Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0242

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
381

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

382

mancher Reste innerer Einrichtung (Altäre, Sakramenls-
häuschen, Lettner, Schnitzwerke, Figuren, Epitaphien,
Glasgemälde etc.) verdienen sie ganz besondere Beach-
tung. An Bedeutung werden sie nur noch von den
beiden Stiftskirchen, Dom und St. Severi, übertroffen,
die durch ihre Lage, Bauart, Ausstattung imponiren
wie wenige Kirchen Deutschlands. Schlanke Verhält-
nisse, edle Formen, reicher Dekor zeichnen sie in hohem
Maafse aus. Ueber alle diese und viele andere Vor-
züge berichtet anschaulich das vorliegende Heft und
erläutert diesen Bericht durch manche gute Abbildungen.
Diese geben allerdings nur eine lückenhafte Vorstellung
von dem monumentalen Reichthum, weil mit Recht
auf manches, bereits anderweitig abgebildete Denkmal
hingewiesen wird. Die Architektur wird eingehender
behandelt als der mehr dekorative Schmuck, und am
knappsten kommen die Kleinkünste weg, von denen
auch Einiges übersehen sein mag, wie z. B. die beiden
merkwürdigen gothischenyf.r/H/ß^ in dem gleichzeitigen
ledergeschnittenen Etuis im Dom. — Die „kunst-
statistische Uebersichl" erfüllt recht gut ihren Zweck und
die „Glockenschau" stellt das bezügliche Material lehr-
reich zusammen. — Was der Landkreis bietet, ist
zahlreich, auch mannigfaltig, weil Erzeugnisse aller
Stilarten von der frühromanischen bis in die Renaissance
umfassend, aber fast alle Denkmäler erscheinen in
später sehr veränderter Form.

Nach denselben Grundsätzen ist ebenso fleifsig
der Kreis Oschersleben bearbeitet. Dieser hat
seinen monumentalen Schwerpunkt in den romanischen
Kirchenbauten, namentlich in den gewaltigen Anlagen
von Kloster-Groningen, Hamersleben und Huysburg,
welche gründlich besprochen, zugleich besonders in
ihrem eigenartigen wie reichem, plastischem Archi-
tekturschmuck durch zahlreiche gute Zeichnungen
erläutert werden. Von höchster Merkwürdigkeit und
Seltenheit (sonst nur noch in Quedlinburg, Halberstadt
und Hildesheim vertreten) sind die Stuckreliefs der
Empore von Groningen (in dieser Zeitschrift Bd. II,
Spalte 345 — 350 näher beschrieben). Die Ausbeute
an Ausstaltungs- und Kleinkunstgegensländen ist zwar
nicht gering, steht aber in keinem Verhältnisse zu jenen
architektonischen Meisterwerken; dem einen wie dem
anderen wird die Beschreibung in befriedigender Weise
gerecht. S.

Von dem Werke Merlo's über die kölnischen
Künstler liegt die neue, bei L. Schwann in Düssel-
dorf erschienene Auflage (welche bereits im VI. Bande
dieser Zeitschrift, Sp. 284 u. 285 besprochen wurde)
nunmehr vollendet vor, ein stattlicher Band von
40 Bogen mit G0 Bildtafeln und zahlreichen Text-
illustrationen zum Preise von 45 Mark. — Das trotz
der vielfachen handschriftlichen Ergänzungen des (am
'28. Oktober 1890 gestorbenen) Verfassers veraltete
Werk durch Berichtigungen und Zusätze auf die Höhe
der gegenwärtigen Forschung zu bringen, war eine
schwierige Aufgabe, die vollständige Beherrschung des
Stoffes, grofse Geschicklichkeit und selbstlose Hingebung
verlangte. Der Herausgeber Firmenich.Richartz
hat diese Aufgabe vortrefflich gelöst, in dem urkund-
lichen Material von Hermann Keussen unterstützt, in
der Beurtheilung der kölnischen Kupferstecher von

Max Lehrs berathen. Das Werk darf daher in seiner
neuen Gestalt als eine durchaus zuverlässige Geschichte
der kölnischen Kunst bezeichnet werden, über deren
Erzeugnisse, bis in die Gegenwart hinein, es an der
Hand der Meister, mögen sie Architekten, Bildhauer,
Glockengiefser, Maler, Glaser, Münzmeister, Gold-
schmiede, Kupferstecher, Formschneider sein, sehr über-
sichtlich orientirt, zumeist durch gute Abbildungen die
hervorragendsten Schöpfungen alter und neuer Zeit
erläuternd. Nachschlagebuch und forllaufende Lektüre
zu gleicher Zeit wird es sich als einen verläfslichen Führer
für Alle bewähren, welche sich mit den Schätzen dieser
Kunstmetropole genauer bekannt machen wollen; da-
her kann und mufs es auch im vaterstädlischen Inter-
esse angelegentlich empfohlen werden. — Wie frucht-
bar die kölnische Kunstforschung namentlich im letzten
Jahrzehnt gewesen ist, zumal auf dem Wege stilkritischer
Prüfung, zeigt ein Blick in die neue Auflage. Manchen
berühmten Namen enthält sie nicht mehr, der früher
mit Unrecht für Köln in Anspruch genommen war,
aber um wie viel bestimmter treten die allen Meister
heraus, um wie viel vollständiger und begründeter ist
die Aufzählung ihrer Werke! Und wie dankbar ist die
Errungenschaft zu begrüfsen, dafs die vielen hervor-
ragenden Künstler, besonders Maler, über deren Namen
die Archive sich bisher leider noch immer ausgeschwiegen
haben, in ihren Werken scharf charakterisirt hervor-
gehoben werden unter den Bezeichnungen, welche
ihnen die Kunstgeschichte provisorisch beigelegt hat!
Diese namenlosen Meister, insbesondere Maler, hatte
Merlo, dem es vornehmlich darauf ankam, aus den
Urkunden über die äufseren Lebensumstände der
kölnischen Künstler zu informiren, völlig ausgeschlossen,
und diese Lücke wurde um so empfindlicher, als die
neueste Forschung sich vor Allem mit den Kunst-
werken und ihren charakteristischen Eigenlhümlich-
keiten beschäftigt, um sie in bestimmte Gruppen zu
vereinigen. An dieser Gruppenbildung ist der Heraus-
geber, wie zahlreiche, allseitig beifällig aufgenommene
Aufsätze in den vier letzten Jahrgängen dieser Zeitschrift
beweisen, schon Jahre in hervorragendem Maafse be-
theiligt und sein Nachtrag: „Werke anonymerMeister"
hat daher um so gröfsere Bedeutung. Hier erscheinen
in chronologischer Aufzählung mit ihren sämmllichen
bekannten Werken, von denen manche in Lichtdrucken
beigefügt sind, der „Meister des Georg- und Hippolyt-
Altars, „der Glorifikation Maria", „des Marienlebens",
„der heiligen Sippe", „des Bartholomäus" und „von
St. Severin", eine überaus interessante Zusammen-
stellung, wie sie bis jetzt mit annähernder Vollständig-
keit nirgendwo versucht ist. — So hat denn, dank
der geschickten und liebevollen Bearbeitung, das für
seine Zeit epochemachende Werk Merlo's eine glän-
zende Auferstehung erfahren, welche der weiteren, jetzt
recht in Flufs gerathenen Durchforschung der kölni-
schen Kunstgeschichte, namentlich der Malerschulen
des XV. und XVI. Jahrh., grofsen Erfolg verspricht.
Ueberall sind die Fäden gesponnen, an die angeknüpft
werden kann, und es ist kaum denkbar, dafs die Ur-
kunden ihren überlang verschlossenen Mund nicht bald
öffnen sollten, besonders auch zur völligen Klärung
der allmählich brennend gewordenen Hauptfrage in
Betreff des Meisters Wilhelm. r.
 
Annotationen