dattim 1589.

Schwerin. Friedrich Schlie.

Buch erschau.

Beschreibende Darstellung der älteren Bau-
und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und
des Erfurter Landkreises, bearbeitet von
Dr. Wilhelm Freiherr von Tettau; sowie des
KreisesOschersleben, bearbeitet von Dr.G u s t a v
Schmidt. Halle 1890/91, Verlag von Otto Hendel.
Als XIII. und XIV. Heft der von der historischen
Kommission der Provinz Sachsen herausgegebenen
Denkmälerstatistik sind die beiden vorliegenden Bände
schon vor mehreren Jahren erschienen, aber bei dem
Reichthum dieser beiden Kreise an Monumenten,
namentlich des Mittelalters, dürfte eine Anzeige der-
selben auch jetzt noch als zeitgemäfs gelten. Im
Kreise Erfurt spielt weitaus die Hauptrolle die Stadt

selbst, welche nicht weniger als 21 noch im gottes-
dienstlichen Gebrauche befindliche Kirchen und Ka-
pellen umfafst, dazu 4 diesem Gebrauche entzogene
und 9 Kirchen, von denen nur noch Reste vorhanden
sind. Auch an Profangebäuden älteren Stils fehlt
es nicht; sie gehen zumeist bis in die spätgothische
Periode zurück, haben aber vielfache Umgestaltungen
erfahren. Die Glanzzeit Erfurts bildete das spätere
Mittelalter, und für die Blüthe des kirchlichen Lebens
legt zumal die grofse Anzahl hervorragender Kloster-
kirchen aus der frühgothischen bis in die spätgothische
Epoche beredtes Zeugnifs ab. Anlage und Ausführung
derselben zeigen eine ungewöhnliche Mannigfaltigkeit
und wegen ihrer baulichen Gestallung, wie wegen
 
Annotationen