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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Beissel, Stephan: Ein Sakramentar aus dem XI. Jahrh. aus Fulda
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0051

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1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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4. Zweiter Weihnachtstag. Oben Ihront Christus
in einer Mandorla. Zur Rechten strecken sechs Engel
anbetend ihre Hände gegen ihn aus, zur Linken sieben
andere Engel, von denen vier Kugeln halten. Der
Hintergrund ist in hellem und dunkelm Lila und in
Blau gestreift. Unten kniet in der Mitte auf gelbem
Hintergrunde der hl. Stephanus, zu Christus auf-
blickend; drei rechts stehende Männer steinigen ihn;
links sieht man Saulus und die Stadt Jerusalem.

5. Dritter Weihnachtstag. 180X 105. (Abbildung 1.)
Oben liest Johannes d. Evang. seine letzte hl. Messe
in einer Apsis hinter einem kleinen quadratischen, aber
über Eck gestellten und dunkelgrün behangenen
Altare, worauf Kelch und Pateue dargestellt sind. Der
Apostel trägt eine weifse Albe und eine blaue Chor-
kappe. Ihr breiter Saum ist mit goldenen Quadraten
verziert, in deren Mitte je ein weifser Punkt steht. Als

über die Dächer der Schiffe emporsteigen. Auf den
Dächern liegen rothe Pfannen. Alle Säulen sind gleich
den Bogen der Seitenschiffe grün gewellt, die rothen
Steine zwischen jenen Bogen haben schwarze Fugen.
Am Triumphbogen folgen sich in den Steinen: Grün,
Gelb, Roth, Gelb, Grün, Gelb, Roth, Gelb, Grün u. s. w.
In der unteren Hälfte der Miniatur hält Johannes,
gegen neun Männer gewendet, seine Abschiedsrede
und steigt in das für ihn geöffnete Grab, um dort so-
gleich zu sterben. Zwei Männer halten die Hand an's
Gesicht. Soll der Gestus ihre Trauer anzeigen? Aber
zum Zeichen der Trauer legte man die Hand an die
Wangen. Vielleicht stammt der Gestus daher, dafs
Gräbern Moderluft entsteigt, wenn man sie in einem
Boden öffnet, in dem schon andere Leichen liegen. Zu
beachten ist hier überdies das im Gegensatz zum
Mantel der vornehmen Laien stehende altrömische Pal-

Abbildung 1. Letzte Messe und Begräbnifs Johannes d. Evang. Aus dem Göttinger Sakramentar fol. 15 v.; 3. Miniatur.

Agraffe dient ihr eine runde Spange. Aehnliche
Spangen tragen die vornehmen Laien oft in den Minia-
turen dieser Handschrift. Da auch im Andreasschrein
des Trierer Domes Erzbischof Egbert eine reiche,
von seinen Verwandten ihm als Weihegeschenk über-
gebene Spange einfügte, mufs der Gebrauch solcher
Schmuckstücke im XI. Jahrb. noch Mode ge-
wesen sein. In den Seitenschiffen sind viele Männer
versammelt. Ihre Mäntel sind meist grün, ihre Ge-
wänder gelb, violett oder roth, die Beinkleider meist
grün, oft auch roth, die Schuhe schwarz mit weifsen
Schnürlöchern. Das Bild zeigt die damals im Fulda-
ischen übliche Tracht der Laien; die Zeichnung
des Gebäudes, worin sie versammelt sind, ist wichtig
für die Kenntnifs der Architektur jener Gegend.
Es ist eine in primitiver Weise abgebildete dreischiffige
Säulenbasilika, deren Seitenschiffe vor einem Querschiff
mit grofser Apsis enden. Ihre Facade wird von zwei
Thürmen flankirt, die hier des Raumes wegen nicht

lium des Johannes und das Handwerkszeug der Gräber.
Der Hintergrund ist gestreift in Hellroth, Hellgelb,
Weifs, Helllila und Hellgelb. In beiden hellgelben
Streifen liegen unten Zweige, welche den Boden sinn-
bilden sollen.

6. Vierter Weihnachtstag. Her ödes, hinter dem
Soldaten stehen, sitzt vor einem Hause. Vor ihm
morden drei Soldaten die Kinder unter den Augen
der Mütter. Hinter den klagenden Frauen erscheint
in einer Stadt der Kopf eines weinenden Weibes,
vielleicht nach Matth. 2, 18 derjenige der Rachel. j

7. Oktav von Weihnachten. 1. Januar. 85x80.
Maria trägt, von Joseph begleitet, das göttliche Kind
fünf Männern entgegen. Da man an diesem Tage
damals Luc. 2, 21—32 als Perikope las, ist wohl der
Gang zum Tempel geschildert.

8. Epiphanie. 6. Januar. Das Bild ist durch einen
horizontalen Streifen und zwei in der Mitte aufeinander
gestellte Säulen in vier Abtheilungen zerlegt. In der
 
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