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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0014

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1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

Bernhard und Clara Nr. 71 (Phot. A. Schmitz),
verzichtete der Maler auch auf den Goldgrund.
Ein wolkiger Himmel spannt sich hier über
phantastischer Gebirgslandschaft.

Ausserden bisher genannten sechs Gemälden
können wir dem Meister der Glorifikation nur
noch die Tafeln zuweisen, welche jetzt in
der neuen katholischen Kirche zu St. Goar
auf dem Hochaltar prangen. Sie enthalten
im Mittelbilde die figurenreiche Kreuzigung
Christi und auf den Flügeln innen die Szene,
wie Christus dem Petrus die Schlüssel verleiht
und die Heiligen Sebastian und Catharina, aussen
die Verkündigung. Das Monogramm Dürer's
auf dem Mittelbilde ist gefälscht.

Keines der genannten Bilder trägt ein
Datum.10) Für eine Zeitbestimmung der Thätig-
keit des Meisters der Glorifikation bietet nur
sein Entwicklungsgang und die auffälligen Ent-
lehnungen aus gefeierten Kunstwerken uns
einige Anknüpfungspunkte.

Niemals verleugnet der Meister der Ver-
herrlichung Maria völlig seine ursprüngliche
Herkunft aus der Schule Lochner's. In vor-
geschrittenem Alter unternahm er es nicht mehr,
sich in den Niederlanden selbst eingehender
in die neue Kunstweise zu vertiefen. Auch
vermissen wir noch in seinen Typen den be-
stimmenden Einflufs des Meisters des Marien-
lebens, dem sich in Köln die jüngeren Künstler
seit ca. 1460 anschlössen. Die wenigen Ar-
beiten des Meisters der Glorifikation Maria
werden wir demnach seit dem Schlufs der
fünfziger bis über die Mitte der sechziger Jahre
des XV. Jahrh. anzusetzen haben.

Letzthin ist nun im Widerspruch zu den
Resultaten stilkritischer Analyse die Behauptung
aufgestellt worden,11) der Dreikönigenaltar der
Münchener Pinakothek, den wir soeben als das
Vorbild kölnischer Maler um 1460 bezeichneten,
rühre überhaupt nicht von Rogier van der
Weyden her, sondern diese Tafeln seien nach
dem Jahre 1464 für Middelburg bei Brügge
von Hans Meinung gemalt worden. Der hoch-
verdiente Autor dieser Hypothese stützt sich
bei seiner neuen Bestimmung auf die Zuver-

10) Das Votivbild des Kanonikus Joh. Daresch (datirt
1481) mit der Krönung Maria im Vorrath des Ber-
liner Museums (Katalog 1883 Nr. 1243) zeigt nur noch
Anklänge an die Art des Meisters.

") Vgl. J. A. Waulers »Hans Meniling, sept eludes
etc.», Bruxelles 1893.

lässigkeit einer alten Ansicht Middelburg's in
derFlandria illustrata des Sanderus 1641 I. 300,
welche mit dem landschaftlichen Hintergrunde
des Münchener Altarwerkes (und ebenso mit
gewissen Beschränkungen auch des Middel-
burger Altares der Berliner Galerie Nr. 535)
übereinstimmt. Ausserdem entdeckte er in
der Landschaft des Mittelbildes einen Reiter
auf einem Schimmel und erklärte dieses Fi-
gürchen als ein besonderes Kennzeichen Mem-
ling's. Solch' weifse Pferdchen und ähnlich
auch Schafherden, Schwäne, Störche u. s. w.
dienen nun sehr passend zur Belebung des
Hintergrundes; sie bilden helle, leuchtende
Punkte zwischen dem duftigen Grün der Fernen
und heben somit aufs Glücklichste die kolo-
ristische Wirkung der Landschaft. Man findet
diese Staffage übrigens häufig, unter anderem
auch im Hintergrunde kölnischer Gemälde.

Was dann die Herkunft des Münchener
Triptychons anbelangt, so wissen wir mit Be-
stimmtheit, dafs die Brüder Boisseree dasselbe
um 1810 aus der Kölner Columbakirche er-
warben, wohin es schwerlich aus Middelburg ge-
langte. In Betreff des architektonischen Hinter-
grundes der Bilder bemerkt A. Springer:12)
„Die Vermuthung ist schwer abzudrängen, dafs
der Polygonalbau in der rechten Ecke der
Mitteltafel (und ebenso die Innenansicht des
rechten Flügelbildes) die Formen der Gereons-
kirche in Köln reproduzire."

Auch Hans Memling war zwar mit den
Kölner Bauten wohl vertraut, doch können wir
ihn unmöglich zum Urheber eines Kunstwerkes
proklamiren, welches auf die kölnische Kunst
bereits in den sechziger Jahren entscheidend
einwirkte.

Rogier van der Weyden dagegen wird bei
seiner Rückkehr aus Italien (nach 1450) Köln
sicherlich nicht ums;;ms;en haben. Diesen Be-
such, die Anknüpfung seiner Beziehungen zu
der rheinischen Hauptstadt sind wir aber be-
rechtigt als ein bedeutsames Ereignifs für die
Entwickelung der hiesigen Malerschule anzu-
sehen, da das Beispiel des grofsen Brüsseler
Meisters, seine vielleicht nur kurz bemessenen
Unterweisungen so deutlich in Köln an ihren
Früchten erkannt werden.

Bonn. Eduard Fir menich-R ichartz.

l-j Vgl. Crowe-Cavalcaselle »Gesch. der all-
niederländischen Malerei« (1875), S. 2G2, Anm.
 
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