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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Schnütgen, Alexander: Zwei altkölnische Madonnenbildchen in durchsichtigem Email
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0023

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1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST

Nr. 1.

26

X0*

gothische Stil mit seinen Alles beherrschenden
architektonischen Ansprüchen, mit seiner schon
dadurch verursachten Bevorzugung der Gravir-
technik gegenüber dem Treibverfahren, verlangte
eine andere, höheren, künstlerischen Aufgaben ge-
wachsene Emailtechnik. Als solche ergab sich die
Verbindung des Schmelzes mit dem flach gra-
virten Relief, welches durch einen mehrfarbigen
Ueberzug zu grofser Farbenwirkung erhoben
weiden konnte,
wenn es gelang,

denselben
durchsichtig zu
machen. Hier-
zu zeigte der
Zellenschmelz,
der auf der fla-
chen aber glän-
zenden Gold-
unterlage in
mehreren Far-
ben, wie Grün,
Gelb,Roth,Blau
herrliche Ef-
fektegeschaffen
hatte, den Weg,
und neben dem
Golde erschien
das weifsglän-
zende Silber
sehr geeignet,
diese Wirkung
herbeizuführen.
Das flach gra-
virte Relief
braucht nur, ge-
rn äfs der Far-
benskizze, mit
Glasbrei be-
deckt u. dieser
im Feuer zum Schmelzen gebracht zu werden,
um, abgeschliffen und polirt, durchsichtige Email-
bilder zu schaffen, auf denen die am nächsten
unter der Schmelzoberfläche liegenden Theile
am hellsten, die entfernteren um so dunkler
erscheinen. Feine künstlerische Empfindung und
hohe technische Fertigkeit mufsten sich hier ver-
einigen, um etwas Befriedigendes zu schaffen.
Für die Zeichnung und farbige Behandlung zeigte
die Miniatur den Weg, und dieser scheint zuerst
in Italien betreten zu sein, vielleicht in Siena,
wo Duccio schon 1290 solche Arbeiten aus-

führte. Bald hat die glänzende Kunstfertigkeit
in Frankreich und auch in Deutschland Eingang
gefunden, wo sie gleich nach der Mitte des XIV.
Jahrh. schon in hoher Vollendung erscheint,
denn dieser Zeit gehören der herrliche Bischofs-
stab und das Kreuz im Kölner Domschatz, das
Hausaltärchen des Grafen Metternich auf Schlofs
Gracht, und manche andere durchsichtige Email-
arbeiten an, welche durch Zeichnung und Färbung
__ __ mit jenen Ver-

IKa wandtschaft
verrathen. Die-
ser längst be-
kannteBiscbofs-
stab und das
erst durch die
KölnerAusstel-
lung des Jahres
1876 (Katalog
Nr.912)bekannt
gewordene, lei-
der nicht photo-
graphirte Haus-
altärchen zei-
gen gerade in
ihren charakte-

' ristischen
Eigentümlich-
keiten, zumal in
den zahlreich
an ihnen ver-
tretenen email-
lirten Thier-
figürchen so
viel Ueberein-
stimmung, dafs
sie aus der-
selbenSchmelz-
werkstätte her-
vorgegangen
sein müssen, die gerade diese den orientalischen
Stoffen entlehnte Art des Dekors liebte und in
ihre eigene Formensprache glänzend übertrug.
Da sie zugleich in Bezug auf Dessin und Kolorit
mit den kölnischen Miniaturen des XIV. Jahrh.
übereinstimmen, die daran vertretene Architektur
und Plastik fast noch bestimmter die Kölner
Sprache dieser Zeit reden, so kann an dem
Kölner Ursprünge dieser Arbeiten nicht wohl ge-
zweifelt werden, obgleich ein urkundlicher Beleg
für die Pflege dieser Technik an dieser bevor-
zugten Kunststätte bisher sich nicht ergeben hat.


 
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